

Dominika Meindl in FALTER 45/2015 vom 06.11.2015 (S. 39)
Das Wirtschaftswunder ließ nicht nur die Nachkriegskörper zu dick für die filigranen Möbel werden, sondern auch die Häuser wuchern. Metastasierend wächst in Bea Diekers Roman das Elternhaus, weil der Wohlstand durch sinnlose Anschaffungen ausgestellt gehört. Die erinnerte Führung durch die kleinbürgerliche Innenarchitektur zeigt Abgründe. Die cholerische Gewalt des Vaters, die Schwäche der Mutter, das Eingesperrtwerden in der Besenkammer. Ähnlich wichtig wie das Haus ist nur das Auto: Wie ein treuer Hund verreckt der BMW Tage nach dem Tod seines Besitzers.
Diekers ich-arme Sätze sind kurz, oft nur ein Wort lang, um die verstümmelte Sprache zu spiegeln. Der Großvater schreibt unter seine Nazi-Fotos: „unsere STUKAS leisten ganze Arbeit … Zigeuner. Charkov.“ Der Vater, der „Explosionsautomat“, brüllt in Halbsätzen Ruhe herbei. Quantitativ ist „Vaterhaus“ kaum ein Roman. Qualitativ sehr wohl.