
Kirstin Breitenfellner in FALTER 6/2023 vom 08.02.2023 (S. 34)
Lina Kostenko, 1930 geboren, ist die Grande Dame der ukrainischen Literatur. Der Band bietet einen Querschnitt ihres lyrischen Schaffens, übersetzt vom Wiener Slawisten Alois Woldan. Er transportiert die Texte sogar mit Reimen so, dass der Anschein entsteht, sie seien direkt auf Deutsch verfasst worden.
Kostenko pflegt einen klassischen Stil, sowohl von Reim und Metrum als auch von den Themen her: Liebe und Tod, die Natur sowie Versatzstücke europäischer Bildung von den griechischen Mythen über die Minnelyrik bis zu van Gogh spielen eine Rolle. Aufgrund ihres reduzierten, lakonischen Tons wirkt diese Lyrik nie verschmockt; in jedem Text sind die existenziellen Fragen spürbar. Sie haben aber auch eine politische Dimension, wenn Kostenko das Versagen der Eliten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs thematisiert.


