

Österreich heute: Kommunismus mit Kaiser
Sebastian Fasthuber in FALTER 31/2020 vom 31.07.2020 (S. 28)
Wir kamen am 13. Juli 2020 abends 6 Uhr in Salzburg, einer reizend gelegenen Kreisstadt, an, welche einmal ziemlich volkreich war und gegenwärtig nur etwa 1500 bleibende Einwohner zählt, aber immer an 2500 bis 3000 Fremde beherbergt.“ Wir befinden uns im aktuellen Sommer, doch von Corona keine Spur. Die Festspielmetropole ist ein unbedeutendes Städtchen.
Auch Wien wirkt merklich geschrumpft. Tulln hat sich dafür zur Metropole gemausert. Hä? Der Roman „Österreich im Jahre 2020“ ist in der Gegenwart angesiedelt, es handelt sich jedoch um eine Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Utopie des Juristen und Autors Josef von Neupauer. Zwei Amerikaner besuchen Österreich und schildern ihre Eindrücke. Die Erstveröffentlichung erfolgte 1893 im Verlag Edgar Pierson, wo ein paar Jahre zuvor „Die Waffen nieder!“ von Bertha von Suttner erschienen war. Dem Luftschacht Verlag, der den Text nun wieder ausgegraben hat, ist ein hübscher Fund geglückt.
Der Reiz der heutigen Lektüre besteht zunächst darin, Neupauers Visionen mit der Realität abzugleichen. Seine prophetischen Fähigkeiten hielten sich in Grenzen: Als besten österreichischen Weinjahrgang vermerkt er 1985, das Jahr des Glykolwein-Skandals. Sein Gesamtbild ist nicht minder grotesk als unfreiwillig komische Details dieser Art.
Spannend allerdings auch: Österreich hat den Kommunismus verwirklicht. Geld spielt keine Rolle mehr, es wurde abgeschafft. Die zentralisierte Staatswirtschaft scheint allen Menschen gutzutun, jedenfalls machen sie auf die Besucher einen zufriedenen Eindruck. Vielleicht liegt das auch daran, dass es nach wie vor einen Kaiser gibt. Monarchie und Hochadel dienen als Stabilisatoren und Repräsentanten des Schönen. Kommunismus ja, aber nicht ohne Empfänge, an denen grundsätzlich das ganze Volk teilnehmen kann, und a bissl a Hetz!
Wir kamen am 13. Juli 2020 abends 6 Uhr in Salzburg, einer reizend gelegenen Kreisstadt, an, welche einmal ziemlich volkreich war und gegenwärtig nur etwa 1500 bleibende Einwohner zählt, aber immer an 2500 bis 3000 Fremde beherbergt.“ Wir befinden uns im aktuellen Sommer, doch von Corona keine Spur. Die Festspielmetropole ist ein unbedeutendes Städtchen.
Auch Wien wirkt merklich geschrumpft. Tulln hat sich dafür zur Metropole gemausert. Hä? Der Roman „Österreich im Jahre 2020“ ist in der Gegenwart angesiedelt, es handelt sich jedoch um eine Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Utopie des Juristen und Autors Josef von Neupauer. Zwei Amerikaner besuchen Österreich und schildern ihre Eindrücke. Die Erstveröffentlichung erfolgte 1893 im Verlag Edgar Pierson, wo ein paar Jahre zuvor „Die Waffen nieder!“ von Bertha von Suttner erschienen war. Dem Luftschacht Verlag, der den Text nun wieder ausgegraben hat, ist ein hübscher Fund geglückt.
Der Reiz der heutigen Lektüre besteht zunächst darin, Neupauers Visionen mit der Realität abzugleichen. Seine prophetischen Fähigkeiten hielten sich in Grenzen: Als besten österreichischen Weinjahrgang vermerkt er 1985, das Jahr des Glykolwein-Skandals. Sein Gesamtbild ist nicht minder grotesk als unfreiwillig komische Details dieser Art.
Spannend allerdings auch: Österreich hat den Kommunismus verwirklicht. Geld spielt keine Rolle mehr, es wurde abgeschafft. Die zentralisierte Staatswirtschaft scheint allen Menschen gutzutun, jedenfalls machen sie auf die Besucher einen zufriedenen Eindruck. Vielleicht liegt das auch daran, dass es nach wie vor einen Kaiser gibt. Monarchie und Hochadel dienen als Stabilisatoren und Repräsentanten des Schönen. Kommunismus ja, aber nicht ohne Empfänge, an denen grundsätzlich das ganze Volk teilnehmen kann, und a bissl a Hetz!