Export A

272 Seiten, Hardcover
€ 21.6
-
+
Lieferung in 7-14 Tagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783943167030
Erscheinungsdatum 01.02.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Verbrecher
LieferzeitLieferung in 7-14 Tagen
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

In Kanada, diesem für sie fremden Land, muss sich Lisa Kerz in das Highschool-Leben mit seinen neuen Regeln und Hierarchien einfügen. Und sie ist hin- und hergerissen zwischen den Extremen: auf der einen Seite das aufregende Neue, die Stoner, verlorene Jungs, die sie kennenlernt und mit denen sie schließlich in eine Wohngemeinschaft zieht – mit Punkrock, Drogen, Alkohol, Hunger und Zärtlichkeit. Auf der anderen Seite stehen die sonntäglichen Kirchenbesuche mit der Schwester, mit Predigten, die einer ausgeklügelten Choreografie folgen und angefüllt sind von Gottesliebe, aber auch von Warnungen vor dem Teufel und dem Bösen – und die unbedingte christliche Demut und Enthaltsamkeit verlangen. Lisa droht, zwischen der Angst vor der ewigen Verdammnis und ihrem wilden Leben zerrieben zu werden. Als sei das noch nicht genug, geschieht Lisa etwas Unsagbares, das alles verändern wird, und sie lädt eine Schuld auf sich, die sie ihr ganzes Leben begleiten wird.
In Rückblenden und mit feinsinniger Montagetechnik erzählt Lisa Kränzler in einer wunderbaren Sprache vor der Folie einer in Eis und Kälte erstarrten Landschaft, die Isolation bedeutet, von Einsamkeit und Erwachsenwerden, von Ekstase und Schuld. Ein packender Debütroman!

Mehr Informationen
ISBN 9783943167030
Erscheinungsdatum 01.02.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Verbrecher
LieferzeitLieferung in 7-14 Tagen
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Not So Sweet Sixteen

Sebastian Fasthuber in FALTER 10/2012 vom 09.03.2012 (S. 29)

Lisa Kränzler und Cornelia Travnicek erzählen, wie mühselig und aufregend das Erwachsenwerden sein kann

Sechs Jahrzehnte nach "Der Fänger im Roggen" originell über das Pubertieren und Erwachsenwerden zu schreiben, ist nicht leicht. Und doch gibt es immer wieder Geschichten, die erzählt werden wollen. Und es gibt auch Wege, die an den allerorts lauernden Klischeefallen vorbeiführen – man denke nur an Wolfgang Herrndorfs furiosen Jugendroman "Tschick" (2010), in dem sich zwei 14-Jährige auf große Fahrt begeben und zwischen Selbstüberschätzung und Selbstzweifeln die Reise ihres Lebens machen. So was lesen auch ältere Semester gern.
Das Romandebüt der deutschen Künstlerin und Autorin Lisa Kränzler (Jg. 1983) zählt ebenfalls zu den originelleren Anstrengungen, auf dem Coming-of-Age-Sektor zu reüssieren. "Export A" lässt das Highschool-Jahr, das eine 16-jährige Deutsche 2000/01 in Kanada verbrachte, zehn Jahre danach Revue passieren. Dass die Heldin und Ich-Erzählerin Elisabeth "Lisa" Kerz der Autorin namens- und altersmäßig ziemlich nahe kommt und man an manchen – besonders den argen – Stellen nicht anders kann, als sich die Frage nach dem autobiografischen Gehalt zu stellen, trägt zum Reiz der Lektüre bei.
Wie Herrndorfs empfindsamer Held leidet auch Elisabeth an den alterstypischen Schwankungen zwischen waghalsigem Übermut und Niedergeschlagenheit. Ihre ersten Wochen in Kanada verlaufen noch recht ereignisarm. Die Protagonistin sitzt in ihrem kleinen Zimmer und arbeitet abends aus Langeweile das Oxford English Dictionary durch. Natürlich bezieht sie alles, was sie liest, auf sich selbst: "abandoned (ich), able (nichts kann man tun, nichts!), absolute (solitude), acceptable (NOT!), accept (I won't!) (...)."

Die Einsamkeit versucht Elisabeth abzuschütteln. Schnell streckt sie, zu Hause als brave Vorzugsschülerin bekannt, in der Fremde die Fühler nach den coolen Leuten aus. Als sie eines Abends tüchtig dem Wodka zuspricht, bringt ihr das neben dem Spitznamen "German sailor" auch Anerkennung in den einschlägigen Gruppen. Bald häufen sich die Fehlstunden, -tage und -wochen. Schließlich bezieht Elisabeth zusammen mit drei – geringfügig –
älteren Burschen ein Reihenhaus,
das in der Folge zur Partyhütte avanciert. Fad ist es hier nur an den Vormittagen: Eigentlich sollte man in die Schule fahren, aber man findet nicht aus dem Bett und vertreibt sich die Zeit mit dem Warten auf den ersten Joint.
Elisabeth sucht und findet die Gegenwart von mehr oder weniger zwielichtigen Typen – von Josh, dem Dauerkiffer und WG-Chef, mit dem sie emotional wenig verbindet, was den beiden erotische Stelldicheins ohne Reue ermöglicht; von Tyler, dem daueralkoholisierten Indianer mit gutem Herzen (sie kann ihm ihres ausschütten); oder von Kyle, dem dauergeilen Ekelpaket, dessen nicht vorhandenem Charme sie für kurze Zeit dummerweise doch erliegt, was zu einer stark nach Vergewaltigung aussehenden Szene führt. Dass Elisabeth, vielleicht um zu beweisen, wie hart sie ist, diesen Typen noch einmal ranlässt, ist die zweitböseste Szene des Romans. Die böseste schildert ihre und Tylers Rache an Kyle.

"Export A" erzählt eine Exzessgeschichte, in der sich die leeren Flaschen
stapeln und stets ein Ofen brennt. Die blutsbrüderliche Freundschaft, die Elisabeth in dem Haus zu erfahren glaubt, entpuppt sich allerdings als Illusion. Nach ein paar Monaten reicht es dem Vermieter, und in
der Folge zerfällt auch die Gruppe. Elisabeth, die aus einem reichen Elternhaus stammt, saugt die Gegenwart der kanadischen Mittel- und Unterschicht gierig ein und haust am Ende gemeinsam mit einem älteren Pärchen und dessen Ziehtochter in einem Trailer.
Zwar versuchen Elisabeths ältere Schwester und deren Mann, die in Kanada leben und als offizielle Aufsichtspersonen fungieren, immer wieder, Elisabeth auf den rechten Weg zurückzubringen. Zu diesem Behufe schleppen sie diese in die Kirche mit und setzen sie dort den flammenden Reden des Pastors aus. Die Stimme von Rage-Against-the-Machine-Sänger Zack de la Rocha spricht jedoch noch lauter zu dem Mädchen: "Fuck you, I won't do what you tell me!"
Kränzler gelingt die Reimagination einer Jugend glänzend. Ihre Ich-Erzählerin klagt zwar immer wieder über Schwierigkeiten, die Ereignisse von damals korrekt abzurufen, trifft den Ton der 16-Jährigen, die sie einmal war, aber gut. Und die Schilderung von Räuschen und Filmrissen am laufenden Band sind nicht nur schmerzhaft akkurat, sondern verraten auch eine poetische Ader.
Nüchterner geht es Cornelia Travnicek (Jg. 1987) an. Wenn man dem Romandebüt der Österreicherin einen Vorwurf machen kann, dann den, dass "Chucks" fast schon zu aufgeräumt daherkommt. Und das, obwohl die Heldin eine Ausgeburt an Wildheit und Sturheit ist.
Die ebenfalls 16-jährige Mae entflieht den Ruinen ihrer Familie (ihr Bruder ist seiner Krebserkrankung erlegen, die Eltern haben sich danach getrennt) und landet als Schulabbrecherin zeitweise sogar auf der Straße, beschützt nur von einer älteren Frau, die aber aufgrund ihrer Drogen- und Alkoholabhängigkeit kaum auf sich selbst aufpassen kann. Trotzdem macht man sich nie Sorgen um das Großmaul, das die Chucks ihres Bruder aufträgt, bis diese auseinanderfallen. Mae scheint die Gefahr nachgerade zu suchen, wirklich Schaden nimmt sie nie.

Die Erzählmaschine läuft gut geölt, die Motive sind sorgsam, wenn auch manchmal etwas plakativ gewählt, aber im Gegensatz zu Kränzlers Buch ist die Story schon wenige Tage nach der Lektüre in der Erinnerung verblasst. Dabei wird in "Chucks" im Zweifelsfall ohnedies dick aufgetragen – so erlebt Mae auch noch eine Liebesgeschichte mit einem bereits schwer an Aids erkrankten Mann.
Einige eindringliche Passagen gibt es dennoch. Etwa jene, in der das Mädchen von dem Ritual erzählt, das sich an den Besuchstagen des Vaters abspielte. Wenn der sie abholte, wurde Mae schon vorher zum Anziehen ins Vorzimmer gestellt, die Mutter verschwand im Wohnzimmer. "Ungefähr zehn Minuten später erschien mein Vater, öffnete die Haustür und schleuste mich nach draußen. Wenn ich nach Hause zurückgebracht wurde, schob mich mein Vater wieder in die Schleuse (...). Kaum war die Haustür ins Schloss geschnappt, öffnete meine Mutter die innere Tür und holte mich nach drinnen."
So könnte man auch diese beiden Romane lesen: die Teenager-Jahre als eine seltsame und Unbehagen auslösende Schleuse, durch die man einfach durchmuss.

weiterlesen