Meine Jahre mit Hamburg-Heiner

Logbücher
432 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783869710358
Erscheinungsdatum 14.03.2011
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Galiani Berlin ein Imprint von Kiepenheuer & Witsch
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Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
Bahnhofsvorplatz 1 | DE-50667 Köln
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Kurzbeschreibung des Verlags

Sven Regener, Musiker und Literat (oder umgekehrt), Sänger von Element of Crime und Verfasser der Herr-Lehmann-Trilogie, hat über einen Zeitraum von fünf Jahren für die verschiedensten Internet-Plattformen die dialogreichsten und witzigsten Logbücher verfasst, die je bei Fahrten durch die stürmischen Meere und stehenden Gewässer des Lebens entstanden sind. Denn was einmal in die Regener’sche Durchdenkmaschine hineingeraten ist, kommt nicht ungeschoren wieder heraus, und so sind wir dabei, wenn Regener auf der Suche nach einer »Arno-Schmidt-Gesellschaft« über die Frankfurter Buchmesse stolpert, auf Element of Crime-Tournee in einen Paranoia-Rausch gerät, in Nashville, Tennessee, das Batman Building von der falschen Seite fotografiert, Österreich und Deutschland miteinander versöhnt oder Busfahrer Udos Meinung über den Hersteller der Wuppertaler Schwebebahn unter die Leute bringt (»Murks Aus Nürnberg«).

Und dann ist da auch noch Hamburg-Heiner, Freund, Feind, Kritiker und Einpeitscher zugleich, der fast täglich anruft, um Regener gedanklich auf Kurs zu halten, etwa mit einem Streit über die korrekte Notation von »O Tannenbaum« oder einer Diskussion über die Bedeutung österreichischer Herrschaft über Hamburg-Altona in den Jahren 1864–1866.

Liest man die Logbücher alle auf einen Schlag, dann bemerkt man plötzlich, dass da etwas ganz Eigenes entstanden ist, ein Hybrid zwischen Tagebuch und Roman, ein Seemannsgarn in der Tradition der großen Fabulierer und Schwadronierer, der Quatschköppe und Knalltüten, oder wie Hamburg-Heiner es sagen würde: »Wenn schon Jahrhundert, dann ja wohl das 18.!«

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FALTER-Rezension

Kulturkritik im Schweinehälftenkostüm

Sebastian Fasthuber in FALTER 10/2011 vom 09.03.2011 (S. 38)

Humor: Viel Spaß für wenig Geld: neue Bücher von Regener, Grisse- und Stermann und Heinz Strunk

Am angenehmsten von all seinen Tätigkeiten sei ihm das Schreiben, hat der als Austrofred-Darsteller bekannt gewordene Musiker und Autor Franz Wenzl einmal zu Protokoll gegeben. "Da sitze ich daheim, und das ist eigentlich schon das Wichtigste. Jede Arbeit, wo ich daheim sitze, ist eine gute." Mit diesem Befund dürfte er nicht alleine dastehen. Etliche Musiker, Bühnen- und Fernsehentertainer haben in den letzten Jahren einträgliche Zweit-, Dritt- und Viertkarrieren als Autoren gestartet. Mancher davon mag von einem Verlag ein verlockendes Angebot erhalten haben, ein Buch zu verfassen, mancher mag auch das dringende Bedürfnis verspürt haben, eine Geschichte zu erzählen oder einen Stoff zu bearbeiten.
Auffällig ist, dass kaum einer, der einmal mit dem Bücherschreiben begonnen hat, wieder damit aufhört. Der Suchtfaktor des Schreibens ist nicht zu unterschätzen, allerdings auch nicht, dass es den Unterhaltern als an die Arbeit mit Texten gewohnten Profis vergleichsweise leicht von der Hand geht, sich ein Thema zu suchen und fluffig auf Buchlänge abzuhandeln. Was natürlich die Gefahr birgt, nach einem Strickmuster zu verfahren. Indem man etwa hier noch einmal eine alte Idee abendfüllend auswalzt, dort eine Textsammlung veröffentlicht. Solange es einen Markt dafür gibt, nur raus damit.

Alles muss raus
Solcherart scheint auch die Motivation hinter dem Band "Meine Jahre mit Hamburg-Heiner. Logbücher" von Sven Regener
zu sein. Der Sänger der Band Element of Crime hat mit seiner Romantrilogie um Herrn Lehmann seit 2001 Bestseller­erfolge gelandet. Da ist es nur logisch, dass zweieinhalb Jahre nach dem letzten Roman, "Der kleine Bruder" (2008), langsam etwas Neues kommen muss. Weil aber kein Roman in Sicht ist, erscheint ein Sammelband mit Blogs für taz.de, spiegel.de oder derstandard.at.
Diese sind nicht allein aus Freude an der Wortkunst und dem Internet entstanden, sondern dienten zu Promotionzwecken für neue Platten oder Tourneen von Element of Crime. Spaß dürfte das Schreiben Regener trotzdem gemacht haben. Die gesammelten Interneteinträge nehmen in Buchform, inklusive einiger Fotografien, über 400 Seiten ein.
Dass der Autor etwas von seinem Handwerk versteht, ist unbestritten. Regener kann mit Sprache umgehen, wie es vielen gehobenen Literaten nicht gegeben ist, und auch gegen seinen teils hippen, teils onkelhaften Humor kann man nichts sagen. Unter dem Titel "Versuch über das Landleben" etwa gelingt ihm eine denkwürdige Miniatur: "Die Natur ist eine Sau!"
Allzu oft aber haben die Einträge trotz ihrer Kürze etwas sich in die Länge Ziehendes. Einmal erblickt der Autor bei einem Flug auf dem Speibsackerl den Spruch "Danke für Ihre Kritik". Das sollte als Pointe idealerweise unkommentiert bleiben. Regener fühlt sich jedoch bemüßigt, noch ein paar Sätze nachzuschieben: "Hat mir gefallen. Verbirgt sich irgendeine tiefere Wahrheit drin. Muss ich mal drüber nachdenken."
Dieser Zwang, immer noch zwei, drei Sätze nachzulegen, ist symptomatisch dafür, warum dieses Blog-Buch nicht funktioniert. Die Form des Blogs, wie Regener sie praktiziert, und erzählerische Ökonomie stehen sich nämlich diametral gegenüber. Der Autor schreibt einfach, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.
Der Leser wird dem über ein paar Einträge und Seiten gern folgen, bald aber übersättigt von all den en passant eingestreuten Aperçus, flachsigen Bemerkungen und Pointen das Weite suchen. Zwar versucht Regener, über die Figur des Hamburg-Heiner als Ansprechpartner und Korrektiv ein bisschen Struktur in die Sache zu bringen. Aber vergebens.
Witzereißen ist für Regener ein Muss, das er sich und seinem Publikum schuldig zu sein meint. Dabei wäre er aus der Generation der in den 60ern geborenen und mit Punk sozialisierten Entertainer derjenige, der sprachlich und literarisch am meisten draufhat. Einen Versuch wäre es jedenfalls wert, die Pointe als letzten Rettungsanker am Ende eines jeden Absatzes in Zukunft wegzulassen. Vielleicht passiert da Erstaunliches.

Nur 700 Seiten für 18 Euro
Christoph Grissemann und Dirk Stermann fahren noch schwerere Geschütze auf. "Speichelfäden in der Buttermilch. Gesammelte Werke I" enthält auf 700 Seiten "Salon Helga"-Texte aus den 90ern bis herauf in jüngere Zeit. Das Cover flirtet mit der Ästhetik preisgünstiger Studienausgaben deutscher Klassiker. Als Witz zum Drüberstreuen ist ein Sticker angebracht: "Nur 700 Seiten für 18 Euro".
Durch "Willkommen Österreich" sind die beiden Entertainer in den letzten Jahren vor allem über das Fernsehen wahrgenommen worden, was ihnen angesichts der zähen Routine, die der Sendung inzwischen anhaftet, nicht schmeichelt. Man täte ihnen jedoch Unrecht, sie darauf festlegen zu wollen, vermögen die beiden doch weitaus bessere Texte zu schreiben als jene für kleine TV-Witzchen.
Vor drei Jahren veröffentlichten sie bei Tropen gemeinsam den Quasiroman "Debilenmilch", die skurrile Geschichte eines Kaffeerösters. Der enorme Einfallsreichtum und die hohe Dichte an Lachern waren bemerkenswert. Das Buch litt aber darunter, dass die Figuren in Texten von Grissemann und Stermann Schießbudenfiguren und den Autoren völlig egal sind.
Ein ähnliches Bild zeichnet die Werkschau, die charmant-kapriziös in Erinnerungen, Tagebücher, Listen, Gespräche, Lyrik, Stücke und Hörspiele, Kleine Prosa und Diverses unterteilt ist. Zwar stammen die Beiträge vermutlich – genaue Zeitangaben fehlen leider – aus einem Zeitraum von eineinhalb Jahrzehnten, dennoch ist es erstaunlich, dass zwei Gehirne derart viele kranke Ideen ausschwitzen können.
Ausschwitzen, dieses Wort wäre den beiden mindestens einen Kalauer mit Auschwitz wert. Wo man das Buch aufschlägt, finden sich groteske Wortspiele und -verdrehungen. "Als wir noch nicht von Funk und Fernsehen kaputtgemacht worden sind", eröffnet ein Text, "waren wir Straßenkartenmaler. Jeden Sonntag tauchten wir die Straßenkarten in ein Tintenfass und malten mit ihnen die schönsten Bilder." Am hübschesten sind die von einem Schlüsselwort zum nächsten mäandernden Texte, wenn sie so harmlos und "naiv" daherkommen. Der Hang zur Brachialkomik, der sich in skurril übersteigerten Gewalt- und Sexfantasien äußert, nützt sich dagegen recht schnell ab.

Abschwellender Bocksgesang
Dass die Humoristen das eine oder andere germanistische und philosophische Seminar besucht haben, verhehlen sie nicht. Als Brechung und gleichsam, um Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben sie an einigen Stellen Ausschnitte aus einer angeblichen Dissertation über ihr
literarisches Werk eingebaut.
Es hat schon Monty-Python-Format, wenn eine gewisse Mag. Inge Sämann in ihrer Arbeit "Abschwellender Bocksgesang. Kulturkritik im Schweinehälftenkostüm" anmerken darf: "In seiner Unfähigkeit, die Aporien seiner Existenz auszuhalten, ja überhaupt zu artikulieren, wird dieser Grisse- und Stermann'sche Protagonist als tragikomischer Prototyp des spätmodernen Durchschnittsmanns kenntlich, eine Figur, die der eigenen körperlichen und geistigen Impotenz zum Opfer fällt (...)."
Ihr parodistischer Umgang mit dem akademischen Duktus und dem hohen literarischen Ton zeigt, dass Grissemann und Stermann diese Welten irgendwie mögen. Man könnte auch sagen, sie flirten mit "richtiger" Literatur, bleiben dabei aber immer ironisch auf sicherer Distanz, um sich im Fall des literarischen Scheiterns noch abputzen zu können: War gar nicht ernst gemeint, so verschnarcht wie die ollen Dichter sind wir doch nicht.

Heinz, pack die Pointen aus!
Denn wenn's einmal einer ernsthafter probiert, ist es auch nicht recht. Heinz Strunks jüngstes Buch – man tut sich schwer, zu sagen, ist es ein Roman oder bloß Erlebnisbericht? – "Heinz Strunk in Afrika" überrascht mit geringer Gagdichte. Nachdem der Hamburger zuletzt den zum Schreien komischen Roman "Fleckenteufel" (2009) über die erotischen Strohfeuer der Pubertät vorgelegt hat, hält er diesmal den Ball sehr flach.
Heinz Strunk, der der Einfachheit halber auch im Buch Heinz Strunk heißt, fliegt mit seinem österreichischen Freund C. (hinter dem sich unschwer Christoph Grissemann erkennen lässt) über Weihnachten zum All-inclusive-Urlaub in ein Ressort in Kenia. Vorgabe: Ruhe, Entspannung. Nichts soll passieren außer kontrolliertem Pool- und Strandurlaub mit regelmäßiger Speisefolge.
Und es passiert dann auch nicht viel. C. reißt mit seiner Mischung aus hypochondrischen und diktatorischen Verhaltensweisen unterhaltungstechnisch manche Länge wieder raus. Insgesamt jedoch ist das Buch schlicht langweilig und banal. Falls es einer sein sollte – auch als Versuch über Langeweile und Banalität wäre es gran­dios missglückt. Heinz, pack die Pointen wieder aus!

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