SPURENSUCHE 2023

Geschäftsportale in Wien – Beobachtungen urbaner Veränderung
64 Seiten, Taschenbuch
€ 33
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ISBN 9783950439786
Erscheinungsdatum 20.10.2023
Genre Sachbücher/Kunst, Literatur/Fotokunst
Verlag 2focus on - kunst.kultur.verein
Übersetzung Wetzel Michael
Fotos von Martin Frey, Philipp Graf
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Unsere Prinzipien
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Kurzbeschreibung des Verlags

In ihrem Projekt „Geschäfte mit Geschichte – Waren aller Art in Wien“ fotografieren Martin Frey und Philipp Graf seit 2009 alte Geschäftsportale in Wien (https://www.geschaeftemitgeschichte.at/).

In ihrer vergleichenden Studie SPURENSUCHE wählen sie aus ihrer Sammlung zu einem bestimmten Zeitpunkt Geschäfte aus, welche in den meisten Fällen nicht mehr existieren. Sie suchen deren Orte auf und halten den vorgefundenen Zustand fotografisch fest. Die Aufnahmen der alten Geschäfte werden den neuen Gegebenheiten gegenübergestellt.

Die Ergebnisse der ersten SPURENSUCHE 2018 wurden in fünf Ausstellungen in Wien und Niederösterreich präsentiert, dazu erschien ein Fotobuch mit den vergleichenden Bildpaaren der gegenübergestellten Portale.

Im Sommer 2023 haben sie erneut Geschäftsportale ausgewählt und die Veränderungen unseren eigenen Aufnahmen der vergangenen Jahre gegenübergestellt. Zwischen den vergleichenden Aufnahmen liegt bereits ein wesentlich größerer Zeitraum von bis zu zehn Jahren. Wenig überraschend sind wieder Portale gänzlich aus dem Stadtbild verschwunden. Bei den noch bestehen­den wurde eine Renovierung oder Adaptierung am Bestand, bzw. die Errichtung eines gänzlich neuen Portals vorgenommen.

Das Fotobuch mit 28 Bildpaaren erscheint in einer limitierten und signierten Auflage von 150 Stück, deutsch/englisch.

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ISBN 9783950439786
Erscheinungsdatum 20.10.2023
Genre Sachbücher/Kunst, Literatur/Fotokunst
Verlag 2focus on - kunst.kultur.verein
Übersetzung Wetzel Michael
Fotos von Martin Frey, Philipp Graf
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FALTER-Rezension

WAS HINTER DEN FASSADEN LIEGT

Martin Staudinger in FALTER 43/2023 vom 27.10.2023 (S. 36)

Sie prägen das Stadtbild, oder haben es irgendwann einmal getan. Prachtvolle Portale kleinerer und größerer Geschäfte gaben Wien sein Gesicht. Doch nun, da originelle Designs und Retro-Schriftzüge wieder als spannend und modern angesehen werden, sind sie schon fast zur Seltenheit geworden.
Mit den Fotografen und Stadtforschern Martin Frey und Philipp Graf haben sie zwei Chronisten gefunden, die nicht nur dokumentieren, was verschwindet -sondern auch, was bleibt. Oder sich verändert. Und zwar über die Fassaden hinaus bis zu den Lebensgeschichten der Geschäftsinhaber.

Seit 2009 ziehen Frey und Graf durch die Stadt und fotografieren Geschäftsfronten, die ihnen interessant erscheinen. Daraus sind inzwischen mehrere Fotobücher geworden (das neueste, "Spurensuche 2023", haben sie gerade auf der Vienna Art Book Fair #2 präsentiert), jetzt kommen auch noch Filme dazu. Frey und Graf haben acht Mini-Dokus über "einzigartige Geschäfte und deren Inhaber" gedreht, die im November in den Breitenseer Lichtspielen gezeigt werden. Es ist das älteste noch bestehende Kino Wiens, wie passend.

Martin Frey und Philipp Graf haben den Treffpunkt für das Interview nicht zufällig gewählt: eine Konditorei an der Kärntner Straße, die sich im Gegensatz zu vielen anderen ihre alte Fassade bewahrt hat.

Über dem Eingang prangt in schwungvoller Schreibschrift der Name, das Glas des Schaufensters, hinter dem sich Torten, Strudel und Kanapées türmen, ist couragiert zu einem Halbrund geformt.

Das Portal ist eines von gut 500, die der Grafiker Frey und der Biotech-Fachmann Graf in den vergangenen 14 Jahren fotografiert haben - und dessen Design seither im Gegensatz zu vielen anderen nicht verändert wurde.

Falter: Herr Frey, Herr Graf, an alten Portalen wie dieser Konditorei fällt vor allem eines auf: Früher waren sie selbst bei kleinen Geschäften zumeist individuell - jedes Schild, jede Auslage ein Einzelstück. Wie war das möglich?

Martin Frey: Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es in Wien unzählige Betriebe, die Portale, Beschriftungen und Schilder aus unterschiedlichsten Materialien wie Metall, Holz oder Glas fertigten. Insbesondere bei den Portalbeschriftungen hat Wien eine lange Tradition -denken wir an die vergoldeten Hinterglasbeschriftungen oder in späterer Folge an die zahlreichen Neons, die die Stadt erleuchteten. Ihre Fotos belegen auch, dass sich sogar berühmte Architekten an Geschäftsportalen versuchten.

Philipp Graf: Ein schönes Beispiel ist die 1928 gegründete Confiserie Altmann & Kühne am Graben, die wir vor kurzem bei einer Stadtexpedition für das Wien Museum besuchen durften: Das ursprüngliche Geschäftsportal -das vor kurzem sehr umsichtig erneuert wurde - und die Inneneinrichtung haben Josef Hoffmann und Oswald Haerdtl entworfen, die Konfektverpackungen stammen allesamt von der Wiener Werkstätte. Vieles davon ist noch vor Ort im Originalzustand zu bewundern, und die Konfektschächtelchen haben bereits Kultstatus.

Im Normalfall bleiben die alten Geschäftsportale aber nicht erhalten, sondern verschwinden. Was erzählt das über Wien?

Frey: Die Geschichte einer Stadt in stetiger Veränderung: Altes geht, Neues kommt. Vor 150 Jahren wurden Waren noch an die nach außen aufgeklappten Holzläden der Geschäfte gehängt. Erst mit der industriellen Herstellung von Glas wurde es möglich, Waren hinter großen Glasfronten in Auslagen zu präsentieren. Aber nicht nur die Geschäftsfassaden, auch die angebotenen Waren und Dienstleistungen ändern sich im Lauf der Zeit.

Wie macht sich das in der Stadt konkret bemerkbar?

Graf: Dort, wo sich früher zum Beispiel ein Pelzgeschäft befand, wird heute beispielsweise Brot als neuer kleiner Luxus verkauft. Oder, um ein paar konkrete Beispiele zu nennen, auf die wir selbst gestoßen sind: Wo früher Friseursalons oder Feinkostläden waren, ziehen jetzt Barbershops ein. Papierhandlungen oder Zuckerlgeschäfte schließen, Hanfshops sperren auf. Das führt uns auch vor Augen, wie wichtig kleine Geschäfte als unverzichtbare Nahversorger im Gefüge einer Großstadt sind.

Worin besteht eigentlich die zeitgenössische Kultur des Einzelhandelsgeschäfts?

Graf: Sie ist, sehr allgemein gesprochen, von ganz verschiedenen Einkaufswelten geprägt: von den Einkaufsstraßen der Stadt, den künstlichen Erlebniswelten in den Shopping-Malls und dem Online-Handel.

Und warum geben so viele kleine, alte Geschäfte auf?

Frey: Da werden uns von unseren Gesprächspartnern ganz unterschiedliche Gründe genannt: Pensionierung, die Schwierigkeit, einen Nachfolger zu finden, und die mit einer Übergabe oft einhergehende Anpassung der Mieten, Bauauflagen, die nicht oder nur mit hohem Aufwand durchführbar sind, und vieles mehr.

Offenbar finden sich trotzdem auch immer wieder Nachfolger.

Frey: Bei den Geschäften, deren Geschichte wir näher kennen, handelt es sich in den meisten Fällen um Familienunternehmen, die oftmals schon in der dritten oder vierten Generation geführt werden. Da kommt es immer wieder vor, dass die aktuellen Inhaber und Inhaberinnen eine andere Ausbildung abgeschlossen haben oder bereits in anderen Berufen tätig waren, um schließlich den Familienbetrieb zu übernehmen.

Und wer sind die Geschäftsleute, die noch immer nicht aufgegeben haben?

Graf: Durch unsere Stadtspaziergänge, bei denen wir regelmäßig Wiener Traditionsunternehmen besuchen, kennen wir mittlerweile aus den verschiedensten Branchen rund 50 Geschäfte und deren Inhaber und Inhaberinnen persönlich: Aus diesen Begegnungen ist bei uns auch der Wunsch entstanden, ein paar dieser Lebensgeschichten und die besondere Atmosphäre dieser Geschäfte festzuhalten. Entstanden sind daraus acht filmische Kurzporträts über acht einzigartige Menschen und deren Geschäfte - eine Plisseewerkstatt, ein Eisen-und Küchenwarenfachgeschäft, ein Fachgeschäft für Berufsbekleidung, eine Autoreifen-Werkstätte, eine Gastwirtschaft, ein Geschirrgeschäft, eine Silberwarenhandlung und ein Zuckerlgeschäft.

Zeigt sich bei den neuen Geschäften schon eine neue Designkultur?

Graf: Zum einen fällt auf, dass die Portalbeschriftungen in vielen Fällen nicht mehr für die Ewigkeit gemacht werden. Neuere Technologien ermöglichen kostengünstige Beschriftungen, die rasch austauschbar sind, aber im Vergleich zu den alten Schriftzügen oft als weniger wertig empfunden werden. Aber hier scheint sich gerade wieder das Bewusstsein zu wandeln -hin zu einer individuelleren Präsentation, die unter anderem auch durch den Einsatz von LED-Beleuchtung ermöglicht wird. Bei neu errichteten Portalen fällt uns auf, dass die Eingangstüren häufig mit oft meterhohen Stangengriffen aus Edelstahl versehen werden, dass es kaum mehr rückversetzte Eingangsbereiche gibt, die zum Nähertreten und Eintreten in das Geschäft einladen sollen -und ebenso wenig auf den Gehsteig auskragende Schaukästen oder Vollverglasungen. Aber es gibt auch einen anderen bemerkenswerten Bewusstseinswandel.

Nämlich? Frey: In etliche der alten Geschäfte ziehen neue Betreiber und Betreiberinnen mit neuen Geschäftsmodellen ein. Bei unserer "Spurensuche 2023" konnten wir feststellen, dass etliche der neuen Betreiber versuchen, alte Portale zu erhalten, zu renovieren und zu adaptieren.

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