Anständig essen

Ein Selbstversuch
336 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783869710280
Erscheinungsdatum 30.12.2010
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Galiani Berlin ein Imprint von Kiepenheuer & Witsch
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Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
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Kurzbeschreibung des Verlags

»Die dringendste Frage zu Beginn meiner Bio-Phase: ob ich weiterhin Cola-Light trinken kann. Davon gehe ich nämlich aus. Cola-Light besteht doch sowieso ausschließlich aus Chemie. Da dürfte sich die Bio-Frage eigentlich gar nicht erst stellen.«

Karen Duve gehörte nicht eben zur Gesundheitsfraktion. Bratwürstchen und Gummibären wanderten genauso in ihren Einkaufswagen wie Schokolade und Curryketchup in 1-L-Plastikflaschen. Doch dann zog sie mit jemandem zusammen, der schnell den Spitznamen Jiminy Grille erhielt – nach dem personifizierten Gewissen der Holzpuppe Pinocchio. Denn Jiminy schrie auf, wenn Karen Duve nach der »Grillhähnchenpfanne für 2,99« griff. Und Karen Duve musste einräumen, dass das Leben der »Grillhähnchenpfanne« vor ihrer Schockfrostung wohl eher unerfreulich gewesen war. So stellten sich vor der Tiefkühltruhe schnell grundlegende Fragen: Darf man Tiere eigentlich essen? Und wenn Tiere nicht, warum dann Pflanzen? Wo beginnt die menschliche Empathie, und warum? Was sind wir bereit aus Rücksicht auf die Mitlebewesen zu opfern? Oder können wir sogar einen persönlichen Gewinn daraus ziehen, unsere Gewohnheiten zu ändern?

Irgendwann wollte Karen Duve es wirklich wissen: Jeweils zwei Monate lang testet sie seitdem Ernährungsweisen mit moralischem Anspruch: Biologisch-organisch, vegetarisch, vegan und am Ende sogar frutarisch, also nur das, was die Pflanze freiwillig spendet. Parallel dazu setzt sie sich mit der dahinterstehenden Weltsicht auseinander – und liefert sich mit Jiminy Grille die unausweichlichen Verbalduelle. Erst kurz vor der Veröffentlichung dieses Buches wird sie eine Lebensentscheidung treffen – die, wie sie sich weiter ernähren und weiter leben will. Schonungslos und mit der ihr eigenen knochentrockenen Komik setzt sie sich jenseits aller Ideologien mit der Frage auseinander: Wie viel gönne ich mir auf Kosten anderer?

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ISBN 9783869710280
Erscheinungsdatum 30.12.2010
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FALTER-Rezension

"Ich liebe Schnitzel"

Sebastian Fasthuber in FALTER 4/2011 vom 28.01.2011 (S. 38)

… aber ich esse es nicht! Die Bestseller-Autoren Karen Duve und Jonathan Safran Foer über die Ausbeutung der Tiere, die Gewöhnung an Schlachthöfe und das Privileg, Fleisch auf dem Teller zu sehen

Laut einer Umfrage vom Mai 2010* nach Gründen für den Kauf von Bioprodukten gaben 41 Prozent der Österreicher Gesundheit und gesunde Ernährung an, während artgerechte Tierhaltung nur für vier Prozent eine Rolle spielte. Vielleicht wäre das heute schon ein wenig anders. Mit Schuld daran haben zwei erfolgreiche Romanautoren, die aus Sorge um unsere tierischen Verwandten ihr sicheres Terrain verließen – und im Sachbuchsektor Bestseller landeten. Jonathan Safran Foers "Tiere essen" löste vergangenen Sommer einen Medienhype aus, Karen Duves Selbstversuch "Anständig essen" ist gerade erschienen.
Während Foer die hässlichen Details der Massentierhaltung anschaulich macht, schildert Duve die tragikomische Achterbahnfahrt ihrer Verzichtsleistungen und schließt mit dem Thema auch die Klimakatastrophen eines Jahres kurz. Vor der Lektüre beider Bücher muss gewarnt werden: Wer sich die ganze Wahrheit über die industrielle Fleischproduktion vor Augen hat führen lassen, kann möglicherweise nicht mehr einfach so ins "Qualfleisch" beißen.

Falter: Sie sind zu Gast in Wien, der Stadt des Schnitzels. Was gab's denn zu Mittag?
Jonathan Safran Foer: Kein Schnitzel. Obwohl ich es liebe. Du wahrscheinlich auch?
Karen Duve: Ja. Mir schmeckt Fleisch generell gut. Aber wir essen es nicht, richtig?
Foer: Richtig.
Duve: Wir waren beim Vietnamesen am Naschmarkt. Ich habe den Fehler gemacht, nicht das vegetarische Gericht zu nehmen, sondern eines, das eigentlich mit Rindfleisch zubereitet wird, mit Tofu ummodeln zu lassen. Das schmeckte schrecklich.
Foer: Ich nahm das richtige Gericht.
Wie schwierig ist Ihnen die Umstellung auf den neuen Speiseplan gefallen?
Duve: Vegetarisch ist ganz leicht. Schwierig wird es, wenn man vegan leben will. Da kann man nicht mehr so einfach ins Restaurant gehen. Man muss sehr viel beachten. Generell ist es eine Gewohnheitssache. Bei allen Ernährungsweisen, die ich bei meinem Selbstversuch durchprobiert habe, waren die ersten zwei, drei Wochen anstrengend und nervig. Dann hat man es im Prinzip raus.
Foer: Bei mir hat die Umstellung 20 Jahre gedauert. Ich habe zwischendurch immer wieder Fleisch gegessen. Denn als junger Mensch wusste ich nicht viel über Ernährung. Je mehr man darüber weiß, desto weniger Lust hat man auf Fleisch.
Sie beide suchten nach einer ethisch vertretbaren und für Sie persönlich richtigen Ernährungsform. Haben Sie sie gefunden?
Duve: Ich wollte mir am Ende des Buches nur etwas vornehmen, was ich auch schaffen kann. Also nicht, Vegetarier oder Veganer zu sein, sondern Fleisch und Milchprodukte auf zehn Prozent zu reduzieren. Zehn Tage danach habe ich zum ersten Mal Fisch gegessen. Es hat sehr gut geschmeckt. Aber auf einmal hatte ich die Details des Tötens und die leergefischten Meere im Kopf. Ich kann diese Verdrängungsarbeit von früher nicht mehr leisten. Ich lasse mir zwar die Freiheit, irgendwann vielleicht wieder Fleisch zu essen. De facto lebe ich aber vegetarisch.
Foer: Ich bin Vegetarier, als Ideal schwebt mir aber eine vegane Lebensweise vor. Ich reduziere nach und nach, momentan bin ich bei der Hälfte von dem, was ich früher an Eiern und Milchprodukten konsumiert habe. Und ich kenne die Bauern, bei denen ich einkaufe. Verkompliziert wird mein Vorhaben dadurch, dass ich zwei kleine Kinder habe. Ohne sie wäre ich sicher flexibler. Man kann Kinder auch wunderbar vegan aufziehen, aber das wäre ein Riesenaufwand.
Duve: Ich befinde mich etwa auf halber Strecke zur Veganerin. Milch oder Joghurt lasse ich großteils weg. Eier esse ich, denn die kommen von meinen eigenen Hühnern.
Foer: Das ist lustig. Ich dachte, du bist schon Veganerin. Wir haben gestern in Zürich gelesen. Beim Frühstück habe ich mir gedacht: Die Schweizer haben diesen tollen Käse, da probiere ich ein Stück. In dem Moment kam Karen in den Frühstücksraum. Instinktiv habe ich meinen Teller so gedreht, dass sie den Käse nicht sehen konnte. Das ist blöd, aber es zeigt, wie kompliziert die Sache ist. Manchmal schämt man sich für das, was man isst. Ich finde es besser, ehrlich mit diesen Sünden umzugehen, als sich das Mäntelchen der Perfektion umzuhängen.
Frau Duve, Sie schreiben am Ende Ihres Buches, dass Sie sich jetzt besser ernähren und schlechter fühlen. Verstrickt einen ethisch korrekte Ernährung in einen Moralwettbewerb?
Duve: Das würde ich nicht sagen. Wenn ich mit vier Veganern an einem Tisch sitze, würde ich mich schämen, Milch zu bestellen. Wenn ich andererseits mit vier Fleischessern an einem Tisch sitze und Milch trinke, fühle ich mich schon ganz gut. Bei den Veganern habe ich das Gefühl, dass ich noch mehr tun könnte. Ich bekomme das, was ich tue, in den Gesichtern der anderen am Tisch gespiegelt.
Der Titel Ihres Buches lautet "Anständig essen". Ist vegan mit anständig gleichzusetzen?
Duve: Für mich schon. Denn ich nähere mich dem Thema von der Qual der Tiere aus. Und wenn du 100-prozentig sichergehen willst, dass wegen deines Essens kein Tier gequält wurde, musst du eigentlich vegan leben.
Foer: Ich bin mir da nicht sicher. Um umweltfreundlich zu leben, müsste man auch aufs Fliegen verzichten. Deshalb strebe ich aber keine Welt an, in der jeder das Fliegen aufgibt. Für den einen ist Veganismus richtig, deshalb muss sich jedoch nicht die ganze Welt vegan ernähren. Ich glaube auch nicht, dass es einen perfekten Esser gibt. Es ist aber wichtig, sich immer weiter in die richtige Richtung zu bewegen und dazu beizutragen, dass weniger Tiere leiden müssen und die Ressourcen des Planeten geschont werden. Begriffe wie Vegetarier oder Veganer sind da eher kontraproduktiv, denn sie erzeugen bei vielen Menschen Ablehnung.
Fühlen Sie sich nicht manchmal wie wandelnde Vorwürfe?
Duve: Manchmal reicht es schon, mit jemand am Tisch zu sitzen und kein Fleisch zu essen. In dem Moment sehen die Leute nämlich, dass sie eine Wahl haben. Dazu muss ich gar nicht mit ihnen reden.
Foer: Kein Fleisch zu essen, ist ein sehr starkes Statement.
Schreckt manche vielleicht auch ab, dass man als Vegetarier zum Außenseiter wird?
Foer: Nein. Ich glaube, die essen Fleisch, weil es gut schmeckt. Andere Erklärungen verschleiern diesen Grund. Ich selbst habe nicht das Gefühl, dadurch Verlegenheit zu erzeugen, dass ich mich vegetarisch ernähre. Ich fühle mich auch nicht als Aktivist.
Sie leben allerdings auch in New York ...
Duve: Ich hingegen lebe auf dem Land, wo jeder Fleisch isst. Die haben kein schlechtes Gefühl, weil ich kein Fleisch esse. Die denken, ich bin verrückt.
Sind Männer wirklich die schlimmeren Fleischfresser, die es einfach nicht lassen können?
Duve: Männer essen um 60 Prozent mehr Fleisch als Frauen.
Foer: Auf ihr Körpergewicht gerechnet?
Duve: Nein, in absoluten Zahlen. Für mein Gefühl haben Männer ein Anspruchsgefühl, sie denken, es würde ihnen zustehen. Fleisch war ja früher ein Privileg der Reicheren. Und Männer tun sich wohl schwerer damit, ein Privileg aufzugeben.
Jeder hat schon Bilder von Massentierhaltung gesehen. Warum blenden die meisten von uns das aus und essen weiter Fleisch?
Duve: Weil es keinen Spaß bringt, darüber nachzudenken. Wenn man darüber nachdenkt, wird man am Ende weniger Fleisch essen. Das ahnt man schon. Dieses Unbehagen trägt jeder in sich.
Foer: Wenn ich im Fernsehen einen Spot mit hungernden Kindern aus der Dritten Welt sehe, schalte ich auch um. Es ist nicht schön, mit solchen Dingen konfrontiert zu werden.
Massentierhaltung findet hinter verschlossenen Türen statt. Glauben Sie auch wie Paul McCartney, dass niemand mehr Fleisch essen würde, wenn die Schlachthöfe Wände aus Glas hätten?
Foer: Das glaube ich nicht. Selbst Leute, die in Schlachthöfen arbeiten, essen Fleisch. Ich war in Schlachthöfen. Es ist zuerst wirklich, wirklich schrecklich. Und dann gewöhnt man sich daran.
Duve: Ich glaube, dass es doch etwas ausmachen würde. Früher hatten wir generell ein Verhältnis zu Tieren, das die Ausbeutung und das Töten erlaubte. Das hat sich irgendwann geteilt. Im Bereich der Nutztiere wird die Ausbeutung immer schlimmer, während der Großteil der Bevölkerung nichts mehr damit zu tun hat und sich mit Tieren umgibt, die nicht sterben müssen, sondern einen ähnlichen Status wie ein Familienmitglied haben. Für diese Menschen wäre es ein absoluter Schock, an einem gläsernen Schlachthaus oder einer gläsernen Massentierhaltung vorbeizugehen.
Foer: Ich weiß nicht. Die meisten Leute würden nach einer Führung durch einen Schlachthof kein Fleisch zu Mittag essen. Aber vielleicht am nächsten Tag wieder.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

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Freiwillig verlorene Früchte statt Grillpfanne

Sebastian Fasthuber in FALTER 1-2/2011 vom 14.01.2011 (S. 19)

An dem Tag, an dem ich beschloss, ein besserer Mensch zu werden, stand ich morgens in einem Rewe-Supermarkt und hielt einen flachen Karton mit der Aufschrift ‚Hähnchen-Grillpfanne' in der Hand." Die deutsche Autorin Karen Duve (Jg. 1961) hat sich über ihre Ernährung bis vor kurzem keine Gedanken gemacht. Ihr Speise- und Getränkeplan bestand aus Fertiggerichten, Schokolade und Cola light. Letzteres führte sie ihrem Körper literweise zu, um arbeiten zu können, wurde aber immer müder. So konnte das nicht weitergehen – fand auch Jiminy Grille, ihre weitgehend vegetarische Mitbewohnerin, die Duve in einer hübschen Volte nach dem guten Gewissen von Pinocchio benannt hat.
Also hat sich die Norddeutsche, die auf einem Bauernhof lebt, ein Jahr lang gesund sowie ethisch korrekt ernährt. In "Anständig essen" erzählt sie von ihrem Selbstversuch, verschie­dene Ernährungsformen durchzuprobieren und sich von "Alles Bio" über Vegetarismus und Veganismus bis hin zum Frutarismus vorzuarbeiten. Frutarier, von denen es weltweit ein paar tausend gibt, glauben, dass Obst und Gemüse eine Seele besitzen, und essen nur, was freiwillig vom Baum fällt. Das war sogar Jiminy zu viel.
Sympathisch an "Anständig essen" ist, dass Duve dem Leser auf Augenhöhe begegnet, anstatt diesem – wie in manch anderem einschlägigen Schmöker – als besserer Mensch entgegenzutreten, der ganz genau weiß, was man essen muss, um die Welt noch zu retten. Sie beginnt ihr Experiment ganz naiv und in dem Glauben, sich künftig vielleicht etwas bewusster und fleischlos zu ernähren. Schließlich muss sie sich aber eingestehen, eine andere geworden zu sein – irgendwo zwischen Vegetarierin und Veganerin.
Vielleicht, spekuliert sie, überfällt sie morgen schon wieder der Heißhunger auf ein Stück Fleisch. Nach ihren Recherchen zur Tierhaltung, aus denen sie im Buch ausgiebig zitiert, hält sie das freilich für unwahrscheinlich. Höchstens noch zehn Prozent von dem, was sie früher an Fleisch, Fisch und Milchprodukten verbraucht hat, möchte Karen Duve in Zukunft konsumieren. Am Ende ist auch aus ihr eine sanfte Missionarin geworden.

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