

Herzhafte Satire auf den Literaturbetrieb
Sebastian Fasthuber in FALTER 29/2021 vom 23.07.2021 (S. 28)
Mit 77 Jahren ist der Wiener Autor und Literaturvermittler Gustav Ernst frisch, munter und erfreulich streitlustig geblieben. Sein neuer Roman „Betriebsstörung“ ist eine Satire auf den Literaturbetrieb. Dass sich bislang niemand persönlich davon angegriffen gefühlt hat, ist nicht Ernsts Fehler.
Er legt in seinem Buch auf ebenso böse wie unterhaltsame Weise offen, wie oberflächlich und gleichförmig weite Teile der Literaturproduktion geworden sind. Das Ausbleiben von Reaktionen bestätigt das nur. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Autoren im Buch nicht realen Vorbildern nachempfunden, sondern Typen sind.
Eitel sind sie beide, der von Fans umschwärmte Starautor wie auch das verkannte Genie. Es geht um Groupies, Intrigen und um Journalisten, die Bücher – wenn überhaupt – sehr oberflächlich lesen. Die einzige Kritikerin, die noch sagt, was sie denkt, und ordentliche Verrisse schreibt, wird kurzerhand ermordet. Ernsts Roman ist gleichzeitig ein Spiel mit dem Krimigenre, ohne sich auf dessen Konventionen wirklich einzulassen.
Sprich: Wer hier wen umbringt, ist wurscht. Die Spannung spielt sich auf der Dialogebene ab. Das Buch ist fast durchgehend in direkter Rede gehalten. Der Autor, der früher auch für Theater und Film gearbeitet hat, kostet die Tücken des Kommunizierens voll aus.
Die Gespräche sind von Missverständnissen geprägt, man redet aneinander vorbei oder zelebriert Blabla als hochgestochenen Austausch über Literatur. Die Figuren entlarven sich durch ihre Rede selbst. Das ist zum Teil hochgradig amüsant und obendrein entwickelt der Text einen starken rhythmischen Sog.
Die Situation der Literatur? Erscheint hoffnungslos, aber nicht ernst. Trotz aller Meinungsverschiedenheiten und mehrerer Leichen haben die beiden Autoren am Ende schon wieder ihre Hetz miteinander und delektieren sich an den Beschimpfungen, die sie sich für ihr Gegenüber ausgedacht haben. Der „Literaturhirnwichser“ und der „Gefühlsgatschschmierer“ – ein jeder spielt seine Rolle.