Plastikfresser und Turbobäume

Wie wir die Arktis retten, den Müll aus dem Meer holen, alle Tiere glücklich machen und den Rest auch noch glänzend hinbekommen
272 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783990016558
Erscheinungsdatum 22.04.2023
Genre Sachbücher/Natur, Technik/Natur, Gesellschaft
Verlag edition a
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Kurzbeschreibung des Verlags

Bäume, die zehn Mal mehr CO2 binden als die bisher bekannten oder Bakterien, die das im Meer treibende Plastik einfach auffressen: Die Synthetische Biologie ist eine der großen Chancen zur Rettung der Welt. Spannend und leicht verständlich porträtiert Tara Shirvani diese junge wissenschaftliche Disziplin, die unser aller Leben gerade grundlegend verändert. Dabei zeigt sie, welchen Nutzen wir alle jetzt schon daraus ziehen können.

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FALTER-Rezension

BIOLOGISCHE GEHEIMWAFFEN

Tara Shirvani in FALTER 26/2023 vom 30.06.2023 (S. 34)

Unsere bisherigen Bemühungen zur CO2 Reduzierung reichen nicht aus, um den Klimawandel und den Verlust von Ökosystemen aufzuhalten. Elektroautos, Flugverzicht -all diese Maßnahmen behandeln nur Symptome, aber nicht die eigentliche Ursache: die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Wir benötigen ein radikales Umdenken des Systems. Eine Transformation einer erdöl-zu einer biobasierten Wirtschaft im Sinne einer Bioökonomie.
Dabei spielt die moderne synthetische Biologie eine entscheidende Rolle. Seit der Erfindung von Gen-Scheren können Wissenschaftler im Labor Gene von Organismen gezielt verändern und neu zusammenbauen. Dank rasch sinkender Technologiekosten und wachsender Rechenkraft der künstlichen Intelligenz können wir nun DNA billiger und schneller denn je lesen, schreiben und manipulieren. Wir sind nun imstande, die Biologie so zu programmieren wie ein Softwareprogramm. Das ist von enormem Nutzen. Bisher haben wir das in der Medizin und bei der Bewältigung der Pandemie eingesetzt, jetzt richtet sich der Fokus auf den Klimaschutz.

Mithilfe synthetischer Biologie können wir plastikfressende Bakterien züchten, Lederschuhe aus Pilzen machen, Betonziegel aus Bakterien bauen und Turbobäume pflanzen, die bis zu zehnmal mehr CO2 aus der Atmosphäre saugen als gewöhnliche Bäume. All das mag sich nach Zukunftsmusik aus einem Nischen-Labor anhören. In Wahrheit befinden wir uns mitten in einer neuen Industriellen Revolution, die einflussreicher als die Entdeckung des Computers sein könnte.

Ein aktuelles Beispiel, wie synthetische Biologie bahnbrechende Lösungen für eine der größten Herausforderungen unserer Zeit findet, ist Bio-Zement. Anstatt die traditionelle und kostenintensive Herstellung zu verbessern, nutzen wir das, was die Natur uns bietet -Bakterien, die Zement herstellen können. Genauer gesagt: Kalziumkarbonat. Inspiriert von Muscheln, Korallen und Kalksteinhöhlen nutzen diese Bakterien Kalziumkarbonat, um widerstandsfähige Strukturen zu bilden. Statt eines 2700 Grad heißen Zementofens benötigen wir nur einen Bioreaktor bei 27 Grad Raumtemperatur, der effizienter, umweltfreundlicher und kostengünstiger ist. Der so hergestellte Biozement stößt 95 Prozent weniger CO2 aus, ist dreimal stärker und um ein Fünftel leichter als herkömmlicher Zement. Trotz etwas höherer Kosten wird Biozement bereits weltweit eingesetzt. In Sachen Klimaschutz ist Biozement damit nicht nur eine theoretische Idee, sondern eine reale, vielversprechende Lösung.

Die Biotechnologie kann uns auch im Kampf gegen das globale Plastikproblem helfen. Unsere Welt erzeugt jedes Jahr mehr als 400 Millionen Tonnen Plastikabfälle. Was noch erschreckender ist: Weniger als neun Prozent werden tatsächlich recycelt. Der verbleibende Müll wird entweder verbrannt, auf Deponien abgeladen oder landet in der Natur. Doch in der Natur hat sich eine unglaubliche Lösung entwickelt: Mikroben, die in der Lage sind, Kunststoffe zu "fressen" und in einzelne Moleküle zu zerlegen.

Allerdings dauert dieser natürliche Prozess Tausende von Jahren. Doch durch den Einsatz von synthetischer Biologie haben Wissenschaftler Bakterien optimiert, die Plastik in Rekordzeit zersetzen können. In nur einem Tag sind sie in der Lage, bis zu 90 Prozent einer Plastikflasche abzubauen - eine drastische Beschleunigung gegenüber dem natürlichen Zersetzungsprozess von 1000 Jahren.

Das französische Unternehmen Carbios setzt beispielsweise in Fabriken bereits in großen Mengen plastikfressende Bakterien ein. Dabei behandelt Carbios jährlich zwei Milliarden Flaschen mit diesen genetisch optimierten Mikroben. Anstelle eines mechanischen Prozesses, bei dem eine recycelte Flasche nach wenigen Wiederverwendungen zu Abfall wird, ermöglicht dieser Ansatz die theoretisch unbegrenzte Wiederverwendung einer Flasche. Das kann die Anzahl der Recyclingzyklen um das Fünfzigfache erhöhen. Zusätzlich ist dieses enzymatische Recycling weniger energieintensiv und hat einen kleineren CO2 Fußabdruck, was die CO2-Emissionen im Vergleich zur Herstellung von Neuplastik halbieren kann.

Die moderne synthetische Biologie kann uns auch dabei helfen, den Überschuss an CO2 in der Atmosphäre biologisch schneller abzubauen. Bäume fungieren auf natürliche Weise als Kohlenstoffreservoirs, da sie durch die Photosynthese CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und es in ihren Wurzeln, Ästen und Blättern speichern. Dennoch stoßen wir auf erhebliche Herausforderungen: Das Wachstum von Bäumen braucht Zeit, außerdem fehlt der Platz für eine ausreichende Anzahl an Bäumen. Um ein Fünftel der jährlichen CO2 Emissionen zu kompensieren, müsste man eine Fläche, die neunmal so groß wie China ist, mit einer Milliarde Bäume bepflanzen. Die Lösung für das Problem könnte in Turbobäumen liegen, die durch eine erhöhte Photosynthese-Leistung den Kohlenstoff besser binden können. Wissenschaftler haben Gene aus Kürbissen und Algen in Hybridpappeln eingebaut, wodurch diese Bäume nach ihrer Ausbringung aus dem Labor schneller wachsen. Turbobäume können um bis zu 50 Prozent größer werden und nehmen 30 Prozent mehr Kohlenstoff auf als gewöhnliche Bäume. In den USA ist ihre Nutzung bereits weit verbreitet, bis 2024 wollen die Vereinigten Staaten fünf Millionen dieser Hybridpappeln pflanzen. Forstwirte unterstützen die Initiative, da die schnelle Wachstumsrate der Turbobäume einen früheren Erntezeitpunkt und raschere Rentabilität ermöglicht.

Darüber hinaus können diese Turbobäume auf Gebieten angepflanzt werden, die für herkömmliche Bäume ungeeignet sind - etwa auf kontaminierten Flächen. Indem sie schädliche Metalle und Abfälle in ihren Wurzeln binden und den Bodenverlust verlangsamen, verbessern sie das lokale Ökosystem. Da Turbobäume steril sind und keine Pollen oder Samen verbreiten, besteht zudem keine Gefahr einer ungewollten Kreuzung mit wilden Bäumen. Das minimiert mögliche negative Auswirkungen.

Warum haben wir in Europa die synthetische Biologie, die bahnbrechende Lösungen für den Klimawandel verspricht, nun noch nicht im großen Maßstab umgesetzt? Die USA und China zeigen uns, was möglich ist, wenn man beherzt in die Biotechnologie investiert. Unter der Führung von US-Präsident Joe Biden hat die US-Regierung mit dem Bioökonomie-Gesetz erhebliche Investitionen in diesen Bereich getätigt und sich dabei ehrgeizige Ziele gesetzt: Innerhalb von zwei Jahrzehnten sollen 90 Prozent aller Kunststoffe auf biobasierte Alternativen umgestellt und 30 Prozent aller Chemikalien durch biotechnologische Verfahren ersetzt werden. Bis 2030 will die USA rund 280 Milliarden US-Dollar in den Bereich investieren.

China geht sogar noch weiter und plant vierbis fünfmal so hohe Investitionen in den kommenden Jahren. In Europa halten wir trotz dieser beeindruckenden globalen Entwicklungen immer noch an dem Irrglauben fest, dass Biotechnologie und Gentechnik im Widerspruch zur Nachhaltigkeit stünden. Ideologisch noch stark geprägt von der GMO-Debatte der 1990er-Jahre sagen die Europäer immer noch pauschal "Nein" zu allen neuen Technologien der modernen Biotechnologie.

In Wahrheit sind sie jedoch unerlässliche Werkzeuge auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zukunft. Die entscheidende Frage, die wir uns in Europa stellen müssen, ist nicht, ob wir uns Biotechnologie und Gentechnik leisten können, sondern ob wir es uns leisten können, sie nicht zu nutzen. Es ist höchste Zeit, dass wir aufwachen und die Bedeutung der synthetischen Biologie für eine nachhaltige Zukunft erkennen. Es ist nicht nur unsere Verantwortung, sondern unsere Pflicht gegenüber den kommenden Generationen.

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