Niemand

Roman
152 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783854208433
Erscheinungsdatum 06.09.2013
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Literaturverlag Droschl
Übersetzung Dieter Hornig
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HerstellerangabenAnzeigen
Literaturverlag Droschl
Stenggstraße 33 | AT-8043 Graz
office@droschl.com
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Kurzbeschreibung des Verlags

Das Portrait eines Melancholikers, eines Abwesenden, eines sich und der Welt Fremden. Nach dem Tod ihres Vaters findet Gwenaëlle Aubry unter seinen Aufzeichnungen ein Manuskript mit dem Titel 'Das melancholische schwarze Schaf' und dem Vermerk 'à romancer, einen Roman daraus machen'. Sie beginnt daraufhin, ihre Erinnerungen an ihren Vater, in alphabetischer Reihenfolge von A wie Antonin Artaud bis Z wie Zelig aufzuschreiben, immer wieder erweitert um Notizen aus dem Manuskript ihres Vaters, der lange Jahre seines Lebens als manisch-depressiver Psychotiker in diversen psychiatrischen Kliniken verbracht hat. Dieser, gewissermaßen, Dialog von Vater und Tochter enthüllt nicht nur die Leidensgeschichte des Vaters, sondern zeichnet ohne jede Sentimentalität und mit großer Einfühlungskraft eine ganze, prekäre Familiengeschichte nach: der Vater, selbst Sohn eines Arztes, ist Jurist an der Universität, seine Frau trennt sich bald von ihm und zieht mit den beiden Töchtern aus, sein Lebensweg schlingert zwischen seinen Vorlesungen, seinen Freundinnen und seinen häufigen Ausbrüchen in die andere, fremde Welt. Aubry geht ihren Erinnerungen an ihre Kindheit, an die scheinheilige bürgerliche Welt der Großeltern nach und zeichnet dabei ein auch in seiner Sprache erstaunliches, berührendes Bild eines schwierigen Verhältnisses – und eines großen Verlustes: nicht nur eines verschwundenen Vaters, sondern eines abwesenden Ich, eines Ich, das sich im Lauf seiner Krankengeschichte in vielerlei Masken und personae wiederzufinden hofft.

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FALTER-Rezension

Der Rechtsanwalt mit der Clownsnase in der Lade

Sebastian Fasthuber in FALTER 41/2013 vom 11.10.2013 (S. 8)

In "Niemand" geht die Schriftstellerin und Philosophin Gwenaëlle Aubry die Wege ihres psychisch kranken Vaters nach

Ich habe einen Vater gehabt. Dieser Vater war weder ein Held, obwohl er sein ganzes Leben hindurch mit dem Schatten in ihm gekämpft hat, noch ein gewöhnlicher Mann. Aber er hat mir eine heroische Welt hinterlassen, eine unendliche und labile, undurchschaubare und wimmelnde Welt voll mit Fallgruben und Kulissen, mit Rändern und Fluchtlinien, auch mit Monstern und Gespenstern (…), und mit dieser Welt den Wunsch, sie abzuschreiten und in Sprache zu fassen."
In der letzten Wohnung ihres Vaters fand Gwenaëlle Aubry nach dessen Tod ein Manuskript mit dem Titel "Das melancholische schwarze Schaf" mit Notizen und ungeordneten Erinnerungen – und versehen mit dem Vermerk "Einen Roman daraus machen". Die französische Autorin konnte nicht anders, als darin einen Auftrag zu sehen. Und so geht sie in "Niemand" die Wege ihres Vaters nach, der schon vor seinem Ableben nach und nach aus der Welt entschwunden war: "Am Ende seines Lebens wollte mein Vater nichts sein."

Als manisch-depressiver Psychotiker hatte der Mann im Laufe seines etwas mehr als 60 Jahre umfassenden Lebens zuvor viele Rollen eingenommen, Kostüme, Masken und Personen ausprobiert. Seine Tochter, die neben Romanen auch ausgiebig über die Antike geschrieben und sich mit Hermann Broch befasst hat, konnte und wollte dieses Leben nicht in eine chronologisch verlaufende Erzählung pressen. Stattdessen hat sie sich für ihr Vater-Projekt an der Ordnung des Alphabets orientiert und 26 Facetten herausgearbeitet – von "Antonin Artaud" (der Dichter und der Wahn) bis "Zelig" ("er ist auf der Flucht, immer auf der Flucht").
François-Xavier Aubry hatte, wie man so sagt, die besten Startvoraussetzungen. Er entstammte einer gutbürgerlichen Familie, in der in jeder Situation das Gesicht oder zumindest der Schein gewahrt wurde. Man war schließlich wer, sowohl der Vater als auch der Großvater gingen dem Beruf des Arztes nach. Der Ende 1945 geborene Spross folgte dieser Tradition nicht, wurde aber immerhin Anwalt und Professor an der Universität. Er wollte von seiner Familie akzeptiert werden, dabei hätte er seine Zeit lieber anders verbracht – als Clown etwa:
"In einem hübschen kleinen Wohnwagen von Stadt zu Stadt ziehen, die Kinder zum Lachen bringen und bis zum nächsten Morgen durchschlafen", schreibt der Vater in seinen Notizen. "Aber das ist ein Phantasma, ich weiß es, auch wenn ich früher als Rechtsanwalt in einer Schublade meines Schreibtischs eine Clownsnase aufbewahrt habe (…)." Herausgeholt hat er sie nie. "Wer weiß", fragt sich die Tochter, "ob ihn diese Clownsnase, hätte er sie einmal getragen, nicht doch gerettet hätte?"
So aber brach immer wieder der Wahn durch, und der Vater verlegte sich auf kurze Fluchten aus dem bürgerlichen Alltag: barfuß durch Paris wandernd, sich in den Vorstädten verlierend, in Lokalen unablässig Runden schmeißend oder den orientalischen Märchen seiner Kindheit hinterherträumend: "Ich habe oft die Salons der großen Pariser Hotels aufgesucht, um die arabischen Geschäftsmänner zu sehen in der Hoffnung, dass einer von ihnen mich dort hinunter mitnimmt, in das Weiß des Sandes."

Kein alter König in seinem Exil war der Vater am Ende. Bei allem, was er unternahm, blieb er, wie die Tochter vermerkt, letztendlich ein kleines Kind: "Mein Vater war fünf Jahre alt. Mein Vater ist immer nur fünf Jahre alt gewesen." Insofern verwundert es nicht, dass er auch in späteren Jahren immer wieder die Nähe seiner Familie suchte, die ihn als schwarzes Schaf abgestempelt hatte, und schließlich sogar wieder bei seinem Vater einzog.
"Niemand" ist ein so berührendes, ach was, erschütterndes wie literarisch ansprechendes Porträt des Vaters als "Truppe der Masken", "als sechsundzwanzig andere und mit dem entwischten Ich". Und es verschweigt auch nicht, wie es der Tochter in all den Jahren ging. Sehr eindrücklich lässt sich nachvollziehen, wie stark die Angehörigen psychisch Kranker betroffen sind und wie auch ihnen die Normalität verwehrt bleibt.

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