Der letzte Zeitungsleser

160 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783869711287
Erscheinungsdatum 11.08.2016
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Galiani Berlin ein Imprint von Kiepenheuer & Witsch
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Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
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Kurzbeschreibung des Verlags

»Dahinter steckt immer ein kluger Kopf.« David Wagner zu Michael Angeles _Der letzte Zeitungsleser_

Zugegeben, nicht jeder Zeitungsleser ist so fanatisch wie Thomas Bernhard: Als er dringend einen Artikel in der NZZ lesen wollte, diese aber im heimischen Ohlsdorf nicht zu haben war, machte er sich auf nach Salzburg; aber da gab es die Zeitung auch nicht. Also ging es nach Bad Reichenhall, dann nach Bad Hall, dann nach Steyr und am Ende waren 350 Kilometer zurückgelegt auf der Suche nach dem Suchtstoff. Manchen geht es nicht unähnlich, wenn keine Zeitung zur Hand ist. Doch egal wie stark die Sucht gar nicht so weniger auch sein mag – die Vielfalt der deutschsprachigen Zeitungslandschaft, ja die Tageszeitung an sich, wird wohl nicht zu retten sein. Da geht etwas verloren.

Michael Angele (der u. a. Chefredakteur der ersten deutschen Internetzeitung war und alles andere als neuerungsfeindlich ist) lässt mit wehmutsvoll wachem Blick Revue passieren, was alles verschwindet: nicht nur eine Nachrichtendarreichungsform, nein – eine Kulturleistung, ja eine Lebensform.

Das fängt bei der Umgebung an, in der man seine Zeitung zu lesen pflegt, dem Ritual, welchen Teil wann. Und geht weiter bei der durch das Blatt in Gang gesetzten (oder verhinderten) Kommunikation am Frühstückstisch – manche Ehe wäre ohne Zeitung ganz anders verlaufen. Und wie soll sich das Gefühl kosmopolitischer Weltläufigkeit einstellen, wenn man in einer New Yorker Hotellobby am Handy Spiegel Online statt die New York Times liest?

Mit Herzblut geschrieben, mit Scharfsinn gefasst: Wenn einst das letzte Exemplar einer gedruckten Zeitung vergilbt und zerfallen sein wird, hat Michael Angele mit _Der letzte Zeitungsleser_ der Lebensform Zeitung schon längst ein Monument gesetzt.

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FALTER-Rezension

Die Zeitung ist Zugang zur Welt und zur Empörung

Juliane Fischer in FALTER 41/2016 vom 14.10.2016 (S. 49)

Alte Medien: Michael Angele hält eine wehmütige Grabrede auf eine untergehende Spezies: die gedruckte Tageszeitung

Dreihundertfünfzig Kilometer fuhr Thomas Bernhard für seinen Suchtstoff. Er wollte unbedingt einen Bericht in der Neuen Zürcher Zeitung über Mozarts „Zaide“ bei den Salzburger Festspielen lesen, und im heimischen Ohlsdorf war diese Zeitung an jenem 30. August 1968 nicht aufzutreiben. So machte er sich auf den Weg nach Salzburg, von dort erfolglos nach Bad Reichenhall, weiter nach Bad Hall und schließlich nach Steyr.
Michael Angele, stellvertretender Chefredakteur der Wochenzeitung Freitag, ist Bernhards Bruder im Geiste. Er blickt auf die Zeitung nicht nur als Informationsdealer oder Kulturträger, sondern als Lebensform. Die Zeitung bietet Zugang zur Welt und zur Empörung. Sie ist ein Stück Heimat und ihr Gegenteil, wenn sie den Blick weitet. Sie gehört fest zum Alltag, überschreitet ihn aber zugleich.

„Der letzte Zeitungsleser“ ist ein persönlicher Essay, den man so rasch durch hat, dass einem mancher Artikel im New York Times Magazine oder in The Atlantic länger vorkommt. Das schmale Büchlein im Zeitungsspalten-Layout ist kein wehleidiger Abgesang, sondern eine leise trauernde Erinnerung mit nostalgischen Schlaglichtern, die den bitteren Geschmack des Verlustes erahnen lassen.
Denn der Tod der gedruckten Tageszeitung ist fix, daran zweifelt der Autor nicht. Die Einbußen, die dieses Verschwinden mit sich bringt, würde aber nicht jeder erkennen, meint Angele. Es sterbe ja eine ganze Kultur, die – und das werde völlig außer Acht gelassen – seit jeher nicht von der Mehrheit gelebt worden sei.
Dass das, was nachkommt, ein vergleichbares Lebensgefühl mit sich bringen wird, mag er nicht recht zu glauben. Und das, obwohl er selbst ein Bewohner beider Welten ist, der analogen und der digitalen, und längst mehr Zeit auf Spiegel online verbringt als mit dem Lesen der FAZ.
Sein Buch lässt sich als Beitrag lesen, die Kultur der Tageszeitung ins kulturelle Gedächtnis einzuschreiben.

Dabei geht Angele von seiner eigenen Beziehung zur Zeitungslektüre aus, befragt aber auch Prominente, beobachtet im Kaffeehaus und wirft einen kurzen Blick zurück zu den Anfängen, als Timotheus Ritzsch, Leipziger Buchdrucker und Sohn eines Barockdichters, die Zeitung erfand.
Wie andere Bewahrer und Retter betont auch Angele oft das Sinnliche: die Gewohnheiten, die mit dem Zeitungslesen zusammenhängen, die optische Aufbereitung, die Haptik und das raschelnde Papier. Diese Vorzüge werde nicht reichen, sieht er ein und bezieht sich wieder auf Thomas Bernhard: Die Zeitung wäre nur gerettet, wenn sie eine große Erzählung der Welt bliebe, wenn sie die Welt wahr mache, wenn die „eigentliche Natur und die Welt in den Zeitungen“ wäre, immer, für alle Zeit.
Interessanterweise war das Letzte, was von Bernhard zu Lebzeiten veröffentlicht wurde, ein Leserbrief. Diese Anekdote gibt Anstoß zur Reflexion über die Leser-Schreiber-Beziehung, die stille Bewunderung für einen Journalisten, die – das vergisst Angele zu erwähnen – sich durch digitale Medien zwar ändert, aber nicht verloren geht.

Beim Zeitungslesen geht es nicht nur um Informationsgewinn und Meinungsbildung, sondern für Angele auch um das Recht, sich aufzuregen(auch hier lässt Thomas Bernhard grüßen!).
Aufregen kann man sich natürlich im Internet auch ganz wunderbar. Und noch viel einfacher. Deshalb sieht Angele das Niveau früherer Leserreaktionen nicht mehr gewährleistet.
Auch eine andere dunkle Seite erwähnt er: den Berg von ungelesenen Artikeln und das schlechte Gewissen, das von ihm ausgeht und typischerweise abgeschwächt wird, indem der Haufen von den Zeitungsjunkies zu einer „Sammlung“ verklärt wird.
Leider wählt Angele fast nur männliche Beispielfiguren aus: Neben Bernhard und Handke bekommt Claus Peymann viel Raum, um seine Lesegewohnheiten zu schildern.
Das Ganze endet mit dem Rauschen einer Kassette. Hier riss die Aufnahme des Peymann-Interviews frühzeitig ab. Ähnlich könnte es uns mit dem Zeitungsrascheln ergehen.

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