1500 Gstanzln aus Wien und Umgebung

[Buch mit CD]
368 Seiten, Mehrteiliges Produkt
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ISBN 9783900000004
Erscheinungsdatum 01.09.2003
Genre Musik/Musikgeschichte
Verlag Bibliothek der Provinz
Herausgegeben von Agnes Pils, Hans Peter Falkner
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Kurzbeschreibung des Verlags

Auf alten Liedflugblättern, in Liedsammlungen, in den Aufzeichnungen der Volksliedarchive und auf historischen Tonaufnahmen ist die Praxis des Gstanzlsingens in Wien dokumentiert. Aus diesen Quellen hat Ernst Weber eine abwechslungsreiche Sammlung zusammengestellt, die nun als CD und in Buchform erschienen ist. Die CD dokumentiert in 25 historischen Schellackaufnahmen aus den Jahren 1905 bis 1932 die Gesangsstile der Interpreten der Vergangenheit.

Humorvolle bis besinnliche Vierzeiler aus den verschiedensten Sozialschichten, auf sehr unterschiedlichen Sprachniveaus: vom gepflegten Wienerisch des Bürgertums bis zum Jargon der Wiener Halbwelt, vom urigen Dialekt der Wiener Umgangssprache bis zur ländlichen Mundart am Rande der Stadt und vom „Jiddeln“ der jüdischen Kabarettisten bis zum „Böhmakeln“ der ehemaligen Zuwanderer aus dem Norden.

Ein Blick in die musikalische Vergangenheit der Stadt zeigt, dass neben den Wienerliedern und der Schrammelmusik auch die Gstanzln im Volksmusizieren ihren Platz hatten. Scherz- und Spottgesänge sowie auch kritische Kommentare zu den aktuellen Ereignissen und Lebensumständen gehörten zum ständigen Repertoire der Volkssänger auf den Brettelbühnen, der Gesangskomiker in den Varietétheatern und der Stegreifsänger in den Heurigenensembles der Buschenschänken. Aus dem Umfeld der Stadt, den ehemaligen ländlichen Vororten und den Randgemeinden, stammen unzählige Gstanzlstrophen, die man auch aus dem alpinen Raum kennt, und die jüdische Jargonkomik der Zwischenkriegszeit fand in den Gstanzln ihren besonders originellen Ausdruck.

In Wien bedienten sich die Volkssänger des 19. Jahrhunderts immer schon dieser Form, um ihre humorvollen, spöttischen und auch zeitkritischen Aussagen zu vermitteln. Zunächst waren es die Veranstaltungssäle der Vorstadtwirtshäuser, später dann die Tingel-Tangel-Bühnen, die Vergnügungs-Etablissements, Singspielhallen und Varietétheater, in denen die Volkssänger, die Lokalsängerinnen, Brettlprimadonnen, Gesangskomiker oder Vortragssoubretten ihre Lieder, Duette, Couplets und Gstanzln vortrugen. Die Gstanzln hatten auch in den Volksstücken der Wiener Theaterbühnen ihren traditionellen Platz. Die Volksmusikensembles der Heurigenlokale in den Vororten hatten schließlich neben den instrumentalen Ländlern, Tänzen und Märschen auch sehr publikumswirksame Gesangseinlagen anzubieten. Zu den Duettisten, Jodlern oder Walzersängern gab es meist auch einen Stegreifsänger oder einen Heurigenkomiker, zu dessen Repertoire auch selbst erfundene oder überlieferte Gstanzln zählten.

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ISBN 9783900000004
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Verlag Bibliothek der Provinz
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FALTER-Rezension

Wolfgang Paterno in FALTER 46/2003 vom 14.11.2003 (S. 82)

Gstanzln sind: ungepflegtes Brauchtum, maulflinke Spottgesänge - und urwienerische Ausdrucksweise. Ein grandioses Buch präsentiert nun 1500 historische Vierzeiler.

Ernst Weber ist ein seriöser Herr, 67 Jahre alt, das ganze Arbeitsleben bei einer Bank. Im Gesicht hat er einen akkurat gestutzten Silberbart, an nassgrauen Tagen trägt er einen tadellosen Mantel. Er wirkt bodenständig und weltläufig zugleich. Einerseits. Andrerseits ist Weber seit Jahrzehnten vernarrt, regelrecht berauscht von Schlüpfrigkeiten, je pikanter, desto besser.

Weber, vom Habitus her immer noch Bankbeamter, greift nach dem grünen Buch vor ihm, ein weinseliger Trinker, fotografiert von Franz Hubmann, ist vorne drauf; Weber hat das Buch zusammengetragen und herausgegeben. Er zitiert, Seite 232, Gstanzl 1052:
"A paar blüahweiße Tutterln
Und a Arscherl dazua
Und die Virolinkugerln
Da hab i grad gnua",
imitiert er eine Vorortstimme. Ein Wiener Halbweltler, ein Buschenschanksänger, ein Varietékünstler könnte das irgendwann erfunden haben; als Potenzmittel galten anno dazumal "Virolinkugerln". Weber braucht anschließend nichts mehr zu sagen, man merkt es seinem leuchtenden Gesicht, dem lustig verzogenen Mund an: Gstanzln, auch die erotischen, sind ihm Lebensaufgabe und wunderbare Beschäftigung zugleich. Ein Schatz der Vergangenheit. Eine eigene Welt.

Nicht wenige Kapitel in der von Weber zusammengestellten, jüngst erschienenen Sammlung "1500 Gstanzln aus Wien und Umgebung" sind der Erotik gewidmet, Geschmacksrichtung: von deftig bis amüsant.
Beispiel:
"Von hinten is s guat
Und von hint tua i s gern,
Drum könnt i in Arsch
Um kan Preis net entbehrn."
Oder:
"Die Fotz die schaut zum Fenster raus
Und denkt sich wohlgeboren,
Da kommt der Schwanz von hint und vorn
Und wünscht ihr guten Morgen."

Da Weber, der jahrelang die Volksmusi-Sendung "Schene Liada - harbe Tanz" im Regionalprogramm moderierte, aber ein ernster Mann ist, der seine Mitmenschen nicht mit Gstanzln, und seien sie noch so gut, ungefragt traktiert, sind ihm die historischen Vierzeiler vor allem akademisches Forschungsgebiet: Er hat die (zumeist) in vierzeiliger Strophenform dargebotenen und oftmals nur mündlich überlieferten Gstanzln in Kapitel wie Kirche ("Der Pfarrer der predigt, die Liab is a Sünd"), Essen & Trinken ("Und dös guate Glaserl dös soll austrunken sein") oder Politik ("Im Parlament tan's wieder streiten") eingeteilt; er hat Stilmerkmale analysiert und altertümlichen Ausdrücken (wie etwa "Sankt Ottaklo - scherzhafte Bezeichnung für das ehemalige Weinhauerdorf Ottakring") nachgeforscht - kurz: Es gibt derzeit keine vergleichbare Publikation zum munteren Wiener Gesang.

"Es ist in Einzelfällen schwierig, die Gstanzlform von anderen Liedtypen wie Liederpotpourris oder Couplets abzugrenzen", erklärt Weber, auch sei ein flotter Spruch mit musikalischer Grundlage einer Ländlermelodie im 3/4-Takt nicht automatisch ein Gstanzl. Weber hat den aus dem 18. Jahrhundert bis nach 1945 datierenden Gstanzln zudem Unmengen an erklärenden Fußnoten beigefügt, er hat insgesamt 274 Quellen angeführt und in diversen Institutionen geforscht - vom
Archiv des Österreichischen VolksLiedWerks' über das Bezirksmuseum Meidling bis zur Musikaliensammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Herausgekommen ist, unter tatkräftiger Mithilfe von Attwenger-Unikum Hans-Peter Falkner, ein einsames Werk zur musikalischen Vergangenheit der Vorstadtwirtshäuser, der Tingeltangelbühnen und der Vergnügungsetablissements. Nachdem Falkner mit "1234 Gstanzln" und "567 Gstanzln" (beide: Bibliothek der Provinz) vor einigen Jahren die Vierzeiler der Provinz in Buchform herausgebracht hat, entdeckt und bündelt Weber nun mit "1500 Gstanzln aus Wien und Umgebung" das traditionelle Spotten der Großstadt. "In Wien bedienten sich im 19. Jahrhundert vor allem die Volkssänger dieser Form, um ihre humorvollen und zeitkritischen Aussagen zu vermitteln", sagt Weber, der kaum je einen, zumal touristen-kompatiblen Wienerliedabend besucht: "Viel zu kitschig, viel zu schlechte Qualität."

Da die mitunter graue Theorie, hier das durchaus auch lustbetonte Wiener Wesen. Im "Altwiener Glossar" am Ende des Bandes ist für "Geschlechtsverkehr" angeführt: "vögeln, fegln, pudern, budern, pumpern, schuastern, nageln, wetzen, hobeln; metaphorische Umschreibungen: fegen, kihrn (kehren), petschieren, dengln (schleifen), das Wieserl machen, heugnen (das Heu einbringen), zitherschlagen, reiten, tupfen, flicken, bombardieren, Hupfer, giglgogln, buckeln". Liest das im gedehnten Tonfall der Gegend Ernst Weber, ernster Erforscher der Gstanzl-Gesänge, dann verzieht sich der Silberbart zum leisen Lächeln.

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