Nordwasser

304 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783866482678
Erscheinungsdatum 13.02.2018
Genre Belletristik/Historische Kriminalromane
Verlag mareverlag
Übersetzung Joachim Körber
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Kurzbeschreibung des Verlags

Henry Drax kennt kein Gewissen. Er ist Harpunierer auf der Volunteer, einem Walfangschiff, das von England Kurs auf die arktischen Gewässer der Baffinbucht nimmt. Ebenfalls an Bord ist Patrick Sumner, ein Arzt von zweifelhaftem Ruf, der glaubt, schon alles gesehen zu haben – nicht ahnend, dass seine größte Prüfung noch bevorsteht, nachdem er Drax einer ungeheuerlichen Tat überführt hat. Während sich der Konflikt zwischen den beiden Männern zuspitzt, wird auch der eigentliche Sinn der verhängnisvollen Expedition zunehmend klar . . .
Die erschütternde Schönheit und Einsamkeit des Nordpolarmeers bilden die Kulisse für Ian McGuires dramatischen Roman um Gut und Böse, eine in ihrer philosophischen und psychologischen Dimension zeitlose Geschichte über die tiefsten Abgründe des menschlichen Herzens.

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ISBN 9783866482678
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FALTER-Rezension

Das Krachen von Eis und Knochen

Julia Kospach in FALTER 11/2018 vom 14.03.2018 (S. 24)

Mit seiner Walfänger-Story „Nordwasser“ setzt der Brite Ian McGuire eine große literarische Tradition fort

Die Geschichte, die Ian McGuire in „Nordwasser“ erzählt, beginnt rasend schnell und sie beginnt brutal. Nach 17 Seiten sind zwei Menschen tot, und man hat verstanden, dass deren Mörder Henry Drax ungestraft davonkommen wird.
Es ist das Jahr 1859, Drax ist Harpunier, er hat sich für sechs Monate Arbeit auf dem Walfänger Volunteer verpflichtet, der im Morgengrauen Richtung Grönland auslaufen wird. In seiner letzten Nacht an Land erschlägt er erst einen Mann, der ihm in einer dreckstarrenden Hafenbar keinen zweiten Drink spendiert, und vergewaltigt und tötet dann einen Buben, von dem er sich in eine Falle gelockt fühlt.
„Ich bin der Ficker. Nie der Gefickte“, sagt Drax zu dem Kind, bevor er es „schnell und routinemäßig, leidenschaftslos und präzise“ zu Tode bringt: „Was der Niggerjunge einmal war, ist nicht mehr. Er ist ganz und gar verschwunden; etwas anderes, etwas durch und durch anderes hat seine Stelle eingenommen. Dieser Innenhof ist zu einem Ort von schändlicher Magie geworden, von blutgetränkter Verwandlung, und Henry Drax ist der wilde, unheilige Maschinist.“

Es wird einem angst und bang bei dieser Eröffnung, die Ton, Tempo und Atmosphäre dieses schaurigen und fesselnden Romans vorgibt und ihn vorantreibt wie die meterhohen Wellen des arktischen Nordmeers die Volunteer, auf welcher sich das Buch zu einem blutgetränkten Kammerspiel von ausgesuchter Spannung und stetig steigender Gewalttätigkeit verdichtet, das auf dem arktischen Packeis seine bizarre Fortsetzung findet.
Man denkt sofort an die derben Klondike-Goldsucher aus Jack Londons „Ruf der Wildnis“ und an seinen sadistischen „Seewolf“, an Herman Melvilles „Moby Dick“ oder an die mit Büffelkadavern übersäte Prärie in John Williams düster-meisterhaftem Western-Roman „Butcher’s Crossing“. Nicht minder aber standen wohl die Berichte großer, berühmter Expeditionen Pate für die Bilder, Ereignisse und Schrecken, die der britische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Ian McGuire in seinem zweiten und im angelsächsischen Raum bereits mehrfach ausgezeichneten Roman „Nordwasser“ zu rauem, mit allen Sinne spürbarem Leben erweckt: von Ernest Shackletons dramatisch gescheiterter „Endurance“-Expedition in die Antarktis bis zu den verlustreichen Versuchen, im Polarmeer die Nordwestpassage zwischen Atlantik und Pazifik zu entdecken.
In seiner Tätigkeit als Literaturwissenschaftler hat Ian McGuire unter anderem über Melville gearbeitet. Dieser forscherischen Spezialisierung hat sein Roman vermutlich einiges von seiner dichten, sinnlichen Stimmung, seinen starken Charakteren und der Genauigkeit der historischen Details zu verdanken. Außerdem ist ­McGuire, Jahrgang 1964, im ostenglischen Hull aufgewachsen, das ehemals ein Zentrum der Walfangindustrie war.
In „Nordwasser“ sind alle vertrauten Genre-Elemente der – in diesem Fall: maritimen – Abenteuerliteratur präsent: die einsilbigen, wettergegerbten, von Knochenarbeit gezeichneten Männer; das Ringen mit einer mitleidlosen arktischen Natur von unvergleichlicher Grandiosität; der sich zuspitzende Konflikt zwischen zwei Männern, der auch für den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse steht.
Der eine ist Henry Drax, der Harpunier, der andere der laudanumsüchtige, junge irische Schiffsarzt Sumner, „eine harte Nuss“ und „unangenehm rätselhaft“, aber trotz beträchtlicher Geheimnisse aus seiner Vergangenheit als Militärarzt in kolonialen Kriegshandlungen im Punjab von erstaunlicher Beharrlichkeit und moralischer Integrität. Kein Held, bei dem einem das Herz aufginge, aber in der rauen Welt des blutgetränkten Walfängergeschäfts ein durch und durch glaubwürdiger Widerpart zu Henry Drax’ stumpfem, gewalttätigem und hinterlistigem Triebbefriedigungsnaturell.
In einem kurzen, bedrohlichen Gespräch, das Sumner und Drax auf dem arktischen Packeis über Reue und Gewissen führen, sagt Drax nur: „Gesetz ist eine Worthülse für etwas, das manche Männer bevorzugen.“ Drax’ Amoralität entzieht sich jedem ethischen Empfinden. Er ist die zerstörerische Kraft, die in der Beengtheit eines Schiffs oder eines Zelts auf dem Eis wie ein unausweichlicher Strudel der Zerstörung wirkt.

Es geht um Gier und Betrug, um Naturausbeutung und zerschellte Träume, um Überlebenskampf und Einsamkeit – und um ein Duell von biblischer Wucht. Schließlich spielt auch Versicherungsbetrug noch eine Rolle, denn der Walfang ist 1859 bereits im Niedergang, was ihn noch gefahrvoller und die Unternehmung der Volunteer zu einem drastisch scheiternden Himmelfahrtskommando macht.
Auf unvergleichlich hypnotische Weise spielt Ian McGuire mit der Dialektik von äußerer und innerer Natur. Die Wildheit der Menschen und ihrer Taten spiegelt sich in der Wildheit der sie umgebenden Natur. Brutal vergewaltigt wird nicht nur ein Schiffsjunge, was den Konflikt zwischen Schiffsarzt und Harpunier erst richtig in Schwung bringt und die Stimmung an Bord kippen lässt. Gewalt angetan wird auch der Natur, ihren Ressourcen und denen, die – wie zwei Inuit-Jäger – achtsam mit diesen umgehen. Tief waten die Walfänger auch im Blut der gefangenen Meeressäuger.
So gewalttätig es in diesem Roman auch zugeht, so breitet sich unter dieser Oberfläche doch auch eine Schicht von bebender, verwirrender und roher Schönheit aus. Es gibt hinreißende Beschreibungen einer beängstigenden, überwältigenden Natur – etwa von einer nächtlichen Eisbergdrift –, welche sowohl die Figuren als auch die Leser zu „widerwilligen Zeugen einer elementaren, aber grässlichen Offenbarung“ machen.
Geradezu körperlich rücken einem der Wind und die Kälte, der Hunger, die Erschöpfung und die Angst, das knirschende Eis, das Splittern von Holz und Knochen, das Blut, die Ausdünstungen, die Aggressionen zu Leibe. Ein ausgeweideter Bärenkadaver kann da zum einzig sicheren Unterschlupft werden – Alejandro González Iñárritus „The Revenant“ lässt grüßen! „Nordwasser“ ist ein Roman über Extreme und ein extrem guter, wilder Roman von dunklem Zauber.

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