

Auch Marcel Hirscher fuhr am Babylift
Thomas Rottenberg in Falter 3/2019 vom 2019-01-18 (S. 44)
Rund um Wien gibt es 74 Lifte und 200 Pistenkilometer. Das beste dran: Skifahren ist dort sogar leistbar
Richtig alpin, sagt Lukas Weghofer, fahre er am liebsten am Arlberg. In Stuben. Weniger, weil in dem kleinen Bergdorf in den 1930er-Jahren der Grundstein zum modernen Skilauf gelegt wurde, sondern weil Stuben nicht Lech ist. Also kein Lifestyle-Hotspot, sondern ein „Skifahrerort“. Denn ums Skifahren geht es Lukas Weghofer. „Das liegt in meinen Genen“, sagt er. Oder zumindest in der Familie.
Denn als 1986 der „Schiklub Wiesen“ gegründet wurde, war Weghofers Familie federführend dabei: Die Oma war Kassiererin, betreute den Rennkader und führte die Skihütte. Die Mutter übernahm – und vor drei Jahren wurde Weghofer Vereinspräsident. Dass er da erst 19 Jahre alt war, beachtete niemand. Weil etwas anderes ins Auge stach: Wiesen liegt im Burgenland. Dass es auch dort Skifans gibt, verwundert nicht. Aber eine Skihütte? „Ja“, lacht Weghofer, „wir haben ja auch einen Pistenbully und Schneegeräte – wie sollen wir sonst die Piste präparieren?“
Skifahren im Burgenland ist kein Witz. Vorletzte Saison lief der Wiesener Lift sieben Wochen. Rekord. 2018 konnte man ab Mitte Februar beschneien: „Zwei Wochen Sonnenskilauf!“ Der Wiesener Schlepplift ist 300 Meter lang. Die Talstation liegt auf 340, die Bergstation auf 380 Metern. Zum Schneeschnuppern reicht das. Sagen die mehr als 1000 Vereinsmitglieder. Mitglied kann jeder werden. Die Mitgliedskarte ist die Liftkarte. Kosten: 27 Euro. Für die ganze Saison.
Wiesen ist nicht der einzige Skiort im Burgenland: Kukmirn hat einen Lift. Rettenbach zwei. Das Etikett „Skizentrum“ passt dennoch: Rettenbach ist bei Gras-
skifahrern weltberühmt. 2009 fand hier die WM statt. Im Winter rutschen dann Kinder über Schnee – wenn es ihn gibt.
„Skigebiete“ wie im Burgenland gibt es in Österreich zuhauf. Im Wintersportuniversum firmieren sie als „Wirtshaus-“ oder „Bürgermeisterlifte“, erklärt Markus Redl. Der Geschäftsführer der Niederösterreichischen Bergbahnen (die unter anderem Lifte am Hochkar, in Annaberg und in St. Corona am Wechsel betreibt) meint gar nicht hämisch: „Für die Lust am Skifahren spielen diese Kleinstanlagen eine zentrale Rolle“.
Nicht nur Redl sieht das so: „Uns fehlen langsam die kleinen, kurzen Dorflifte, wo man schnell nach der Schule trainieren kann“, zitierte Wolfgang Kralicek 2016 ÖSV-Herrencheftrainer Andreas Puelacher in „Skifahren in Ostösterreich“ (siehe Info-Spalte auf Seite 45). Kralicek beschreibt in diesem Standardwerk aus dem Falter Verlag nicht nur „Klassiker“ wie Hochkar, Semmering und Stuhleck, sondern noch den kleinsten „Fliegenden Teppich“: „Auch Marcel Hirscher ist einmal Babylift gefahren.“
Setzt man den Anfahrtsweg auf maximal 120 Minuten ab Wien, finden sich in Niederösterreich 21 Klein-Skigebiete: 29 Lifte. Knapp 37 Pistenkilometer. Tageskarten zwischen neun und 27 Euro. Zählt man die „Großen“ (Hochkar, Lackenhof, Semmering, Annaberg, Mönichkirchen, Puchberg oder Sankt Corona am Wechsel etwa) dazu, ergibt das 74 Lifte und 191 Pistenkilometer. Nördlich von Bratislava, in den kleinen Karpaten gibt es in Pezinska Baba noch einmal zwei Lifte und drei Pisten.
Sicher: Wer hochalpines High-End-Skifahren sucht, wird da enttäuscht werden. Aber darum geht es ja nicht. Nicht, wenn man mit Kindern unterwegs ist. Nicht, wenn man weder 50-Euro-Tageskarten noch 14-Euro-Germknödel sucht. Nicht, wenn man spüren will, was Skifahren auch sein kann: Einfach – und schön. Darum postuliert Kralicek in seinem Buch auch eine zentrale Botschaft des Wintersports: „Der Schlepplift ist dem Menschen zumutbar.“