

Vier Frauen und ein Fußball-Mann
Klaus Nüchtern in FALTER 37/2019 vom 13.09.2019 (S. 35)
Noch nie seit der Gründung des Deutschen Buchpreises im Jahr 2005, den damals Arno Geiger mit „Es geht uns gut“ gewann, waren so viele österreichische Autorinnen und Autoren nominiert wie heuer: sechs von insgesamt 20, die es auf die sogenannte „Longlist“ schafften.
Die Quote von 30 Prozent ist vermutlich auch dem Umstand zu verdanken, dass mit der Literaturkritikerin Daniela Strigl und der Buchhändlerin Petra Hartlieb zwei Österreicherinnen in der siebenköpfigen Jury sitzen. Ein starkes Lebenszeichen der heimischen Literatur ist es allemal. Marlene Streeruwitz ist bereits zum dritten Mal nominiert. Ihr Roman „Flammenwand“ erschien im Frühjahr und wurde bereits im Falter (23/19) rezensiert. Wir präsentieren hier die verbleibenden vier Kandidatinnen und den einzigen Kandidaten. Wer die fünf Finalistinnen und Finalisten der „Shortlist“ sind, entscheidet sich am 17. September. Die Preisverkündung und -vergabe findet am 14. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse statt.
Eva Schmidt - Dauerdepression und Dielenknarren
„Aber was immer sie unternahm, alles ging schief“, kann man gleich auf der ersten Seite über die Protagonistin lesen, die mit 19 Jahren zum ersten Mal von zuhause abhaut. Vier Jahre später kehrt Maren zurück, dazwischen liegen Bulimie, Therapie und ein Techtelmechtel mit einem DJ, das sie halbherzig wieder aufnimmt. Die düstere Wolke aus Selbstmitleid und Schwermut, die auch über der biestig-depressiven Mutter, dem Stiefvater und dem jüngeren Halbbruder Marens sowie einem (irrig als aidskrank bezeichneten) HIV-positiven Schauspieler hängen, werden sich im Verlauf dieses kurzen, wenn auch nicht kurzweiligen Romans nicht mehr lichten.
Die namenlose Stadt mit See und Kunsthaus, hinter der man wohl Bregenz vermuten darf, wo auch die Autorin Eva Schmidt lebt, ist Schauplatz eines Romans, in dem die Ereignisse lustlos rapportiert statt erzählt werden: „Vieles hatte sich in letzter Zeit verändert, war nicht mehr so, wie es vor wenigen Wochen gewesen war.“
Der Ennui scheint nicht nur die sang- und klanglos auf- und abtretenden Figuren, sondern auch die Erzählerin selbst erfasst zu haben, die sämtliche, darüber hinaus auch noch redundanten Dialoge in indirekter Rede wiedergibt, auf jeglichen Tempowechsel verzichtet, dafür kein noch so banales Detail weglässt: Notebooks werden aufgeklappt, Keksrollen ausgepackt, mal knirscht der Kies, mal knarrt der Boden, dann wieder knacken die Dielen oder der Korbstuhl. All das macht müde und „Die untalentierte Lügnerin“ zu einem trostlosen Buch, das seine Leser ungerührt zurücklässt.