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Kurzbeschreibung des Verlags
Machterfahrung und Selbstermächtigung im »Universum der Gewalt«
28 SS-Aufseherinnen bewachten im Konzentrationslager Majdanek zwischen Herbst 1942 und Frühjahr 1944 die dort inhaftierten Frauen. Warum sie sich als SS-Aufseherinnen bewarben und »Gewalt im Dienstalltag« ausübten untersucht Elissa Mailänder Koslov anhand von NS-Dokumenten, Zeugenaussagen und Filmen.
Ihre Studie beleuchtet die Machterfahrung und Selbstermächtigung der Frauen, ihre zunehmende Brutalität gegenüber den Häftlingen, aber auch die Binnenverhältnisse und internen Konflikte, ihr Verhältnis zu den männlichen Kollegen und das Machtgefüge.
Und sie belegt: die ausgeübte physische Gewalt war nicht allein »von oben« befohlen. Die SS-Aufseherinnen verfügten auf allen Dienstebenen über gewisse Handlungsspielräume und Möglichkeiten, die Anordnungen zu interpretieren – und davon machten sie auch reichlich Gebrauch.
Eine Holocaust-Forscherin zeichnet das Alltagsleben von Aufseherinnen im Konzentrationslager Majdanek in Polen nach
Vor zwei Jahren starb die Wienerin Erna Wallisch. Sie wurde verdächtigt, als Aufseherin im Konzentrationslager Majdanek Kinder in die Gaskammer getrieben zu haben (Falter 6/08). Jahrzehntelang lebte sie unbehelligt in Kaisermühlen. Schon damals befasste sich Elissa Mailänder Koslov mit Frauen wie Wallisch. Nun schrieb sie eine Arbeit über diese KZ-Aufseherinnen, die die Häftlinge "schwarze Krähen" nannten: Sie gingen in ihren schwarzen Umhängen langsam durch die Reihen, ihre Reitpeitsche hinter dem Rücken, und spähten mit zugekniffenen Augen nach der schwächsten Frau, um diese dann mit Schlägen zu traktieren.
Die Aufseherinnen von Majdanek waren zwar nie direkt in den Tötungsprozess eingebunden, aber sie folterten meist genauso brutal wie ihre männlichen Kollegen. Von 1942 bis 1944 versahen 28 Aufseherinnen Dienst im Vernichtungslager, in dem bis 1943 knapp eine Million Menschen ermordet wurden. Was junge Frauen dazu bewog, im KZ ihren Dienst zu verrichten, erläutert die Holocaust-Forscherin Mailänder Koslov in ihrer Arbeit "Gewalt im Dienstalltag". Die meisten der Aufseherinnen stammten aus ärmlichen Verhältnissen, für sie bedeutete die Tätigkeit vor allem eines: einen sicheren Arbeitsplatz.
Die Vernichtungsmaschinerie war ein Prozess, bestehend aus kleinen Arbeitsschritten. "Die Häftlinge mussten selektiert, teilweise gebadet, beaufsichtigt, ausgeplündert und getötet werden", schreibt Mailänder Koslov. Während die ersten Tage für die Aufseherinnen ein Schock waren, dauerte es oft nicht länger als vier Tage, bis sie sich an die Brutalitäten älterer Kolleginnen gewöhnt hatten. Das Spüren der Übermacht bewirke "ein vitales Gefühl der eigenen Kraft", zitiert die Autorin Elias Canetti. Doch die Hierarchie im KZ war nicht nur durch das Verhältnis zwischen SS und Häftlingen, sondern auch durch die Dynamik innerhalb der SS selbst geprägt.
Manche Frauen taten sich durch besonders brutales Quälen der Häftlinge hervor, um so den Kollegen zu imponieren. Obwohl die Autorin genaue Einblicke in die Motive, die Gefühlslage und die Ängste der Aufseherinnen gewährt, verharmlost sie deren Taten nicht. So präzise, so akribisch, so schonungslos ist die Darstellung der Gräueltaten, dass der Leser oft näher am Geschehen ist, als ihm lieb ist.