Retromania

Warum Pop nicht von seiner Vergangenheit lassen kann
424 Seiten, Buch
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ISBN 9783931555290
Erscheinungsdatum 01.01.2013
Genre Musik/Musikgeschichte
Verlag Ventil Verlag
Übersetzung Chris Wilpert
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Kurzbeschreibung des Verlags

Warum Gestern das neue Heute ist.

Wir leben in einem Zeitalter des Pop, das völlig verrückt ist nach ständiger Erinnerung: Wiedervereinigungen von Bands und endlose Reunion-Touren, umfangreiche Wiederveröffentlichungen von Klassikern, mit Outtakes vollgestopfte Box-Sets, Neuverfilmungen oder Fortsetzungen sattsam bekannter Filme, Nostalgie-Shows und Bildbände über drittklassige TV-Stars aus der Kindheit. Nur: Was wird passieren, wenn der Popindustrie die Vergangenheit ausgeht? Steuern wir auf eine Art kulturell-ökologische Katastrophe zu, wenn das Archiv restlos geplündert und der Strom der Popgeschichte endgültig versiegt ist?

Simon Reynolds, einer der bedeutendsten zeitgenössischen Musikjournalisten, behauptet, dass wir längst den kritischen Punkt überschritten haben. Auch wenn sich in früheren Dekaden obsessiv mit der Vorzeit auseinandergesetzt wurde, nie zuvor war eine Gesellschaft so besessen von den kulturellen Produkten ihrer unmittelbaren Vergangenheit. “Retromania” ist das erste Buch, das sich mit der Retro-Industrie beschäftigt und fragt, ob wir uns von den Versprechen des Pop - Originalität, Innovation und Subversion - einfach verabschieden müssen und wie die Zukunft einer Popkultur aussieht, die in einem Kreislauf aus Sampling, Wiederholung und Musealisierung gefangen zu sein scheint?

Die deutsche Übersetzung von “Retromania” bevorwortet Didi Neidhard, Redakteur des “skug - Journal für Musik”. Als “Bonustrack” findet sich in “Retromania” erstmals in gedruckter Form ein Essay von Simon Reynolds, der sich mit dem Mythos der künstlerischen Originalität vor dem Hintergrund der aktuellen Copyright-Debatten beschäftigt.

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ISBN 9783931555290
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Verlag Ventil Verlag
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FALTER-Rezension

Wiederauflegen, wiederholen, sampeln

Nikolaus Stenitzer in FALTER 41/2012 vom 12.10.2012 (S. 50)

Musik: Simon Reynolds erklärt, warum der aktuelle Retro-Hype sich beim Pop besonders falsch anfühlt. Fulminant

Simon Reynolds erzählt ein Popmärchen, und er beginnt mit dem bitteren Ende. Pop ist in der Endlosschleife gelandet. Seit den Nullerjahren habe "Retro" überall das Kommando übernommen: in der Kunst, in der Mode, im Kino, im Fernsehen.
Ein Revival jagt das nächste, und während Reynolds sich noch darüber amüsieren kann, dass ein Format wie "I love the Millennium" – eine Art Nostalgieshow, die die Skurrilitäten der Nullerjahre präsentiert – schon 2008 im amerikanischen Fernsehen lief, hört sich bei ihm der Spaß auf, wenn es um Musik geht.

"Obwohl man überall auf Spuren von Retro trifft, nimmt es gerade in der Popmusik überhand. Und dort fühlt es sich besonders falsch an. Bei Pop ging es doch um die Verheißung der Gegenwart, oder?"
Retro ist lächerlich und uninspiriert; in der Popmusik ist es Verrat. Reynolds hat sich, als der "Stoffwechsel des Pop" noch in Ordnung war, in der Postpunk-Szene bewegt und mit "Rip it up and start again. Postpunk 1978–1984" (2006) ein vielbeachtetes Buch darüber geschrieben.
Damals, in den 1980er-Jahren, sei Pop noch in der Lage gewesen, Unerwartetes, "Wegweisendes" hervorzubringen – also in die Zukunft zu zeigen –, aber auch noch später, im Techno der 1990er-, und natürlich erst recht früher, im Psychedelic der 1960er-, im Punk der 1970er-Jahre. Und jetzt? Jetzt ist Retro.
Reynolds arbeitet sich akribisch durch wiederaufgelegte, wiederholte, gesampelte kulturelle Produkte. Es geht ihm darum zu zeigen, was anders geworden ist in der Popmusik, die ja die Gegenwart immer auch mit Blick auf die eigene Vergangenheit verheißen hat, vom Neo-Folk der 1960er-Jahre bis zum "endlosen Fifties-Revival", und er schreibt zu diesem Zweck eine Geschichte des popmusikalischen Zitierens und Sich-aufeinander-Beziehens, die sich durchaus sehen lassen kann.
Die postulierte Rückwärtsgewandtheit der Gegenwart des Pop illustriert Reynolds anhand naheliegender Beispiele wie der Tendenz erfolgreicher Independent-Bands, ihre "klassischen" Alben nach Jahrzehnten wieder live zu spielen (wie Sonic Youth, die 2008 mit "Daydream Nation" von 1988 auf Tour gingen).
Das eigentliche Zeitbild aber seien die Retrotendenzen in der gegenwärtigen Musik: getreues Nachbilden vergangener Stile – The White Stripes, The Horrors und neue Musikproduktionen, die aus beliebigen Mash-ups zitierter Sounds bestünden.

Einem frustrierenden "Heute" muss ein besseres "Damals" gegenüberstehen. Reynolds "Damals"-Kapitel ist allerdings keine Beschwörung einer guten, alten, retrofreien Zeit, sondern eine Auseinandersetzung mit der Wiederholung vor dem Sampling, mit den Zeitkapseln von Punkrevivals und dem endlos selbstreferenziellen Rockabilly.
Reynolds ist ein viel zu guter Kenner der Popgeschichte und auch ein zu guter Erzähler, als dass seine Ausführungen zum bloßen Lamento verkommen würden; unübersehbar ist aber seine Unzufriedenheit mit dem Status quo, unmissverständlich die Forderung nach Innovationen, Originalem und Originärem.

Mit Popprodukten, die diese Kriterien nicht erfüllen, wird dabei nicht zimperlich verfahren: Ironie sei ein "Krebsgeschwür", zitiert sich Reynolds selbst, um zu präzisieren: "Der Ausdruck für diese Wucherungen im gesamten Körper, Metastasen, bringt ganz nebenbei die Krankheiten des postmodernen Pop auf den Punkt: Es gibt eine tiefgreifende Verbindung zwischen Meta (Referenzialität, Kopien von Kopien) und Stasis (das Gefühl, die Popgeschichte sei zum Stillstand gekommen)."
Dass so markige Worte zum Widerspruch herausfordern, versteht sich von selbst. Reynolds musste sich nach dem Erscheinen seines Buches in den USA 2011 einiges an Kritik gefallen lassen. Der Bonus der deutschen Ausgabe: Sie enthält nicht nur das (exklusiv für die Übersetzung verfasste) Nachwort, mit dem sich Reynolds gegen seine Kritiker verteidigt, sondern auch ein ausgezeichnetes Vorwort von Didi Neidhart (skug). Die vormalige Kampfschrift wird damit zu einer Diskussion voller Popgeschichte, einem kritischen Vergnügen.

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