Der Ruf des Sommers

Das erstaunliche Leben der Mauersegler | Eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit einer höchst spannenden Vogelart
224 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783890295763
Erscheinungsdatum 27.07.2023
Genre Sachbücher/Natur, Technik/Naturwissenschaft
Verlag MALIK
Übersetzung Gerlinde Schermer-Rauwolf
Übersetzung Jonathan Pomroy, Robert A. Weiß
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Piper Verlag GmbH
info@piper.de
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Kurzbeschreibung des Verlags


Mauersegler legen etwa 50.000 Kilometer pro Jahr fliegend zurück, können im Flug schlafen, und wo sie sind, ist Sommer. Zwölf Monate lang folgt Charles Foster seinen Lieblingstieren. Er beobachtet, wie sie sich in Mosambik für den Flug gen Norden bereitmachen, verfolgt ihren Ritt auf dem Scirocco, der von der Sahara Richtung Mittelmeer fegt, und ihre Ankunft in Südeuropa. In England sieht er zu, wie die faszinierenden Vögel sesshaft werden und ihren Nachwuchs großziehen, um anschließend nach Afrika zurückzukehren. Eine herausragende Liebeserklärung, einfühlsam illustriert von Jonathan Pomroy.


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FALTER-Rezension

Kreischende Bonusmeilensammler

Klaus Nüchtern in FALTER 27/2024 vom 05.07.2024 (S. 28)

Die meisten Swifties hierzulande bekommen das von ihnen verehrte Geschöpf nur drei Monate zu Gesicht – von Mai bis Juli. Anfang August verstummt das Geschrei, und die Himmel sind schlagartig deprimierend leer. Dann begibt sich der Mauersegler (engl.: swift) wieder auf den Rückflug nach Afrika: macht rund 20.000 km pro Jahr nur im Zug und mehr als dreimal die Strecke Erde-Mond im Leben des Vogels, der es immerhin auf 20 Jahre bringen kann. Ein Die-Hard- Swifty wie der britische Anwalt, Tierarzt und Nature Writer Charles Foster folgt den Mauerseglern in „Der Ruf des Sommers“ von Mosambik bis in Fosters Heimatstadt Oxford. So ziemlich alles, was man wissen kann, erfährt man über diese „airborne creatures“, die alles in der Luft erledigen können außer brüten. Foster berichtet vom volatilen Innenleben der Swifties, denen das erstaunliche Leben dieser so sicht- und hörbar vitalen Wesen himmelhochjauchzende Euphorien, aber auch todesbetrübliche Entzugserscheinungen beschert.

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Wie Vögel vögeln

Klaus Nüchtern in FALTER 20/2024 vom 17.05.2024 (S. 42)

Jetzt, Mitte Mai, sind sie tatsächlich alle da: nicht nur Allerweltsvögel wie Amsel, Drossel, Fink und Star, sondern auch Vielflieger und Langstreckenzieher, die strapaziöse und gefährliche Transkontinentalflüge auf sich nehmen. Unter ihnen so flamboyant gefiederte Kreaturen wie der Bienenfresser oder der Wiedehopf, aber auch ungleich weniger exotisch anmutende Angehörige der Klasse Aves, deren Ankunft Jahr auf Jahr ungeduldig erwartet, heiß herbeigesehnt und euphorisch kommentiert wird.
"Aus ganze Europa", so berichtet der britische Anwalt, Ethiker, Tierarzt und Publizist Charles Foster, "schreiben mir Freunde frohlockende E-Mails: They're here! - Ils sont arrivés ! - Sono arrivati! - Eles chegaram! - Vardilar! - Sie sind angekommen! [ ] Immer mit Ausrufezeichen, weil Worte allein nicht reichen."

Selbstverständlich ist auch der FaVoWa (FalterVogelWart) ein Angehöriger der "Church of Swift", jener Glaubensgemeinschaft, der die Musik der gleichnamigen Sängerin zwar hinten vorbei geht, die aber den Mauersegler (auf Englisch: swift) indes mit geradezu religiöser Inbrunst verehrt. Rufzeichenreich verkündete auch er am Sonntag, den 26. April die frohe Botschaft: Die Mauersegler sind zurück in Wien!

Und mit ihnen eine weitere Chance: Im Frühjahr, wenn die Balz-, Bums-und Brutsaison in vollem Gange und Schwange ist, bietet sich reichlich Gelegenheit, das Sozial-und Sexualverhalten der Vogelwelt zu beobachten und mit jenem des Menschen zu vergleichen. Das entsprechende Verb leitet sich übrigens vom Mittelhochdeutschen "vogelin" ab und bezog sich ursprünglich auf den Begattungsvorgang beim Haushuhn, der nicht sonderlich elegant, geschweige denn zärtlich ausfällt: Ist die Hackordnung qua Hahnenkampf entschieden, laufen dem Sieger die Hennen zu und werden besprungen, wobei der Hahn das Gleichgewicht zu halten sucht, indem er die Henne grob ins Kopfgefieder zwickt.

Die Adoration des Mauerseglers Apus apus (lateinisch für "Fußloser", was nicht ganz den Fakten entspricht, denn die Vögel verfügen sehr wohl über die entsprechenden, wenn auch winzigen Extremitäten) beruht auf ihren in der Tat überirdisch erscheinenden Eigenschaften. Sie sind wahre himmlische Geschöpfe, die so gut wie alles im Fluge zu erledigen vermögen: Essen, Schlafen, Baustoff sammeln und Liebe machen - und nur zu einem einzigen Zweck festen Boden unter ihren Füßchen benötigen: Um ihr Gelege auszubrüten, das sie in mit allerlei Materialien schlampig ausstaffierten Dachbodenspalten und Gebäuderitzen deponieren.

So nahe uns diese womöglich im selben Haus wohnenden Vögel mitunter auch sein mögen, so bleiben sie uns doch auf faszinierende und ergreifende Weise fremd: "Mauersegler sind", wie Charles Foster schreibt, "immer nur sie selbst." Anders verhält es sich mit einem Kulturfolger, dem aus guten Gründen so genannten "Haussperling" vulgo "Spatz". Wie der Ökologe und Autor Ernst Paul Dörfler in seinem soeben erschienenen Buch über "Das Liebesleben der Vögel" schreibt, lebt Passer domesticus seit mindestens 10.000 Jahren mit uns Menschen Tür an Tür und darf füglich als "der häuslichste unter all unseren heimischen, frei lebenden Vögeln" gelten. Spatzen leben ausgesprochen gesellig, sie sind sozusagen die "Kollektivisten" unter den Vögeln und machen sich sogar während der Brutzeit gemeinsam auf die Suche nach Futter, das erst verzehrt wird, wenn sich alle eingefunden haben. Sie beweisen auf diese Weise "solidarische Tischsitten".

Dergleichen vermenschlichende Vergleiche galten lange Zeit als unstatthaft, weil unwissenschaftlich. Ein Dogma, das seinerseits insofern fragwürdig ist, als es dazu verleitet, Tieren "menschliche" Eigenschaften wie Individualität oder Gefühle a priori abzusprechen - wogegen doch einiges spricht. So wiesen Forscher etwa nach, dass die Pulsfrequenz von Gänsen dramatisch ansteigt, sobald diese ihrer geliebten Partner oder Partnerinnen ansichtig werden. Werden selbige indes gefressen, überfahren oder erschossen, zeigen die Hinterbliebenen alle Anzeichen von Trauer.

Österreichische Forscher und Forscherinnen, die sich besonders gerne mit Anser anser befassen, haben darüber hinaus herausgefunden, dass Graugänse in der Lage sind, einen Bekanntenkreis von bis zu hundert Individuen zu unterhalten und deren Charakterzüge zu identifizieren.

Der Geschlechtsverkehr von Vögeln ist von den amourösen Partituren römischer Schweinkramlyrik oder des Kamasutra denkbar weit entfernt und verläuft in der Regel à la Donald Trump: "Wham, Bam, Thank You, Mam!" Lediglich unter der emanzipiert und polyamorös aufgelegten Art Acrocephalus paludicola, die leider weltweit vom Aussterben bedroht ist, dauert er länger als ein paar Sekunden. Es kommt zu einer bis zu 40 Minuten währenden Mehrfachbesamung -womit der Seggenrohrsänger eindeutig als die "Love Machine" der Vogelwelt gelten darf.

Wobei man sich dort in Sachen erotischer Ambition besser nicht an den Daft-Punk-Refrain "We're up all night to get lucky", sondern an das gute alte Early-Bird-Ethos hält: Untersuchungen an Meisen haben gezeigt, dass Frühaufsteher öfter zum Schuss kommen und weniger betrogen werden, also entschieden bessere Chancen auf Weitergabe ihres Erbmaterials haben.

Aufregender und interessanter als der eigentliche Vollzug des Sexualakts sind die Voraussetzungen und Folgen desselben, also Verpaarungsanbahnung, Dating-Praktiken, Revierverhalten, Familienplanung und Kinderaufzucht. In diesen Belangen scheint das Leben der Vögel kaum weniger variantenreich als jenes der Menschen: Das Spektrum reicht von lebenslanger Einehe bis zu habitueller Promiskuität. Polygamie steht ebenso auf dem Programm wie Polyandrie, und wenn eine Art Vielweiber-und -männerei zugleich praktiziert wird, spricht man von Polygynandrie.

"In der Liebe", heißt es in Italo Svevos Roman "Zenos Gewissen","macht jeder, wie er kann". Das gilt erst recht im Tierreich. Die gerne etwas mystifizierte Monogamie kommt in der Vogelwelt zwar durchaus vor, ist für Arten mit einer maximalen Lebenserwartung von zwei bis drei Jahren, von denen die Hälfte nicht einmal die Geschlechtsreife erlebt, aber naturgemäß keine Option.

Bei dem scheuen, dämmerungsaktiven Wachtelkönig, den man eher hört als zu Gesicht bekommt und der den lautmalerisch schlüssigen Namen Crex crex trägt, ist der Sex gar so flüchtig und frequent, dass schon der Begriff Polygamie übertriebene Bindungsfreudigkeit suggerierte.

Vögel mit längerer Lebenserwartung und hoher Intelligenz wie Gänse, Raben und Krähen hingegen sind zu dauerhaften Bindungen durchaus fähig. Beziehungen, so erklärt es Charles Foster, erfordern eben eine Menge neurologischer Rechenleistung: "Monogamie ist, wie viele von uns wissen, aufwendig und anstrengend: Man muss viel Arbeit hineinstecken, kann allerdings auch enorm viel zurückbekommen."

Das Verhalten von Menschen mit jenem von Vögeln zu vergleichen, moralisierend und affektiv zu bewerten, liegt nahe, macht Spaß und ermöglicht Projektionen und Fantasien, die als Korrektiv humaner Hybris produktiv gemacht werden können: "Vögel führen keine räuberischen Kriege, die Vernichtung anderer Populationen oder Arten ist ihnen fremd, sie sind seit eh und je klimaneutral unterwegs, plündern nicht die Schätze der Erde, ihre materiellen Ansprüche sind begrenzt. [] Was die Schuldfrage an den globalen Krisen betrifft, so können wir bei den Vögeln gewiss auf Freispruch plädieren", schreibt Ernst Paul Dörfler. So weit, so plausibel.

Der Autor setzt sein ethisches Gattungsgutachten freilich unter ironische Anführungszeichen und lässt die adressierten "lesenden Weibchen und Männchen" seines Buches nie im Unklaren darüber, dass hinter Verhaltensmustern, die uns entweder als emphatisch und einnehmend oder als abstoßend und grausam erscheinen, utilitaristische Programme im Dienste der Arterhaltung stecken.

Wer wäre nicht gerührt beim Anblick von Graugänsen und -erpeln, die kindergartengroße Scharen an Gösseln über Wiesen und Straßen ins Wasser geleiten und sich die Aufsichtspflichten teilen? Wen würde das Klappern von Störchen, das Schnäbeln von Krähen und Gurren der (wirklich sehr hübschen) Turteltauben nicht an Schnurr-und Schmusepraktiken erinnern, denen man selbst mit einigem Enthusiasmus nachgekommen ist? Und ist es nicht berückend zivilisiert, wenn sich die Eisvogel-Kiddies in den Neströhren nicht gierig wegrempeln, sondern, der britischen Tugend des "Queuing" frönend, geduldig in die Nahrungsausgabewarteschlange reihen?

Umgekehrt ist man geneigt, die Brutparasitismus praktizierenden Herrn und Frau Kuckuck für wahre Rabeneltern zu halten, bei denen -man entschuldige die schiefe Metapher! - der Apfel wahrlich nicht weit vom Stamm fällt, schrecken deren moralisch entsprechend verwahrloste G'schrappen doch nicht davor zurück, die leibliche Nachkommenschaft ihrer so grausam geprellten Zieheltern ansatzlos aus dem Nest zu schmeißen.

Und dann auch noch buchstäblich deren Behausung zu sprengen, weil das mühsam fettgefütterte Kuckuckskind einfach nicht mehr in die sorgsam errichtete Nestkugel des winzigen Zaunkönigs passt.

Und damit sind artenspezifische Atrozitäten antiken Ausmaßes wie Inzest (Wasseramsel), letale Vergewaltigung (Stockente), Infantizid (Storch) oder der biblisch benamste Kainismus vulgo Geschwistermord (Schlangenadler), noch gar nicht aufgeführt. Es bedarf also schon eines etwas beschönigenden Blickes, um sich die Vögel samt und sonders als moralisch überlegene Gattung auszumalen -so wie es der Satiriker Jonathan Swift in "Gullivers Reisen" anhand seiner pferdeartigen Houyhnhnms vorgeführt hat.

Andererseits könnten wir Menschen uns von mancher Vogelart durchaus einiges abschauen -den Kranichen zum Beispiel. Die machen bei Nestbau und Kinderaufzucht fifty-fifty und performen abseits davon einen leichtfüßig swingenden Lifestyle: Sie trompeten gemeinsam im Röhricht und legen auch außerhalb der betörend durchtanzten Balzzeit eine kesse Sohle aufs Parkett. Mit anderen Worten: Kraniche sind Jazz! Und damit ist jedenfalls dem FaVoWa genug gesagt.

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