Das Fenster

Roman
268 Seiten, Hardcover
€ 22
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ISBN 9783902497703
Erscheinungsdatum 23.02.2010
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Jung u. Jung
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Kurzbeschreibung des Verlags

Ist die Kugel, die durch diesen Roman fliegt, je abgefeuert worden? Und wenn ja, wird sie ihr Ziel erreichen, oder wird die Verlangsamungstaktik des Erzählers diesen Schuss aufhalten können? Dies ist die Geschichte einer Familie, die unter den Folgen eines Ereignisses leidet, für das es zwar viele Vorzeichen und Hinweise gab, das aber womöglich nie stattgefunden hat.Richard Obermayr hat einen Roman über das flüchtigste und zugleich unwiederrufbarste Element geschrieben: die Zeit. Tag für Tag geht sie durch uns hindurch und häuft sich als eine Vergangenheit auf, von der wir nicht wissen, was mit ihr geschieht. Ist es möglich, dass diese gelebte Zeit hinter uns weiterreift, ja dass jene Teile unserer Persönlichkeit, die wir zurücklassen mussten, um die zu werden, die wir heute sind, sich hinter unserem Rücken, hinterrücks, gegen uns verbünden? Was ist, wenn eines Tages die Vergangenheit uns nicht mehr braucht und ohne uns weiterlebt?Als Richard Obermayr vor über zehn Jahren seinen ersten Roman vorlegte, wirkte er ebenso verstörend wie begeisternd. Ein neuer Autor war auf den Plan getreten, dem man Außerordentliches zutraute. Zu Recht: Sein zweiter Roman löst das Versprechen, das der erste gab, auf glänzende Weise ein.

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ISBN 9783902497703
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FALTER-Rezension

"Ich bekomme Herzrasen beim Schreiben"

Sebastian Fasthuber in FALTER 10/2010 vom 12.03.2010 (S. 24)

Nach zwölf Jahren meldet sich Richard Obermayr mit dem Roman "Das Fenster" zurück. Eine Begegnung

Es dauerte eine Weile, bis ich wieder zu mir kam. Ich hatte etwas entdeckt, das ich nicht erwartet hatte und das anscheinend nur für mich bestimmt war. Bis zu diesem Moment dachte ich, das Leben bleibe immer nur für einen Augenblick gültig und alle unsere Gedanken und Gefühle würden in einem Dunkel versinken, das sie aufnimmt, ohne eine Spur von ihnen zurückzulassen. Was aber, wenn die Vergangenheit sich jeden ­Augenblick merkt und sich hinter uns ein zweites Leben ansammelt, in einer Welt, in der nichts verlorengeht, in der kein Gras, durch das der Wind fährt, aufhört zu zittern?"
Was mit diesen Augenblicken passiert und wie die Vergangenheit hinter unserem Rücken weiterlebt und womöglich auch weiterreift, ergründet der aus Oberösterreich stammende und heute in Wien lebende Richard Obermayr in seinem Roman "Das Fenster". Ein Kind bleibt nach dem Ende der Vorstellung im Zirkus sitzen, womöglich für immer. Schauspieler proben auf mehreren Bühnen parallel stets dieselben paar Szenen. Ein Mann kehrt – im Traum? – immer wieder an die Orte seiner Kindheit zurück, sieht die Mutter in unterschiedlichen Situationen am Fenster stehen.
Mag sein, die Gegenwart macht als solche schon einen ziemlich verbrauchten Eindruck, und die große Erzählung ist schon vor geraumer Zeit in Misskredit geraten. Warum also nicht diesen kleinen Flashbacks und Epiphanien nachspüren, in denen man sich schlagartig wieder der eigenen Existenz bewusst wird? Hoppla, da war ja noch was!

"In der Mitte des Buches gibt es eine kleine Liebesgeschichte", erklärt Richard Obermayr seine Arbeitsweise. "Eine Dame hat mir einen Wasserkrug von Ricard geschenkt. Ich sitze da also in meiner melancholischen Stimmung, schaue den an, und mir fällt auf: Dem fehlt nur ein Buchstabe auf Richard! Der eine Atem, der nicht da war, um unserer Liebesgeschichte Leben einzuhauchen. Dann denke ich mir: Genau, das ist ja das Thema. Als Nächstes muss ich sofort überprüfen, wie dieses Bild mit all den anderen Bildern korrespondiert."
Wenn Obermayr – mehr oder weniger atemlos – über sein Schreiben spricht, ist das nicht einfach eine Erklärung. Binnen zwei Minuten befindet sich der 39-Jährige mitten in seiner Arbeit, in dem, was er "mein Verfahren" nennt. Man hat das Gefühl, ihm bei Selbstgesprächen am Schreibtisch zu lauschen. So nahe lassen einen die wenigsten Autoren an sich heran. Selbstschutz, das merkt man schnell, ist im Verfahren Obermayrs nicht vorgesehen. Der Mann gibt alles oder nichts.
Obermayr ist Sprachartist und Perfektionist. Er entwirft mit Worten Bilder von erstaunlicher Eigenständigkeit und Unverbrauchtheit, interpretiert später virtuos das Material, das er über Jahre angesammelt hat. Er wiederholt und variiert es immer wieder, stimmt die Bilder und Sequenzen aufeinander und auf ihre Umgebung ab, versucht, einem jeden Bild den gebührenden Auftritt zu ermöglichen.
"Über Tage eine Spannung aufrechterhalten" ist für ihn eine Umschreibung höchsten Schreibglücks. "Ich muss alles präsent halten, das halte ich aber nicht lange durch. Ich bekomme Herzrasen beim Schreiben." Literatur als Hochleistungssport und Wahnsystem.

Obermayr spricht gern übers Gelingen. Gescheitert ist er lang genug. 1998 erschien sein Debütroman "Der gefälschte Himmel", das schwer lesbare Erstlingswerk eines außergewöhnlichen Talents, ein Buch, das ausnahmsweise die abgegriffene Bezeichnung Geniestreich verdient. Nur dass sich der Streich am Ende gegen das Genie selbst wendet. Das Kritikerlob war ihm suspekt, mit der aufkeimenden Erwartungshaltung konnte er noch weniger umgehen. Nichts ging mehr.
Eine Zeitlang versuchte es das Original Obermayr ausgerechnet mit Imitation: "Ich wollte mich dafür bestrafen, dass dieses Buch unlesbar ist, und stattdessen ganz schlicht erzählen. Ich war wie dieser Zelig von Woody Allen. Ich habe alles großartig gefunden, was ich gelesen habe, mir gedacht: Ja, so könnte ich auch schreiben. Alles war heilig, alleine schon, weil es sich zwischen zwei Buchdeckeln befand."
Die Versuche konventionellen Erzählens waren jedoch zum Scheitern verurteilt. Am Ende musste sich der Autor eingestehen: "Ich bin ein One-Trick-Pony, ich beherrsche nicht das ganze Spektrum der Literatur. Dann habe ich Frieden mit meinen Talenten gemacht. Ich wollte endlich wieder meiner Neigung nachgehen."
"Das Fenster" erscheint zwölf Jahre nach "Der gefälschte Himmel". In diesem Zeitraum haben etwa zur gleichen Zeit gestartete Kollegen wie Daniel Kehlmann oder Arno Geiger (dem Obermayr freundschaftlich verbunden ist) nicht nur eine Menge Bücher in die Welt gesetzt, sondern auch Karriere gemacht. Obermayr kam derweil irgendwie durch: "Man kann mit sehr wenig Geld auskommen."
Stärker noch als ökonomische Existenzsorgen plagt ihn die Angst, blutleer zu schreiben. Er ist kein Erzähler, er umkreist Ereignisse und Erinnerungen, ohne sich wirklich auf eine Geschichte festzulegen. Im neuen Roman führt er eine Pistole ein, lässt aber gegen alle Regeln bis zuletzt nicht recht durchblicken, ob aus ihr jemals ein Schuss abgefeuert wurde. Dadurch besteht die Gefahr, unverbindlich zu werden. "Innerhalb des Durchprobierens muss man ein Ziel erreichen wollen", umreißt Obermayr seine neu abgestimmte Poetologie, die dem Unverbindlichen vorschützen soll.
Dass "Das Fenster" keine Aneinanderreihung von Sprachkunststücken geworden ist, liegt vielleicht auch nur am autobiografischen Herz des Romans. Gegen das Wissen darum, dass es eigentlich nicht zulässig ist, den Ich-Erzähler mit dem Autor gleichzusetzen, tut man es in diesem Fall trotzdem mit gutem Gewissen. Der Text gibt zwar nur wenig Preis über den Autor und die melancholische Sphäre, in der er aufgewachsen sein muss, und doch erfährt man sehr viel über ihn.

Am Cover findet sich sogar ein Foto, das die Eltern des Autors, dessen großen Bruder und einen Kinderwagen zeigt, in dem wohl der Künstler als Baby liegt. "Ich wollte meine Eltern aber nicht ausstellen in dem Buch", beteuert Obermayr. "Meine Mutter ist in Wahrheit keine Klavierlehrerin, mein Vater, um Gottes Willen, alles andere als ein Spieler. Aber die Grundstimmung ist autobiografisch, ebenso das Voralpenland als Landschaft und als Gegenstück Frankreich, wo mein französischer Großvater durchschlägt." Pause. "Und der Zirkus. Mostbirnen sind auch so eine Erinnerung."
Und wieder wandert Richard Obermayr die Straße der Erinnerung entlang. Wie jeder große Obsessive kann er nicht anders. So froh er ist, Buch zwei nach all den Rückschlägen und Umwegen doch zu einem guten Ende gebracht zu haben und nun in Händen zu halten, sehnt er sich schon ein bisschen danach, sich auf ein Neues in seinem Verfahren zu verlieren und alles mit allem zu verknüpfen: "Jede Beschreibung inkludiert für mich die Sehnsucht nach einer noch genaueren Beschreibung. Pathetisch formuliert kann Literatur den Wert des Lebens erhöhen. Man spürt plötzlich ein Begehren, von dem man gar nichts gewusst hat. Das mag aus der Zeit gefallen klingen, aber das ist durchaus mein Credo."

Lesung am 25.3., 19 Uhr in der Alten Schmiede (1., Schönlaterngasse 9)

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