Von der Una

240 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783863914295
Erscheinungsdatum 24.02.2025
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Verlag Voland & Quist
Übersetzung Elvira Veselinović
Sammlung Besser lesen mit dem FALTER - Die Bücher zum Podcast Folge 101-
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Verlag Voland & Quist GmbH
Gleditschstr. 66 | DE-10781 Berlin
info@voland-quist.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

"Von der Una" ist der gelungene Versuch, ein persönliches Kriegstrauma schreibend zu verarbeiten und zu überwinden. Wir folgen der Hauptfigur des Romans durch drei Zeitabschnitte: Kindheit und Jugend in Jugoslawien vor dem Krieg, Fronterfahrung während des Bosnienkrieges und schließlich der Versuch, nach dem Konflikt ein normales Leben zu führen. In seiner sehr lyrischen, meditativen Prosa rekonstruiert Faruk Šehić das Leben eines Mannes, der sowohl Kriegsveteran als auch Dichter ist. Der Historiker lehrt uns, was geschehen ist, der Dichter, was für gewaltige emotionale Spuren es hinterlassen hat und der Ästhet, wie man auch noch aus den schmerzhaftesten Erinnerungen den maximalen Genuss ziehen kann. Parallel zu dieser Geschichte nehmen die Passagen des Buches über die Stadt am Fluss Una mythische, traumgleiche und phantastische Dimensionen an.

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ISBN 9783863914295
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FALTER-Rezension

Wie der Fluss riecht

Stefanie Panzenböck in FALTER 9/2025 vom 28.02.2025 (S. 34)

Während des Krieges ging Faruk Šehić manchmal auf einen Hügel. Er wollte wissen, welche Farbe der Fluss Una hatte. Im Winter etwa, wenn alles rundherum grau geworden war, strahlte der Fluss blau. "Der Krieg hat alles verändert. Nur den Fluss nicht", sagt Šehić. "Die Una ließ mich hoffen, dass wir eines Tages wieder in unsere Stadt zurückkehren können." Nach Bosanska Krupa im Nordwesten von Bosnien und Herzegowina. Die Una fließt durch die Stadt.
Der Schriftsteller Faruk Šehić, 54, kämpfte während des gesamten Krieges, von Frühjahr 1992 bis Winter 1995, in der Armee der Republik Bosnien und Herzegowina an der Front gegen serbische Truppen. In seiner Heimat gilt er als einer der renommiertesten Vertreter jener Literatur, die diese Zeit und ihre Folgen zum Thema macht.

Seine Bücher, Lyrik wie Prosa, wurden in 16 Sprachen übersetzt. Vergangenes Jahr erschien der Gedichtband "Meine Flüsse" auf Deutsch. Šehićs wichtigster Roman "Von der Una", 2011 auf Bosnisch veröffentlicht, 2013 mit dem Literaturpreis der Europäischen Union ausgezeichnet, liegt nun endlich auch auf Deutsch vor.

Bei einem Treffen -Šehić war im vergangenen November zu Gast bei der Buch Wien - wirkt der in Sarajevo lebende Schriftsteller zugewandt und konzentriert. Sein Blick ist fokussiert. Wenn er von seiner Zeit im Krieg erzählt, spricht er von einer Pflicht, die er erfüllt habe. Er erscheint wie einer, der sich weder brechen noch begeistern ließ. Seine Stadt wurde angegriffen. Er wollte sie verteidigen. "Das war ein Überlebenskampf."

Nachdem sich die jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien im Juni 1991 für unabhängig erklärt hatten, folgte Bosnien und Herzegowina im März 1992. Im April brach auch dort der Krieg aus. Die Jugoslawische Volksarmee und die Armee der bosnischen Serben belagerten ab April die Hauptstadt Sarajevo. Den "ethnischen Säuberungen" im Land fielen vor allem Nichtserben zum Opfer, allein in Srebrenica 8000 bosniakische Buben und Männer. 100.000 Menschen wurden im Bosnienkrieg getötet, mehr als zwei Millionen vertrieben, unzählige Frauen vergewaltigt.

Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 ist der Krieg wieder zurück auf europäischem Boden. Die aktuellen Verhandlungen zwischen US-Präsident Donald Trump und dem russischen Machthaber Wladimir Putin lassen für die Ukraine nichts Gutes erwarten. Šehić ist davon nicht überrascht. "Wir in Bosnien wissen, wie es ist, wenn andere über unser Leben und das Schicksal unseres Landes bestimmen", sagt er. "Unser Feind hat die Hälfte des Staatsgebiets erhalten." Unter der Führung der USA wurde im Friedensvertrag von Dayton, der sich im Dezember zum 30. Mal jährt, das Land in zwei Entitäten geteilt und damit das Ergebnis der "ethnischen Säuberungen" festgeschrieben. Die bosnischen Serben bekamen 49 Prozent des Territoriums zugesprochen -die Republika Srpska. Bosniaken und Kroaten teilen sich die andere Hälfte.

Šehić findet als Schriftsteller klare Worte für Gewalt und Tod. Als sich der Protagonist des Romans "Von der Una" in der Nähe des Schlachtfeldes ausruht, heißt es: "Die Erde wurde immer wärmer und wärmer. Die Kuh muhte ihre tiefe Elegie. Morgen schon würden wir Häuser abfackeln und Menschen töten, die genauso hießen wie wir."

Doch nie ist der Krieg allein das Thema. Er hat eine mächtige Gegenspielerin: die Natur als Symbol des Lebens. "Ich sah, wie Löcher von Mörsergranaten von Regenwasser gefüllt im Handumdrehen zu Seen wurden, in denen uralte Lebensformen ihre Biosphäre fanden. Diese Formen, die unempfindlich gegenüber Kriegshandlungen und der militärischen Logik des menschlichen Kosmos sind. Kugelalgen, Amöben, Pantoffeltierchen, grüne Geißeltierchen."

"Von der Una" dokumentiert menschliche Grausamkeit und ruft gleichzeitig dazu auf, trotz allem an einer friedlichen Welt zu arbeiten. Das Buch ist auch ein literarischer Genuss, gerade wenn Šehićs Schilderungen ins Surreale kippen. Das Haus der Großmutter wird zu einem Schiff und fährt die Una hinab. "Das Haus schickt sich an, seinem Schicksal zu entgehen, das sich alle fünfzig Jahre mit furchterregender Präzision wiederholt: der Verwandlung in Staub und Asche." Damit meint Šehić die Regelmäßigkeit, mit der auf diesem Flecken Erde Kriege stattfinden. "Man muss nicht erwähnen, dass ihm die Flucht niemals gelingt."

Vieles, was Šehić in "Von der Una" beschreibt, hat einen autobiografischen Hintergrund. Wie sein Protagonist, ebenfalls ehemaliger Kämpfer der bosnischen Armee, wuchs auch Šehić an der Una auf. Für ihn ist der Fluss Teil seiner frühesten Erinnerungen an eine idyllische Kindheit. Vor allem der Geruch des Wassers. "Der Sand der Una ist goldfarben und sehr fein", erzählt er. "Die Leute haben ihn früher für Mörtel verwendet, um die Löcher in den Hauswänden zu stopfen. Das bedeutet, dass auch die Häuser nach der Una riechen." Im Buch heißt es über diese friedliche Zeit: "Vor dem Tod hatte ich furchtbare Angst, doch wohin ich auch schaute, er war nirgendwo zu sehen, so weit das Auge reichte." Mitte der 1980er-Jahre schienen bewaffnete Konflikte noch weit weg.

Als der Krieg in seiner Heimat ausbrach, studierte Šehić Veterinärmedizin in Zagreb. Einen Tag nach seinem 22. Geburtstag, am 15. April 1992, packte er seine Sachen und fuhr zurück nach Bosanska Krupa. Es dauerte nicht lange, da stand er als Soldat neben anderen jungen Männern auf dem Spielplatz vor der Volksschule.

Die Kämpfe hatten begonnen. Bosnischserbische Truppen besetzten den Großteil der Stadt, vertrieben Bosniaken und Kroaten in die umliegenden Dörfer. Das Gebiet war vom Rest des Landes abgeschnitten. Šehićs Vater Sead führte die bosnische Widerstandsbewegung in Bosanska Krupa an. Seinem Sohn drückte er das Gewehr eines toten serbischen Soldaten in die Hand.

Zuerst musste Šehić die Sprache des Krieges lernen, die Geräusche unterscheiden. Woher kommen die Gewehrkugeln, die Granaten? Und wie kontrolliert man die Angst?"Die Panik darf dich nicht überwältigen", sagt Šehić. Er war Zugführer, später kommandierte er als Leutnant eine Kompanie. Die Verantwortung für andere bringe einen dazu, mutig zu sein. "Das Leben meiner Kameraden stand auf dem Spiel und mein eigenes natürlich auch."

"Wenn wir nicht gekämpft haben, haben wir viel getrunken, MTV geschaut, Marihuana geraucht, Sex gehabt", erzählt Šehić. Wenn das Adrenalin nachließ, spüre man Wut und Ohnmacht. Weil wieder jemand gestorben war, den man geliebt hat.

Im März 1994 wurde Šehić schwer verwundet. Der Splitter einer Mörsergranate traf seinen linken Fuß. "Ich spürte keinen Schmerz, ich sah nur, wie das Blut aus dem Loch in meinem Stiefel sickerte." Ein Soldat nahm ihn auf den Rücken und schleppte ihn weg von der Frontlinie. Eine weitere Granate explodierte vor ihnen und warf beide zu Boden. Ein Fahrer der Armee entdeckte sie schließlich und rettete ihnen das Leben. Ein halbes Jahr ging Šehić auf Krücken. Dann kehrte er an die Front zurück. "Ich wollte meine Freunde dort nicht allein lassen."

"Von der Una" berichtet auch von Verbrechen der bosnischen Armee. "Im Krieg herrscht Anarchie. Auch wenn es Gesetze gibt." Es ist verboten, Menschen zu vergewaltigen, Gefangene zu töten und zu foltern. "Ich habe das nicht gemacht. Aber andere schon. Auf der Seite der Serben war das Teil der Kriegsführung. Bei uns war das nicht der Fall. Aber es ist auch vorgekommen."

Schon vor dem Krieg hatte Šehić zu schreiben begonnen und wollte Schriftsteller werden. Nach 1995 setzte er sich regelmäßig an die Schreibmaschine. Vieles, was er damals zu Papier brachte, sei "unverständlich, unleserlich" gewesen, erzählt er. "Ich wollte über meine Erfahrungen schreiben, damit auch andere Menschen wissen, was passiert ist." Aber es gelang ihm nicht. Erst Anfang der Nullerjahre begann er, die Dinge klarer zu sehen, Šehić konnte sie in einfachere Worte fassen. "Ich sehe keine andere Art, um für das Recht auf Erinnerung zu kämpfen", heißt es in "Von der Una".

Šehić verlor vieles, was ihm wichtig war. Er wünschte sich, etwas mit sich zu tragen, das ihm niemand nehmen kann. "Deshalb begann ich, an Worte zu glauben. Worte stehen über der Vernichtung", schreibt er. So wie der Fluss Una.

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