

Liebe, Sex und Zärtlichkeit â schwierig
Sebastian Fasthuber in FALTER 22/2011 vom 03.06.2011 (S. 23)
"Nur Du, und nur Ich" von Christian Uetz (Jg. 1963) ist ein verdammt merkwürdiges Büchlein, das in der Form nur bei Secession erscheinen konnte. Im Herbst 2010 gegründet, hat sich der Verlag von Christian Ruzicska (vormals Tropen Verlag) und Susanne Schenzle mit nur zwei Programmen bereits einen sehr guten Namen gemacht. Secession veröffentlicht Bücher von zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Autoren in Neuübersetzungen sowie neue Literatur, die sich etwas traut und dem Leser einiges zumutet. Der Verlag wird so zu einem Auffangbecken für Autoren, für die sich trotz ihrer literarischen Qualitäten im Literaturbetrieb niemand zuständig fühlt, die aufgrund des Zeitgeists durch den Raster der Verlagslandschaft fallen.
Womit wir bei Christian Uetz wären. Der Schweizer Lyriker und Spoken-Word-Poet ist ein Unikum, wie man bei einem Auftritt im Vestibül des Burgtheaters vor zwei Jahren feststellen konnte. Der Mann entblößt sich mit seinen Texten und tritt als Performer dem Publikum zu nahe. Ähnliches gilt auch für "Nur Du, und nur Ich", seinen ersten Roman, den sich sein bisheriger Verlag Suhrkamp offenbar nicht antun wollte. Laufend überschreitet Uetz Grenzen – zur Peinlichkeit, zur Pornografie, nicht zuletzt zum vollmundigen Pathos.
"Was macht die Liebe aus? Dass sie sich nirgendwo ausmachen lässt, das macht sie aus." Einer hat eine getroffen. Und jetzt leidet er darunter. Denn obwohl sie mehrfach das Bett und mehr miteinander geteilt haben, ergreift sie doch immer wieder die Flucht und taucht für längere Zeit
unter. Mit lustvoller Radikalität und ohne Gott und Geld auszusparen, erzählt Uetz die Geschichte einer Liebe, ein Liebes- und Sex-Exerzitium in mehreren Aufzügen oder einen "Roman in sieben Schritten", wie der Untertitel lautet. Trunken vor Sprache macht er das körperliche Begehren, noch mehr aber das seelische Leid sinnlich nachvollziehbar. Man könnte 100 Stilblüten aus dem 99 Seiten dünnen Buch aufzählen. Am Gewinn, mit dem man diese lyrische Prosa liest, würde es nichts ändern. Christian Uetz hat alle Antennen ständig ausgefahren. Das ist anstrengend, aber schön.