Fremde Verwandtschaften

Roman
272 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783990590096
Erscheinungsdatum 09.02.2018
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Literaturverlag Droschl
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HerstellerangabenAnzeigen
Literaturverlag Droschl
Stenggstraße 33 | AT-8043 Graz
office@droschl.com
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Kurzbeschreibung des Verlags

"Fremde Verwandtschaften" ist ein sprachliches Kunstwerk, eine groß angelegte Reflexion über das Sein, voller
Details und Feinheiten, doppelter Böden und versteckter Gänge. Thomas Stangl gibt seinen Figuren Raum zur
Entfaltung.
Während seiner Reise zu einer Konferenz nach Westafrika öffnen sich einem Wiener Architekten ungeahnte Denkregionen.
In schlaflosen Nächten, auf Irrwegen durch die fremde Stadt und bei immer weniger einzuordnenden
Begegnungen werden dem Mittvierziger seine Vorstellungen und sein Handeln, seine Verantwortung und seine
Routinen als Architekt, Europäer, Vater, Sohn und Ehemann immer fremder. Je tiefer er in sein Inneres eindringt,
desto größere Risse und poröse Stellen bekommen die Säulen seiner Existenz. Die Möglichkeit eines ganz anderen
Lebens blitzt auf.
Eine parallele Reise unternimmt ein namenloses Ich, das wie ein Rauschen, Rascheln und Hallen aus dem Hintergrund
zu hören ist. Seine halluzinatorischen und verstörenden Gedanken- und Erinnerungsbilder schieben sich – in fremder Verwandtschaft – in die Erzählung hinein.

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ISBN 9783990590096
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FALTER-Rezension

Stadtpläne für den Turmbau zu Babel

Thomas Leitner in FALTER 11/2018 vom 14.03.2018 (S. 13)

Fordernd, aber lohnend: In „Fremde Verwandtschaften“ sägt Thomas Stangl an dem Ast, auf dem er sitzt

Thomas Stangl, 1966 in Wien geboren, studierte Hispanistik und Philosophie, die Abschlussarbeit verfasste er über die konstruktivistische Literaturtheorie. Sein erster Roman („Der einzige Ort“) erschien 2004 bei Droschl. Seither veröffentlichte er im selben Verlag drei weitere Romane und zwei Essay-Sammlungen.
Aufschluss darüber, was sich Stangl unter literarischem Schreiben vorstellt, gibt die in dem hervorragenden Band „Einfache Frage: Was ist gute Literatur?“ ( 2016) publizierte Korrespondenz mit seiner Kollegin Anne Weber. Sie stammt aus der Zeit, als Stangls soeben erschienener Roman „Fremde Verwandtschaften“ gerade im Entstehen war und charakterisiert den Schreibprozess so: „(D)ie Erste Person (…) drückt sich nicht im Text aus, sondern geht nur aus dem Text hervor.“
Wie im Erstling, einer Schilderung der Wege zweier Reisender nach dem sagenhaften Timbuktu im 19. Jahrhundert, ist auch in den „Fremden Verwandtschaften“ Afrika der Schauplatz des – hier stockt man schon – „Geschehens“. Nach der europäischen „Erschließung“ des Kontinents nun ein ironisierender Blick auf postkoloniale Visionen.

Ein Architekt auf einem „Zukunftskongress“ seiner Zunft in einer grauen Millionenstadt an der westafrikanischen Küste mit dem schönen frankophonen Namen Belleville. Mit Kollegen langweilt er sich im Hotel und an der Universität, bei Konferenzen, Banketten und Besäufnissen, dazwischen denkt er an seine Lieben daheim (was wird er mitbringen an Souvenirs – Geschichten oder Geschenke?).
Bisweilen versucht er sich an der unüberschaubaren Oberfläche der nicht wirklich einladenden Stadt entlangzutasten, nimmt bei seinen Expeditionen eine von früheren Kongressen her bekannte Kollegin und Gelegenheitsgeliebte mit – auch das hebt die Laune nicht wesentlich. Eingeschoben in die Afrika-Erfühlungen Passagen, in denen ein Ich in Erinnerungsstücken herumräumt: im Gemeindebau der Kindheit und auf Reisen in London und vor allem in Paris wird in Kellern und unterirdischen Gängen herumgeirrt.

Erlebtes und Gelesenes vermengt sich. In der Metro scheint Raymon Queneaus „Zazie“ sehr nahe, und als Kenner der südamerikanischen Literatur bedient sich Stangl auch Julio Cortázars Tunnel-Theorie, um Surreales ins Alltägliche durchbrechen zu lassen. So viel zur Struktur eines sperrigen Textes mit spärlicher Handlung.
Aber: Die Mühe lohnt! Der gefährliche Satz, der üblicherweise den Verdacht nahelegt, dass eben genau das nicht so sicher sei, drängt sich hier nachgerade auf: Selten bereitet es solche Schwierigkeit, in einen Text hineinzufinden, selten fliegt man so schnell wie hier durch überhastete Lektüre aus der Kurve.
Der Text fordert vom Leser die gleiche Genauigkeit und Geduld, wie bei seiner Konstruktion aufgewandt wurde; vermeidet er doch jeden modernistischen Formeffekt, verzichtet auf spielerische Eitelkeit. Von der Wirklichkeit wissen Stangl und sein Architekt nur, dass sie es genauer wissen möchten. Die bunten Linien der Stadt- und Metro-Pläne bilden ein vorläufiges Muster, bleiben aber eben plan, bilden keine vertrauenswürdige Orientierungshilfe zwischen Wachsein, Rausch und Traum.
Eine Geschichte im herkömmlichen Sinn entsteht auf diese Weise nicht. Stattdessen schieben sich Schichten des Geschehens in- und übereinander und erschaffen so einen Gedankenraum, in dem sich Kammern finden für die großen Themen der Philosophie: die Subjekt-Objekt-Beziehung, Sprachskepsis und Zweifel oder die Möglichkeit der Erkenntnis. Die Kategorien Zeit und Raum werden als behelfsmäßige Konstrukte gezeigt, dabei wäre es schön, „so von der Zeit denken zu können, noch und schon und bald, an diese geordnete Abfolge glauben“.
Das geheime Zentrum des Buches aber ist die großartige Beschreibung des Breughel’schen Turmbaus zu Babel, in der Architektur und Sprachkonstruktion zusammenkommen. Wie das Gewimmel der rätselhaften Figuren auf diesem baulichen Ungetüm zu Einblicken in sein (vielleicht lichtes?) Inneres verführt und sie gleichzeitig verwehrt, so ergeht es dem Schreiber und dem Leser beim Versuch, zur Wirklichkeit vorzudringen.
Je genauer man dem Autor folgt, desto mehr verrätselt sich das ohnehin schon vielschichtige Bild Breughels: Der Raum scheint sich wie in den Grafiken Piranesis zu krümmen und zu dehnen, wird unüberschaubar wie die Stadt.

Stangls Text ähnelt selbst dem Turm zu Babel: Noch wird eifrig gebaut, da zeichnen sich zugleich auch schon erste Spuren von Verfall und Zerstörung ab. So wie die Erbauer ist auch der Erzähler damit konfrontiert, dass er es – Folge der babylonischen Sprachverwirrung – mit einer brüchigen Oberfläche zu tun hat: „Sprechen heißt, eine fremde Sprache sprechen.“ Eine Verständigung über diese Welt ist eben nicht möglich. Am Ende wird man sich mit dem Protagonisten fragen, ob man überhaupt „dort“ oder irgendwo gewesen ist und was man von dieser Reise mitbringt.
Der Mühe Lohn? Nach und nach entfaltet sich der Reiz der zunächst karg erscheinenden Sprache, deren Rhythmus sich vor allem bei einer lauten Lektüre erschließt. Mehr noch aber überzeugt die Nachhaltigkeit der Gedankenführung: Die Brüchigkeit, die beim Lesen irritiert hat, wirkt nach Abschluss der Lektüre fort, und man ertappt sich dabei, wie man Gedanken weiterspinnt, den eigenen „Wirklichkeiten“ misstraut: „Man muss sich entscheiden, was man über Werweißwas denkt.“

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