An Liebe stirbt man nicht

250 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783906910161
Erscheinungsdatum 28.08.2017
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Secession Verlag für Literatur
Übersetzung Paul Sourzac
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Kurzbeschreibung des Verlags

Spricht man in Frankreich von der Liebe, kommt man früher oder später auf Jean Racine, den größten Tragödienautor Frankreichs – vor allem wenn man von jener Liebe spricht, der kein glückliches Ende beschert ist. Und doch ist Racine
mehr als all die geflügelten Worte, zu denen viele seiner Verse geworden sind. Zwischen all dem klassisch weißen Marmor lauern die Schatten.
»Eine Trennung ist keine Nichtigkeit«, schreibt Racine im Vorwort zu seiner Tragödie Bérénice – und Nathalie Azoulai nimmt ihn beim Wort. Ihre Bérénice, eine Frau des 21. Jahrhunderts, wird verlassen; Titus, ihr Liebhaber, kehrt zurück zu Frau und Familie. Und tatsächlich – die Worte Racines sind ihr ein Trost; sie erkennt sich in ihnen wieder; sie bedient sich wie in einem »Selbstbedienungsladen für Liebeskranke«. Doch wie konnte ein Mann des 17. Jahrhunderts so treffend über die Liebe und das Leid und den Schmerz nach deren Ende schreiben – zumal aus der Perspektive einer Frau?
Mit Bérénice taucht Azoulai ein in das Leben Jean Racines, zeigt dessen Aufstieg vom Waisenkind im strengen Kloster Port-Royal zum Günstling Ludwigs XIV., die Zerrissenheit zwischen der jansenistischen Askese und dem Prunk am Hof des
Sonnenkönigs. Und immer sind ihm Sprache und Literatur Anker und Kompass: die verbotenen und im Verborgenen gelesenen Texte Vergils und Heliodors als Kind und die Suche nach neuen Ausdrucksformen der Liebe und Leidenschaft als
immer erfolgreicherer Dichter.
Nathalie Azoulai spiegelt ihre Bérénice der Gegenwart in der Lebensgeschichte ihres Schöpfers und dessen éducation sentimentale im Schmerz seiner Figur, Bérénice. Und so wird dieser berückend schöne und filigrane Text zu weit mehr als
einer Biographie oder einem historischen Roman: Nathalie Azoulai zeigt die Universalität der Leidenschaft und des Kummers über die Jahrhunderte hinweg und beschreibt so eine Topographie der Sprache der Liebe.

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ISBN 9783906910161
Erscheinungsdatum 28.08.2017
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FALTER-Rezension

Wie viel Halt findet man im Alexandriner?

Wiebke Porombka in FALTER 41/2017 vom 13.10.2017 (S. 12)

Nathalie Azoulai nimmt einen Umweg über das 17. Jahrhundert, um die großen Fragen an die Literatur der Gegenwart zu stellen

Eine Frau wird verlassen, der geliebte Mann kehrt zurück zu Gattin und Kindern. Die Verlassene bleibt allein mit ihrem Schmerz. Die Ausgangsszene von Nathalie Azoulais Roman „An Liebe stirbt man nicht“ mag realitätsgesättigt sein, ein Stereotyp bleibt sie allemal, so dass die 1966 geborene französische Autorin gut daran tut, die Umstände der Trennung lediglich vage und recht eilig zu skizzieren. Denn Azoulai – von dem groschenhefttauglichen Titel der deutschen Ausgabe sollte man sich nicht täuschen lassen – geht es in ihrem Roman um nichts weniger als die freilich nicht pathosfreie Frage, ob und wie Literatur uns von der Qual heilen kann, der seelischen wie der körperlichen, in die uns eine unerfüllte Liebe stürzt.

Weil die Trostversuche ihrer Umgebung ihr schal anmuten, flüchtet sich die unglücklich Liebende in die Lektüre Jean Racines. Dass sie sich Bérénice nennt und den vergeblich begehrten Mann Titus verweist schon auf ein Stück des französischen Dramatikers, dessen Tragödien von maßlosem, sich über alle gesellschaftlichen Konventionen hinwegsetzendem, stets unerfülltem, also desaströsem Verlangen angetrieben werden.
Unter dem Vorwand herauszufinden, warum ein Mann des 17. Jahrhunderts derart treffend die Gefühle einer Frau des 21. Jahrhunderts in Worte zu fassen versteht, gräbt sich Bérénice immer tiefer nicht nur in die Dramen, sondern auch in das Leben Racines. Schon nach wenigen Seiten ist ihr Roman keine im Heute angesiedelte Liebesgeschichte mehr, sondern eine literarisierte Biografie Racines, jenes im Kloster aufgewachsenen Waisenjungen, der in Paris reüssiert und es dort sogleich mit Corneille und Molière aufnimmt.

Aber wenn es für die heutige Bérénice das laute Sprechen der Verse Racines ist, das ihr zumindest ein wenig Halt verleiht, wenn es der Rhythmus der Alexandriner ist, der das aufgewühlte Atmen beruhigt, dann bereiten auch das Klosterleben oder die Ranküne im höfischen Theater allenfalls die Kulisse für Reflexionen über die Literatur selbst.
Liegt Racines unbedingter Wille zum Schreiben nicht darin begründet, dass die Grammatik dem elternlosen Jungen ein Geborgensein zumindest in der Sprache beschert? Und schreibt nicht bereits der heranwachsende Jean durch das Übersetzen antiker Autoren an einer überzeitlichen Vorstellung der Liebe mit, die weniger auf realem Gefühl als auf sprachlicher Struktur und deren Wirkung beruht? Ist es womöglich die schöne Literatur selbst, die uns die Liebe und mit ihr all das heillose Unglück und Leid allererst einpflanzt?
Recht bald hat man sich einigermaßen behaglich eingerichtet in dieser Mischung aus poetologischen Überlegungen und historischem Budenzauber und verschwendet kaum noch einen Gedanken an den ursprünglichen Erzählanlass. Umso brachialer der Moment, in dem Azoulai nicht nur uns den sicher geglaubten Boden unter den Füßen wegzieht, sondern natürlich vor allem Bérénice, die, seitdem ihr Geliebter sie verließ, nichts mehr von ihm gehört hat. Als sie nun eine Nachricht von dessen Gattin erhält, bringt das, was Bérénice darin mitgeteilt wird, deren sorgfältig gezimmerte poetische Überlebenskonstruktion in wenigen Sekunden zum Einsturz.
Vorerst jedenfalls. Bérénice wird einen neuerlichen Versuch unternehmen, sie wird sich wieder in Racine hineinwühlen, wenngleich sie spätestens jetzt weiß, dass die Literatur uns zwar ein Stück weit über das Leben hinwegtragen kann, der emotionale Absturz hernach aber umso krachender ausfällt.

Jeder füge sich seine eigenen Narben zu, merkt Racines Lehrer Hamon einmal an. Mit den Narben meint er die Kommentare und ­Gedanken, die ein Text bei dem oder der ­Lesenden hervorruft. Auch Nathalie ­Azoulais „An Liebe stirbt man nicht“ provoziert beglückenderweise Blessuren, die nicht einwandfrei verheilen werden. Vielleicht selbst bei jenen, die der ungebrochen hohe Ton dieses Romans zunächst ein wenig befremden mag.

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