

Die Läuterungserzählung eines Geschäftsmaurers
Barbara Tóth in FALTER 41/2025 vom 08.10.2025 (S. 20)
Peter Hochegger weiß, wie man eine gute Geschichte erzählt, schließlich war das über Jahrzehnte die Basis seines Geschäftsmodells. Als einer der Ersten in Österreich praktizierte der 1949 in Mürzzuschlag geborene Betriebswirt den Brutalo-Lobbyismus amerikanischer Art.
Frisierte Studien, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen? Verdecktes Sponsoring von NGOs, um von anderen Themen abzulenken? Wissenschaftler als Testimonials für Unternehmerzwecke einspannen? Bei staatsnahen Deals mit Insiderinformationen Millionen verdienen? Alles kein Problem für Hochegger. Er sah sich gerne als "Kommunikationskybernetiker".
Kybernetik ist die Steuerung unterschiedlicher komplexer Regelkreise, in seinem Fall ging es um das Zusammenbringen von Politik, Wirtschaft und Medien, um kleine und große Gefälligkeitsdienste unter den oberen Zehntausend.
Im März 2025 bestätigte der Oberste Gerichtshof Hocheggers Verurteilung in der Causa Buwog und Terminal Tower, reduzierte jedoch sein Strafmaß auf drei Jahre. Zuvor hatte sich Hochegger schuldig bekannt und seine Mitangeklagten, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und den Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger belastet.
Sein Buch mit dem reißerischen Titel "Die Schattenrepublik" schreibt die Erzählung aus dem Gerichtssaal fort: hier räumt jemand, der seine Schuld erkannt hat, mit sich und seinem alten Milieu auf. Diese spirituell angehauchte Läuterungserzählung (in Form von Indien-und Brasilienbezügen inklusive Liebe zu einer viel jüngeren Frau, deren Kind er adoptiert hat) kann man ihm glauben oder nicht. Sie ist jedenfalls packend erzählt. Zeitgeschichtlich wesentlich relevanter sind Hocheggers Einblicke in das Selbstverständnis seiner Geschäftspartner (Frauen sind die Ausnahme) nach der politischen "Wende" im Jahr 2000.
Die große Koalition war damals dahin, ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel regierte mit der FPÖ, in der die sogenannte "Buberlpartie" das Sagen hatte: eine Gruppe schlauer Polit-Profis, die ihr Handwerk bei FPÖ-Chef Jörg Haider gelernt hatten. Die ÖVP stellt diese Zeit gerne als große Reformära dar, aber gleichzeitig blühte die Korruption auf. Der blaue Superstar war Karl-Heinz Grasser. Meischberger war sein Vertrauter - und Hochegger, mit Meischberger damals bestens befreundet, ihr Mittelsmann in jene Milieus von ÖVP, SPÖ und Unternehmerschaft, die der FPÖ anfangs noch fehlten.
Hochegger half mit, Grasser zum "Mr. Nulldefizit" hochzujazzen, gab entsprechende Umfragen in Auftrag, mit "Telekom-Geld", wie er schreibt. Er erfand die "Roadshows", mit denen Grasser in den Bundesländern auf Tour ging und sich als politische Marke positionierte. Die Parallelen zu einem anderen politischen Überflieger ein Jahrzehnt später sind jedenfalls "erstaunlich", schreibt Hochegger: Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz.
Zum Image des mächtigen Kommunikationskybernetikers passt, dass Hochegger immer schon Mitgliedschaften bei Scientology und den Freimaurern nachgesagt wurden. Beides ist wahr, erzählt er freimütig in seinem Buch. Von den Scientologen lernte er, wie man Menschen manipuliert. Er wandte sich aber bald wieder ab. Bei den Logen-Brüdern sollte er eigentlich an seinem Ein-besserer-Mensch-Sein arbeiten. Nachdem das offensichtlich schiefging, musste er den Geheimbund verlassen.
Gäbe es in seinem Buch auch ein Namensverzeichnis, wäre der Forschung sehr geholfen. Und den vielen Menschen, die sicher erleichtert sind, dass sie diesmal (noch) nicht vorgekommen sind.