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Kurzbeschreibung des Verlags
Das saturierte Leben von Randolph Tiefenthaler scheint mit dem Kauf der schönen Berliner Altbauwohnung seine Erfüllung zu finden. Der Architekt und seine Familie ahnen nichts Böses, als der schrullige Herr Tiberius ihnen Kuchen vor die Tür stellt. Doch bald wird der Nachbar aus dem Souterrain unheimlich. Er beobachtet Tiefenthalers Frau, schreibt erst verliebte, dann verleumderische Briefe, erstattet sogar Anzeige. Die Ehe stürzt in eine Krise, das bloße Dasein des Nachbarn vergiftet den Alltag. Tiefenthaler vertraut lange auf den Rechtsstaat, der aber zeigt sich hilflos gegenüber dem Stalker. Die zerstörte Sicherheit erschüttert Tiefenthaler im Innersten. Denn er kennt die Angst schon lange. Sein eigener Vater ist ein Waffennarr, als Kind musste Randolph schießen lernen und fürchtete stets das Schlimmste. Vater und Sohn sind sich seit Jahren fremd – doch nun bringt die unerträgliche Situation Randolph auf einen entsetzlichen Gedanken ... Dirk Kurbjuweit schildert mit beklemmender Spannung, wie Ohnmacht eine Familie zur Selbstjustiz treibt. «Angst» ist das Psychogramm einer Gewalttat, die Geschichte einer extremen, in ihrer Sprachlosigkeit berührenden Vater-Sohn-Beziehung – und ein erzählerisches Experiment, das die dünne Haut unserer bürgerlichen Zivilisation auf die Zerreißprobe stellt.
Eigentlich ist es der Stoff für einen klassischen Psychothriller: Eine respektable Familie wird von einem obskuren Nachbarn, der offenbar nicht ganz richtig im Kopf ist, terrorisiert. Nachdem die Polizei angeblich machtlos ist und auch gutes Zureden, ärztliche Hilfe oder die Aussicht auf pekuniäre Zuwendung nichts fruchten, sieht sich der Familienvater – ein nicht eben berühmter, aber doch ganz erfolgreicher Architekt – gezwungen, über die "tschetschenische Lösung" des Problems nachzudenken.
Man kennt solche Konstellationen aus Filmen wie "Cape Fear" (aus dem 1962er-Original noch mehr als aus Scorseses ausgestellt abgründigem Remake von 1991) oder auch den Romanen eines Ian McEwan ("Liebeswahn", "Saturday" ). Vom Thriller-Schema weicht der Roman insofern ab, als von Anfang an klar ist, wie die Sache ausgeht: Der Eindringling ist tot, erschossen vom Vater des Ich-Erzählers, verheiratet, zwei kleine Kinder.
Das deutsche Feuilleton hat den mittlerweile sechsten Roman des ehemaligen Zeit- und Spiegel-Redakteurs Dirk Kurbjuweit eher mit gemischten Gefühlen aufgenommen, dabei steht "Angst" (sieht man von der forcierten Schlusspointe ab) den notorisch hochgelobten Büchern eines Ferdinand von Schirach eigentlich in nichts nach.
Die Entscheidung des Autors, die Geschichte aus der Ich-Perspektive zu erzählen, ist brillant und untadelig exekutiert: Dieser Randolph Tiefenthaler hat – kicher! – schon auch seine Untiefen, ist aber allem Anschein nach ein sehr reflektierter Zeitgenosse, mit dem man gerne die ein oder andere Flasche des tintendunklen teuren Weins trinken würde, den er bevorzugt.
Tiefenthaler ist keine von diesen Reißbrettfiguren, die sich im Dienste einer höheren Botschaft ständig selbst denunzieren müssen; er weiß eindringlich über seine Jugend mit einem aus Ängstlichkeit waffennarrischen Vater zu erzählen oder seine gefährdete Wohlstandsehe zu reflektieren. Und gerade deswegen ist "Angst" auch eher ein Essay über die Aporien und Grenzen der von Tiefenthaler vertretenen "aufgeklärten Bürgerlichkeit" als ein Psychothriller. Wenn's ihm hinten nass reingeht, bleibt dem leicht wohlstandshysterischen Bürger nur noch die tschetschenische Lösung.