

in FALTER 26/2023 vom 30.06.2023 (S. 45)
Lena Schilling und ihre Mistreiterinnen forderten die Stadt Wien durch die monatelange Baustellenbesetzung der Stadtstraße heraus. In ihrem Buch gibt sie einen ebenso lebendigen wie authentischen Einblick ins Leben einer Klimaaktivistin. Sie sieht ihren Protest in der Tradition der Frauenund Bürgerrechtsbewegungen, von den Suffragetten bis zu Rosa Parks. Wer Schillings Buch liest, versteht besser, warum sich Menschen regelmäßig vor Autos auf die Straßen kleben.
Warum sich der Klimaaktivismus radikalisiert
Benedikt Narodoslawsky in FALTER 46/2022 vom 18.11.2022 (S. 36)
Lena Schilling zählt zu den bekanntesten Klimaaktivistinnen Österreichs. Sie war einer der führenden Köpfe von Fridays for Future und gründete den Jugendrat mit, der sich für Klimagerechtigkeit einsetzt. Als Sprecherin der "Lobau bleibt"-Bewegung wurde sie zum Gesicht des Widerstands gegen den Lobautunnel, den die Verkehrsministerin im Vorjahr absagte, nachdem Klimaaktivisten monatelang mehrere Baustellen in Wien besetzt hatten. Mit "Radikale Wende" legt Schilling nun ihr erstes Buch vor und gibt darin einen ebenso lebendigen wie authentischen Einblick in das Leben einer Aktivistin.
Sie schreibt nicht nur über den Leidensdruck aufgrund der Klimakrise, sondern auch über das Zweifeln, inwieweit radikale Protestformen sinnvoll und notwendig sind. Die 21-Jährige holt dabei auch die Stimmen ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter ein. So schildert etwa Johannes Stangl, der Fridays for Future in Österreich mitbegründete, wie ihn der Frust über den politischen Stillstand aktiv werden ließ.
Der Kampf für eine bessere Welt erzeugt Widerstand. Die Stadt Wien drohte beispielsweise selbst minderjährigen Baustellenbesetzerinnen mit Millionenklagen, Aktivisten überlebten einen Brandanschlag nur knapp. Im Buch teilt Schilling ihre Emotionen und erzählt, wie ihr nahestehende Menschen sie eindringlich bitten, ihren Widerstand aufzugeben, weil sie sich um sie sorgen.
Doch an zivilem Ungehorsam führt für die Aktivistin kein Weg vorbei, solange die Politik beim Klima bremst; sie sieht ihren Protest in der Tradition der Frauen-und Bürgerrechtsbewegungen, von den Suffragetten bis zu Rosa Parks. Schilling ist überzeugt, dass der Widerstand auch in der Klimafrage erfolgreich sein kann. "Wir haben eine Welt zu gewinnen, denn wenn wir weitermachen wie bisher, haben wir sie schon verloren", lautet ihr Appell. Wer dieses Buch liest, versteht besser, warum sich Menschen regelmäßig vor Autos auf die Straßen kleben.