Die Welt vom Rücken des Kranichs

Thermodynamik und der Verfall einer Familie
236 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783957579331
Erscheinungsdatum 12.11.2020
Genre Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft/Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Verlag Matthes & Seitz Berlin
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MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH
info@matthes-seitz-berlin.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

In dieser so aufregenden wie ungewöhnlichen Studie beschreibt Kevin Vennemann die entstehende Moderne als Prozess der stetig zunehmenden Ungeordnetheit. Am Beispiel von Thomas Manns Buddenbrooks zeichnet er ein Bild jener Zeit, in der sich der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik zum alles bestimmenden Faktor entwickelt: Dem entropischen Unordnungstrieb unterliegen sowohl die Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Familie Buddenbrook als auch die Geschicke des Familiengeschäfts und die gesellschaftlichen Entwicklungen nach 1848. In einer sich rasant verändernden Zeit gilt nichts als sicher – außer der Erkenntnis, dass alles unsicher ist. In Buddenbrooks wie auch in anderen Romanen des späten 19. Jahrhunderts führt diese Gewissheit dazu, dass sich die herrschenden Klassen vor der entropischen Demokratisierung von Politik, Gesellschaft und Ökonomie zu fürchten beginnen. Etablierte Sitten und Normen, Gender und Klassenhierarchien werden gewaltsam zementiert, um die alte Macht einiger weniger auch gegen den allgemeinen Unordnungstrieb zu bewahren. In dieser ungewöhnlichen Lesart des Klassikers von Thomas Mann lassen sich Spuren für ein Denken auffinden, das uns auch heute leiten kann: Unser gesamtes Wachstum gründet auf einer Unmenge an Energie, die der westlichen Welt durch die Ausbeutung von Arbeitskraft und natürlichen Ressourcen zugeführt wird. Selbst Thomas Mann ahnte bereits, dass unendliches Wachstum unter solchen Voraussetzungen schlicht unmöglich sein muss.

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FALTER-Rezension

Nichts bleibt, alles gerät ins Wanken

Ulrich Rüdenauer in FALTER 4/2021 vom 27.01.2021 (S. 32)

Kevin Vennemann hat eine faszinierende Studie über eine Zeit des Umbruchs geschrieben. Im Zentrum steht dabei Thomas Manns Jahrhundertroman „Die Buddenbrooks“ von 1901, der von einem Verfall berichtet, der auf das Gefühl folgt, einer nicht mehr fassbaren Unordnung ausgeliefert zu sein.

Mitte des 19. Jahrhunderts geriet die bürgerliche Welt in eine Schieflage. Was auf Ewigkeit angelegt war, wurde brüchig. Aus einem geschlossenen System entfuhr die Energie, die es am Laufen hielt. Eine fatale Müdigkeit machte sich breit. Der Industriekapitalismus und sozialistische Ideen rüttelten an den Grundfesten einer Gesellschaftsstruktur, die schon vorher Risse bekommen hatte. Nach den gescheiterten Revolutionen des Jahres 1848 nimmt die Unordnung in den geschäftlichen, familiären und gesellschaftlichen Beziehungen zu.

In Romanen aus dieser Zeit lassen sich verzweifelte Beharrungsbemühungen ablesen, vor allem an den weiblichen Hauptfiguren, die einen Blick ins Weite wagen, um am Ende entweder doch in den systemstabilisierenden Ehehafen einzulaufen – oder unterzugehen. In den „Buddenbrooks“ überleben die Frauen zwar, aber die bürgerliche Kaufmannsfamilie bricht zusammen.

Das passende Bild dafür lieferten die Naturwissenschaften, namentlich der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, in dem es um die Verlaufsrichtung von Energieübertragung geht. In der Literatur und Philosophie wird er als Symbol für das Chaos verstanden: nichts bleibt, alles gerät ins Wanken.

In seinem anregenden Essay „Die Welt vom Rücken des Kranichs“ gelingt es Vennemann, in scheinbar schon gänzlich ausgeleuchteten Winkeln der Kulturgeschichte neue Spuren zu entdecken, die bis in die Gegenwart führen. Er verknüpft Perspektivverschiebungen in der Malerei mit den Erschöpfungssyndromen der bürgerlichen Familie, lässt Walter Benjamin auf Carl Spitzweg treffen, Hermann von Helmholtz auf Karl Marx – und geleitet uns dabei stilistisch brillant und mit wachem Blick durch die Stürme und Gewitter der Buddenbrooks.

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