Exploded View. Johannesburg

Roman
200 Seiten, Hardcover
€ 20.6
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783955101169
Erscheinungsdatum 01.08.2016
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Osburg Verlag
Übersetzung Thomas Brückner
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Südafrika: Für viele ein Sehnsuchtsort von magischer Anziehungskraft. Doch seit dem Ende der Apartheid macht das Land eine schwierige Phase durch. Mauern, Stacheldraht und Zäune zerteilen Johannesburg, seine heimliche Hauptstadt. Soziale Differenzen und wild wuchernde
Siedlungen sprengen die Metropole, festungsartige Wohnstätten am Freeway improvisieren eine
halb fertige Welt. Zu ihrem schärfsten Analytiker und angesehensten Schriftsteller hat sich Ivan Vladislavicć entwickelt. Sein Roman Exploded View gliedert sich in vier lose miteinander verbundene Teile, deren Protagonisten eines gemeinsam haben: Alle vier versuchen ihren Platz im neuen Südafrika zu bestimmen, alle sind Sinnsucher in einem veränderten Koordinatensystem.
Mit äußerster Präzision und bestechender Klarheit beschreibt Vladislavic die südafrikanische
Lebenswirklichkeit. Seine große Vorliebe gilt dabei der Architektur, an der sich die gesellschaftlichen
Umbrüche festmachen lassen. Vladislavicć ist ein Meister des zweiten Blicks, ein Virtuose im Zusammenfügen der Details, die uns den Mechanismus des Ganzen erklären.
Entstanden ist ein Monumentalpanorama Südafrikas auf einem sprachlichen Niveau, das seinesgleichen sucht. Der Roman ist eine Tour de Force, die unter die Oberfläche dringt. In grandiosen Sätzen bringt der Autor die Stadt zum Oszillieren: ihre Verheißungen und Abgründe,
ihre Tragik und ihren Witz.

Mehr Informationen
ISBN 9783955101169
Erscheinungsdatum 01.08.2016
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Osburg Verlag
Übersetzung Thomas Brückner
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Wer regiert die Welt? Das ist ein weites Veld

Maik Novotny in FALTER 41/2016 vom 14.10.2016 (S. 19)

Ivan Vladislavic erkundet die staubigen Ränder Johannesburgs, Nir Baram den globalen Kapitalismus

Darf man ein Buch nach dem Cover judgen? Bo Diddley singt „nein“, und recht hat er. Beweisstück A und B: zwei Bücher mit fast demselben Cover, die aber in nahezu jeder Hinsicht verschieden sind – hier wie dort irritierend gespiegelte Stadtansicht aus der Halbvogelperspektive, zwischen den Buchdeckeln konträre Wege und Blickwinkel.
Der 1957 in Pretoria geborene südafrikanische Autor Ivan Vladislavic untersucht in seinem schon 2004 im Original erschienenen „Exploded View Johannesburg“ die ausfransenden Ränder der dynamisch-wilden Metropole. Ein Exploded View, eine „Explosionszeichnung“, bezeichnet im Ingenieursjargon die auseinandergezogene Darstellung aller Teile einer Maschine. Die vier kaum zusammenhängenden Episoden des Romans lassen sich so als Anweisung zum Zusammensetzen eines Stadt- und Gesellschaftsbilds deuten,.

Die wahre Protagonistin des Romans, die Topografie, ist allerdings unscharf, unsauber, chaotisch: Zwischen Stadtautobahn, Neubaugebieten und dem weiten Veld, dem südafrikanischen Grasland, navigieren die Protagonisten unsicher und entwurzelt durch den Staub. Rollen und Identitäten im Post-Apartheid-Südafrika werden immer wieder neu verteilt, und der Stadtrand bleibt trotz aller Weite klaustrophobisch, mit Highways, die nur wieder zurück oder in den Stau führen.
Passend zum Ingenieurstitel sind alle vier Hauptfiguren Männer, die es logisch angehen. Ein Statistiker, der auf dem Sofa einer bekannten Fernsehansagerin in ihrer abgeschlossenen, im toskanischen Stil gehaltenen Gated Community sitzt. Ein Sanitätsingenieur, der mit seinen schwarzen Kollegen über eine Baustelle stiefelt, auf der die noch kaum fertigen Häuser schon wieder auseinanderfallen und der sich beim Abendessen in seinem afrikanischen Outfit fehl am Platz vorkommt. Ein selbstständiger Bauunternehmer. Wie im Vorbeifahren werden diese schematischen Antihelden kurz skizziert, deren Brüche bisweilen von recht viel reflexiver Fugenmasse zugekittet („Wie viel Bedeutung sollte er diesen Details beimessen?“).

Dichter und konkreter wird es dafür im weitaus besten Viertel des Romans: Das Porträt des erfolgreichen schwarzen Künstlers Simeon, der seine Pieces aus pseudotraditionellen, tatsächlich aber massenproduzierten Holzmasken fertigt, ist ruhig und ausgewogen und doch mit der permanenten Drohung unterlegt, dass die Gewalt, die seine Kunst widerspiegelt, von irgendwoher ins reale Leben einbrechen könnte. Angesichts der souveränen Sezierung des Kunstbetriebs verwundert es nicht, dass Autor Vladislavic immer wieder mit Künstlern und Fotografen gearbeitet hat. Leider hält die deutsche Übersetzung nicht immer dieses Niveau, etwa wenn cufflinks mit handcuffs, also Manschettenknöpfe mit Handschellen verwechselt oder queen size beds mit „Königinnengröße“ übersetzt werden.
Kein Peripherie-Porträt, sondern gleich den ganzen Globus hat sich der 40-jährige israelische Autor Nir Baram in seinem Roman „Weltschatten“ vorgenommen. Drei Handlungsstränge winden sich über gut drei Jahrzehnte um die Welt und widmen sich der Frage, wer im Spätkapitalismus die Deutungshoheit über die zunehmend beschädigte Demokratie innehat.
Ist es die einst mit hehren Zielsetzungen gegründete amerikanische Agentur, die vom Kongo über Bolivien bis zur Wiener Bürgermeisterwahl Kandidaten spindoktort und sich am Rebranding blutiger Krisenregionen versucht? Oder die eingeschworene Männergesellschaft in Jerusalem, die zu keinem Geschäft nein sagt und die den jungen Gavriel Manzur zögerlich als Bindeglied zum US-Geschäft aufnimmt? Oder die zersplitterte Facebook-Rebellion, in der die Verlierer des Turbokapitalismus zum weltweiten Generalstreik aufrufen und zu Helden eines neuen Nihilismus werden?
Klingt kompliziert, und in der Tat nimmt sich der aus einer Politikerdynastie stammende Nir Baram nach eigenem Bekunden gerne Projekte vor, von denen er nicht weiß, ob sie ihm gelingen. Die auf über 500 Seiten ausgebreiteten Wirtschafts- und Politintrigen hätten ziemlich zäh, belehrend oder akademisch ausfallen können. Tun sie aber nicht, vor allem, weil Baram seine Geschichte ganz dicht an den Figuren entlang erzählt. Weltpolitik und Persönliches sind untrennbar miteinander verschweißt, und gerade das macht den Roman so packend wie realitätsnah.
Wo die landläufigen Verschwörungstheorien immer davon ausgehen, dass sich die Superbösewichte einigen und alles erreichen, was sie auf ihren Geheimkonferenzen beschließen, machen in der Realität menschliche Eitelkeit, Inkompetenz und Streitsucht allen kollektiven Weltherrschaftsplänen irgendwann den Garaus.
Aber auch die global verstreuten Rebellen von der Revolution 2.0 ringen intern mit Führungspersönlichkeiten, die sich ständig legitimieren müssen, und Underdogs, die unverhofft zu medialen Märtyrern werden, und das Politberatungs-Jungtalent Daniel Kaye fällt trotz 700.000 Dollar Jahresgehalt vom Glauben ab und wechselt die Seiten.

Nir Baram gelingt es nicht nur, alle Fäden in der Hand zu behalten und nebenbei die Innenpolitik gut eines Dutzends Staaten zu erklären, sondern auch eindeutige Zuschreibungen zu vermeiden. „Weltschatten“ ist eben kein James-Bond-Film, sondern ein tatsächlich großer Roman des globalen Spätkapitalismus, der aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, ohne großes Aufhebens darum zu machen oder sein Ziel aus den Augen zu verlieren. Und letztendlich behalten die Buchumschläge dann doch recht: Hier wie dort wird ein anderer Blick auf die Welt gewährt, wenn man nur in die richtige Richtung schaut.

weiterlesen