

Kirstin Breitenfellner in FALTER 4/2019 vom 25.01.2019 (S. 32)
Romane über Kindheitsfreundinnen gibt es viele. Zumeist wird darin eine Freundin von der anderen bewundert, und am Ende gibt es ein Zerwürfnis. So auch im Roman von Gudrun Seidenauer. Maries Eltern sind brave Kleinbürger, während der Vater der neu zugezogenen Mella in einer Band spielt und ihre Mutter an Wahnvorstellungen leidet. Marie verliebt sich in diese Welt, Mella braucht die Normalität von Maries Familie. Doch der Schatten der kranken Mutter scheint übermächtig.
Seidenauer dringt tief in die Lebens- und Gefühlswelt der Protagonistinnen ein und macht die Untrennbarkeit von Liebe und Neid, von Symbiose und Autonomiestreben erfahrbar, ohne sich in Fatalismus zu flüchten. 20 Jahre später treffen die beiden Frauen in Tokio aufeinander und stellen sich ihrer Vergangenheit. Ein beeindruckend dichtes, vielschichtiges und wahrhaftiges Stück Literatur.