Sachbuch-Bestenliste Februar 2021

Menschwerdung eines Affen

Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung
278 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783957579553
Erscheinungsdatum 01.10.2020
Genre Ethnologie
Verlag Matthes & Seitz Berlin
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MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH
info@matthes-seitz-berlin.de
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Kurzbeschreibung des Verlags


Heike Behrend studiert Ethnologie in den politisch bewegten Sechzigerjahren; ihre erste Feldforschung führt sie Ende der Siebzigerjahre in die kenianischen Tugenberge; Mitte der Achtzigerjahre begibt sie sich auf die Spuren der Holy-Spirit-Bewegung im Norden Ugandas. Während der Aids-Epidemie arbeitet sie über die katholische Kirche in Westuganda, und schließlich erforscht sie an der kenianischen Küste die lokalen Praktiken von Straßenfotografen und Fotostudios. Diese Autobiografie der ethnografischen Forschung erzählt keine heroische Erfolgsgeschichte, sondern berichtet von dem, was in den herkömmlichen Ethnografien meist ausgeschlossen wird – die unheroischen Verstrickungen und die kulturellen Missverständnisse, die Konflikte, Fehlleistungen sowie Situationen des Scheiterns in der Fremde. So lädt dieses Buch zu einem freimütigen Blick auf die Ethnologie als Poetik sozialer Beziehungen ein. In den wenig schmeichelhaften Namen – »Affe«, »Närrin« oder »Kannibale« –, die der Ethnologin in Afrika gegeben wurden, wird sie mit fremder Fremderfahrung konfrontiert und muss sich fragen, welche Wahrheit diese Bezeichnungen zum Ausdruck bringen, welche koloniale Geschichte sie erzählen und welche Kritik sie an ihrer Person und Arbeit üben. Mit dem Bericht über vier ethnografische Forschungen in Kenia und Uganda in einem Zeitraum von fast fünfzig Jahren reflektiert Heike Behrend auch die Fachgeschichte der Ethnologie und die Veränderungen des Machtgefüges zwischen den Forschenden und den Erforschten, die sie am eigenen Leib erfährt.


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FALTER-Rezension

Vom Affen zum Menschen: Über die Natur von Zuschreibungen

Oliver Hochadel in FALTER 43/2020 vom 23.10.2020 (S. 50)

Heike Behrend hat ein kluges Buch geschrieben. Die deutsche Ethnologin reflektiert darin ihre Feldforschung, die sie seit den 1970er-Jahren in Kenia und Uganda durchgeführt hat. Der rote Faden der vier Fallstudien (und Kapitel) sind die „wechselseitigen Verflechtungen und Spiegelungen von Selbst- und Fremdbildern“ von Forscherin und Erforschten.

Die Erkenntnis: Die „anderen“ machen sich schon immer auch ihre Bilder von „uns“. Bei den Tugen in Nordkenia wird Behrend Äffin genannt, gleichsam auf die unterste Stufe der Zivilisation relegiert. Sie muss sich in der Gemeinschaft erst hocharbeiten – daher der Titel des Buches: „Menschwerdung eines Affen“. Dieses Kippbild kehrt die koloniale Zuschreibung um, die dunkelhäutige Menschen oft in die Nähe der Affen rückte.

Ein weiteres Kippbild ist jenes des Kannibalen. In Tooro, Westuganda, beschäftigt sich Behrend mit der katholischen Laienorganisation „Gilde der Ugandischen Märtyrer“, die Hexen und Menschenfresser jagt. Hier gesteht Behrend ihr Scheitern ein, denn ihr Vertrauensverhältnis zwischen den tiefgläubigen Christen und ihr, der „Ungläubigen“ – auch das eine Umkehrung der kolonialen Konstellation –, zerbröselt. Und am Ende wird sie gar selbst verdächtigt, Kannibalin zu sein.

Behrend nimmt das ethnografische Gegenüber als Subjekt ernst. Sie sendet den Erforschten ihre Publikationen mit der Bitte um Feedback, publiziert die Texte von Afrikanern in einer eigenen Reihe und ermöglichte kreativen Fotografen aus Mombasa die erfolgreiche Teilnahme am österreichischen Kulturfestival steirischer herbst des Jahres 2001.

Behrends Ton ist sachlich-analytisch, immer wieder nimmt sie Bezug auf Diskussionen um das Herstellen von Alterität und die schmerzlichen Lernprozesse ihres eigenen Fachs. Ihre Empathie für die Menschen in Ostafrika, mit denen sie über Jahre oder gar Jahrzehnte interagiert, und nicht zuletzt der ehrliche, fast schonungslose Blick auf sich selbst machen aus dieser Forschungsautobiografie ein zutiefst humanes Buch.

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