Gesellschaftsentwurf Europa

Plädoyer für ein gerechtes Gemeinwesen
120 Seiten, Buch
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ISBN 9783869304946
Erscheinungsdatum 01.03.2012
Genre Politikwissenschaft
Verlag Steidl Verlag
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Kurzbeschreibung des Verlags

Dieses Buch tritt all denen entgegen, die den Europadiskurs
auf ein finanzpolitisches Problem reduzieren wollen. Oskar
Negt gibt sich nicht mit dem Blick auf Währungskurse zufrieden.
Er blickt auf Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Menschen
in Europa. Was er da sieht, ist weit beunruhigender als
Börsenentwicklungen es je sein könnten. Er sieht eine Kluft
zwischen Reichen und Armen, zwischen politisch Mächtigen
und politisch Ruhiggestellten. Er sieht Menschen, die vom Arbeitsmarkt
zur Flexibilität gezwungen werden und, aus ihren
Bindungen gerissen, von allen solidarischen Zusammenhängen
abgekoppelt leben. Und er sieht eine Bildungspolitik, die
sich nur noch um die Qualifikation für den Arbeitsmarkt kümmert,
nicht jedoch um politische Urteilskraft.
Kinderarmut, Bildungsnotstand, Entdemokratisierung – über
all dies ist bereits geschrieben und gesprochen worden. Wie
jedoch Oskar Negt diese einzelnen politischen Handlungsfelder
auf europäischer Ebene zusammendenkt, das macht
neues Verständnis möglich, darin liegt eine Lernprovokation.
Und um das Lernen geht es Oskar Negt immer. Ob Politiker,
alleinerziehende Mutter oder Protestierer in Gorleben – für
jeden verständlich, macht er deutlich, worum es in Europa
geht: um den Erhalt eines friedensfähigen und solidarischen
Gemeinwesens.
Oskar Negt, geboren 1934, ist einer der bedeutendsten Sozialwissenschaftler
Deutschlands. Er studierte bei Max Horkheimer
und Theodor W. Adorno und war von 1970 bis 2002
Professor für Soziologie in Hannover. 2011 wurde Oskar Negt
für sein politisches Engagement mit dem August-Bebel-Preis
geehrt. Sein Werk erscheint im Steidl Verlag, darunter Arbeit
und menschliche Würde, Kindheit und Schule in einer Welt der Umbrüche und Der politische Mensch.

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ISBN 9783869304946
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FALTER-Rezension

Wo geht's zum ewigen Frieden?

Wolfgang Zwander in FALTER 49/2012 vom 07.12.2012 (S. 10)

Die EU hat den Nobelpreis gewonnen. Wie kann Europa Friedensmacht bleiben? Zehn Antworten

Am 10. Dezember wird in Oslo der Friedensnobelpreis an die EU verliehen. Die Auszeichnung fällt in eine Zeit, in der die Union in der größten Krise seit ihrem Bestehen steckt. Der Falter fragte zehn Denker: Was muss aus Europa werden, damit die EU den Friedensnobelpreis in 50 Jahren erneut erhält?

"Europa fehlt der alte demokratische Grundsatz:
One Man, One Vote"
Es gibt zwei Herausforderungen, die die EU bewältigen muss, will sie in 50 Jahren wieder für den Friedensnobelpreis in Betracht kommen.
Problem eins betrifft die innere Reorganisation. Damit meine ich die Fähigkeit der Union, in Europa Frieden zu halten. So wie Europa zurzeit organisiert ist, gilt hier nicht der alte demokratische Grundsatz: One Man, One Vote – es gibt kein gleiches Gewicht der Stimmen. Die Bewohner kleiner Staaten haben einen unverhältnismäßig hohen Einfluss.
Der Einfluss eines Luxemburgers ist teilweise 15-mal so hoch wie der eines Deutschen. Das ist unbefriedigend, weil damit die starken Akteure, die letzten Endes Europa tragen müssen, marginalisiert werden.
Das klingt jetzt vielleicht merkwürdig, weil augenblicklich alle Welt ruft: Frau Merkel bestimmt den Kurs ganz allein. Das stimmt so aber nicht. Will Europa erfolgreich bleiben, muss das Zentrum gestärkt werden, sei es in Form einer stärkeren Machtkonzentration in Brüssel oder einer wie auch immer gearteten Achse zwischen Berlin und Paris.
Ich meine damit allerdings nicht, dass sich die EU in absehbarer Zeit zu einem Superstaat entwickeln wird. Fast im Gegenteil: Die Nationalstaaten werden in den kommenden Jahrzehnten mächtig bleiben und weiterhin den Takt der Union vorgeben.
Europas großes Problem Nummer zwei bezieht sich auf seine Nachbarn im Süden und im Südosten; also auf die afrikanischen Mittelmeerstaaten und die Regionen, die über die Türkei hinaus bis zum Kaukasus reichen.
Die EU muss es schaffen, diese Regionen politisch und ökonomisch zu stabilisieren, damit es nicht zu einer permanenten Armuts- und Elendsmigration kommt. Das Ergebnis davon wären militärisch scharf gesicherte Grenzen und eine hermetische Abschottung hinter Stacheldrahtzäunen. Das würde Jahr für Jahr tausende Menschenleben kosten und wäre sicher nicht friedensnobelpreisverdächtig. Europa muss hereinbrechende Ränder verhindern.

"Soll es die EU in 50 Jahren noch geben, braucht sie ein zentral gesteuertes Budget"
Ich möchte es kurz halten: Um weitere 50 Jahre zu überleben, was ja die Grundvoraussetzung dafür ist, dass Europa auch weiterhin ein erfolgreiches Friedensprojekt bleiben kann, braucht die EU vor allem eine einheitliche Haushaltsplanung, ein zentral gesteuertes EU-Budget.
Um das zu ermöglichen, bedarf es demokratisch organisierter Institutionen in Brüssel, die das Leben aller EU-Bürger betreffen.

"Europa darf nicht zur Kirchturmpolitik zurückkehren"
Die EU ist das beeindruckendste Friedensprojekt der Welt – nicht nur, weil sie Europa von der Geißel des Krieges erlöst hat. Die Union hat auch in ihrer Nachbarschaft hohe politische Wellen ausgelöst – weil ihre Werte über ihre Grenzen hinaus Kraft zur Veränderung spenden.
Was die politische Machtausübung anbelangt, ist die EU die größte Innovation seit der Entstehung des Nationalstaats vor 500 Jahren.
Die Union hat ihren Bürgern gezeigt, dass sie einerseits in bürgernahen Kleinstaaten leben können und andererseits trotzdem den Schutz und die Größenvorteile eines Binnenmarktes mit 500 Millionen Konsumenten genießen. Diese schiere Größe der EU ermöglicht es auch, fundamentale internationale Probleme anzugehen und zu lösen – von der Organisierten Kriminalität bis zum Klimawandel.
Noch wichtiger: Die EU hat ein neues Kapitel in puncto zwischenstaatlicher Sicherheit aufgeschlagen. Die Union folgt nicht mehr der alten politischen Logik, die besagt, dass es zwischen den Staaten ein Gleichgewicht der Macht geben soll und dass man sich in Angelegenheiten fremder Staaten nicht einzumischen habe. Das EU-Modell von Sicherheit basiert auf ökonomischer, politischer und vor allem rechtlicher gegenseitiger Abhängigkeit. In Europa wird heute nicht mehr auf dem Schlachtfeld gekämpft, sondern in den Gerichtshöfen.
All das hat dazu geführt, dass die EU schon jetzt viele Regionen auf der ganzen Welt zu mehr Integration inspiriert.
Um in 50 Jahren noch einmal den Friedensnobelpreis zu erhalten, muss die Union nun ihre eigenen Errungenschaften retten. Das Projekt Vereintes Europa steht heute vor der größten Bedrohung seit seinem Bestehen: Den EU-Volkswirtschaften blüht ein verlorenes Jahrzehnt, Populismus und Ausländerfeindlichkeit machen sich breit – nicht nur in Griechenland. Um diese drohende Katastrophe in den Griff zu bekommen, braucht es eine neue Form der europäischen Integration, die mehr auf Politik als auf Technokratie setzt.
Die Eurokrise muss zum Beispiel
so gelöst werden, dass sie keine unüberbrückbare Kluft zwischen den Euro- und den Nichteurostaaten schafft.
Bei all diesen Herausforderungen kommt der Nobelpreis gerade recht, um uns alle daran zu erinnern, dass wir in Anbetracht einer unbequemen und bedrohlichen Gegenwart nicht zur alten "Beggar my neighbour"-Politik zurückkehren sollten – was bedeuten würde, dass jede EU-Nation und die EU insgesamt wieder danach trachten würden, auf Kosten ihrer jeweiligen Nachbarn Kirchturmpolitik zu betreiben und mit Exportüberschüssen das volkswirtschaftliche Gleichgewicht zu zerstören.

"Die EU empfängt ihre Gäste mit Mauern und Stacheldraht"
Die EU müsste eine völlig andere Organisation werden, um sich den Friedensnobelpreis noch einmal zu verdienen. So wie sie jetzt besteht, ist die Union aus vielerlei Gründen kein würdiger Preisträger.
Der Vertrag von Lissabon sieht Aufrüstung und eine Erhöhung der militärischen Kapazitäten vor, was die EU auf schleichendem Wege zu einem Militärbündnis macht. Ein weiteres Argument gegen die diesjährige Auszeichnung sind die Sparmaßnahmen, die zwar Banken retten, aber Menschen in die Arbeitslosigkeit und die Obdachlosigkeit treiben.
Hinzu kommen Handelsabkommen mit armen Ländern, als dessen Folge die Volkswirtschaften in Entwicklungsländern mit hochsubventionierten EU-Waren zerstört werden.
Scharf zu kritisieren ist auch das Schengen-System und die Grenzschutzorganisation Frontex, die Europa in eine Festung verwandelt haben – die Union begrüßt ihre Gäste mit Mauern und Stacheldraht. Will sich die EU den Friedensnobelpreis irgendwann einmal wirklich verdienen, müsste sie eine Union werden, die Demokratie und Menschenrechte über Wirtschaftswachstum stellt.

"Die EU muss sich fragen:
Was folgt dem Kapitalismus?"
Früher lag die Frequenz der Kriege in Europa bei rund 30 Jahren. Nun ist es bisher fast 70 Jahre gelungen, einen Krieg innerhalb der EU zu verhindern. Das wollte man mit dem Friedensnobelpreis anerkennen, und das ist gut und richtig.
Wenn jedoch Europa in 50 Jahren wieder Kandidat für den Preis sein will, muss es ihn als Auftrag sehen, den Frieden zu erhalten.
Dazu gehört, dass Europa eine glaubwürdige Antwort auf folgende Frage findet: Was kommt nach dem Kapitalismus? Europa muss ein Wirtschafts- und Sozialmodell entwickeln, dass nachhaltig ist und mit geringem Wachstum auskommt.
Zudem muss die EU ihre Rolle im Rest der Welt stärker spielen lernen; Konflikte lassen sich in einer globalisierten Erde nicht mehr auf ferne Landstriche beschränken. Um mehr internationales Gewicht zu erreichen, brauchen wir, nicht erst in 50 Jahren, eine vergemeinschaftete Außen- und Sicherheitspolitik.
Drittens glaube ich, dass Europa seine kulturelle Identität bewahren muss, wenn es wieder Kandidat für den Friedensnobelpreis werden will. Die Identität Europas kann nicht, wie bisher, vor allem aus Pragmatismus bestehen. Die drei Identitätsfelder Region, Nation und Kontinent müssen gleichermaßen gewichtet werden. Ich bin zugleich Tiroler, Österreicher und Europäer – und nicht, wie früher, zuallererst Österreicher.
"Ein Gespenst geht um
in Europa – Europa"
Im Jahr 2002 standen Deutschland und Brasilien im Finale der Fußball-WM, und die meisten Italiener waren für Brasilien. Ich hingegen habe Deutschland die Daumen gedrückt. Warum, fragten mich meine Freunde? Als ich antwortete "Weil ich Europäer bin!", da waren sie perplex.
Der Sport hat eine politische Dimension, die alle Menschen auf der Welt interessiert. Zu einem Land "halten", bedeutet eine tief empfundene, politische Identifikation.
Das führt mich zur EU und zu den Problemen Europas: Die Union könnte den Friedensnobelpreis dann wieder gewinnen, wenn eine Mehrheit der Europäer Fans einer europäischen Mannschaft wäre, weil sie eine europäische ist.
Heute geschieht das nicht, weil der EU die Seele fehlt. Sie ist lediglich ein ökonomisches Joint Venture. Wir Europäer sprechen so viele verschiedene Sprachen, jedes Land hat sein eigenes Heer und seine eigene Außenpolitik.
Ein US-amerikanischer Soldat, der in Billings geboren ist, setzt in Afghanistan sein Leben für die Vereinigten Staaten aufs Spiel und nicht für den Bundesstaat Montana. Wenn ein Soldat aus Österreich oder Griechenland bereit wäre, für Europa zu sterben, könnten wir sagen: Ja, es gibt Europa.
Heute ist die EU ein Kunstprodukt, ein politisches Fantasma. Mit Karl Marx könnte man sagen: Ein Gespenst geht um in Europa – Europa.
Sicher, es gibt Gemeinsamkeiten zwischen den einzelnen EU-Staaten, aber vor allem in dem Maße, in dem sie alle amerikanisiert sind. Die EU ist eine Mischung aus wirtschaftlichem Kalkül und Amerikanisierung. Natürlich sind die meisten Europäer Christen, aber sie sind, verglichen mit den US-amerikanischen und afrikanischen Glaubensbrüdern, keine strenggläubigen Christen.
Erst wenn sich die Millionen europäischer Muslime eines Tages als Europäer fühlen werden, wird Europa endlich nicht mehr jener Kontinent sein, der jahrhundertelang den Islam bekämpft hat.
Seit mehr als 20 Jahren driften die europäischen Nationen auseinander, etwa Jugoslawien, die Tschechoslowakei, die baltischen Staaten, Belgien, Spanien und auch Italien. Dies geschieht fast immer auf der Grundlage ihrer jeweiligen sprachlichen Eigenheiten.
Wird es Europa noch geben, wenn alle Europäer Englisch sprechen? Ja, die EU wird den Nobelpreis vielleicht noch einmal gewinnen, aber nicht als Union, sondern nur als Europa. Der Zeitraum von 50 Jahren erscheint mir dafür aber etwas knapp bemessen.


"Das Unmögliche ist oft das Unversuchte"
Die EU braucht unsere Aufmerksamkeit und unsere Ideen. Zum ersten. Viele sagen, das alte Drehbuch der Integration entzünde doch keinen mehr. Falsch. Das Original ist großartig und hat kein Ablaufdatum.
Nur: Es dümpelt unerzählt vor sich hin. Oder kennen Sie einen Dokumentarfilm oder einen Bestseller über die Arbeitsweise von Jean Monnet, dem Initiator der Integration? Er war es, der die stolzen französischen Kohle- und Stahlbarone kurz nach Kriegsende dazu überreden konnte, sich mit ihren deutschen "Kollegen" an einen Tisch zu setzen – eine Sternstunde menschlicher Überzeugungskraft.
Die folgende Vergemeinschaftung der Kohle- und Stahlindustrie hat Deutschland politisch und Frankreich ökonomisch gerettet – und damit die Voraussetzungen für unsere Leben. Erstaunliches Detail: Jean Monnet war eine Art Ein-Personen-Unternehmen, ein "public interest entrepreneur".
Ja, er war bestens vernetzt, aber er agierte mit dem mentalen Spielraum eines Erfinders. Er war in seinen Ersthandlungen zur Integration nicht Mitglied einer Regierung, Bürokratie oder Partei. Er hatte ein Ziel (Frieden) und Ideen zum Weg dorthin (die Vergemeinschaftung des gefährlichsten Partikularinteresses: der Kriegsmaschinerie). Und damit zum zweiten Punkt, die EU braucht unsere Ideen.
Heute stellen wir uns in Start-ups oder als Social Entrepreneurs komplexen Aufgaben im Change-Management. Täglich überzeugen wir diverse Schläfer, Ignoranten und Gegner vom Aufbruch in die Zukunft. Doch als Generationen Erasmus, Facebook, X, X/Y und Y tun wir das kilometerweit weg von dem Ort, wo die Rahmenbedingungen unserer Leben verhandelt werden: in Politik und Verwaltung.
Wir, Vertreter des innovativen, des privat- und zivilgesellschaftlichen Europas müssen uns dem politischen Europa zuwenden. Motto: "Das Unmögliche ist oft das Unversuchte" (Jim Goodwin).

"Souveränität der Menschheit
als oberstes Credo"
Die EU muss weiterhin jeden Tag beweisen, dass die von Zäunen, Mauern und Stacheldraht umgebenen Nationalstaaten weniger wichtig sind als die Wege, Flüsse und Meere, die die Menschen verbinden.
Was Deutschland mit dem Fall der Berliner Mauer vorgemacht hat, muss Europa als Ziel seiner täglichen Anstrengungen dienen.
Egal, ob bei der Bekämpfung des Klimawandels oder bei der Neuordnung der Finanzmärkte, wir müssen Schluss machen mit der Souveränität der Nationalstaaten, die schon jetzt viel zu oft nur eine leere Hülse ist. Stattdessen sollten wir uns das zum Credo machen, was Alexis de Tocqueville die "Souveränität der Menschheit" nannte.
"Preis könnte Waffe für Demokratie sein"
Ich finde, die EU hat den Friedensnobelpreis nicht verdient. Wenn man den Preis an Dissidenten in autoritären Regimen verleiht, wird er zur Waffe für die Demokratie und kann Leben retten. In den Händen der EU-Politiker ist er nur ein symbolisches Brimborium.
Außerdem vertritt die Union in Europa und auf der ganzen Welt die exklusiven Interessen der Konzerne. Einst waren in den Entwicklungsländern so viele Hoffnungen auf Europa gerichtet, doch diese wurden von den Europäern bitter enttäuscht.
In Afrika und Teilen Asiens steht die EU heute für Hunger und Elend. Erst wenn in dieser Frage eine entschiedene Wende gelingt, würde die Union den Friedensnobelpreis verdienen.

"Die EU wäre eine
normsetzende Friedensmacht"
Um 2062 wieder zum Zug zu kommen, müsste die EU verstärkt supranational agieren. Ihre Schwächen - Intransparenz, Kompetenzüberschneidung, Unübersichtlichkeit – wären zu beseitigen. Vor allem im Fall von internationalen Krisen müsste sie mit einer Stimme sprechen und in der Außen- und Sicherheitspolitik mit Mehrheitsentscheidungen vorgehen.
Das Europäische Parlament sollte ein Gesetzesinitiativrecht besitzen und die EU als Ganzes mit mehr Finanzkraft ausgestattet werden. Einem europäischen Finanz- und Wirtschaftsregime sollte die politische Union folgen.
Die EU bliebe getragen von einem stabilen Kerneuropa (Deutschland-Frankreich-Benelux) und sie wäre gemeinsam mit der Türkei (die dann ein Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums wäre) ein Brückenland und Mediator im Mittleren und Nahen Osten – und somit in der Lage, den Friedensprozess in dieser Region zu fördern.
Zu Russland müsste die Union als Teil Europas die "strategische Partnerschaft" weiter ausbauen und damit den dortigen Demokratisierungsprozess konditionieren. Die EU wäre ein Mittler zwischen USA und China, der sich global nicht durch Militärintervention auszeichnet, sondern durch Rechts- und Kulturexport als normsetzende Friedensmacht.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

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