Unsere Fremden

Stories
312 Seiten, Hardcover
€ 26
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ISBN 9783990591659
Erscheinungsdatum 23.08.2024
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Literaturverlag Droschl
Übersetzung Jan Wilm
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Literaturverlag Droschl
Stenggstraße 33 | AT-8043 Graz
office@droschl.com
Unsere Prinzipien
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Kurzbeschreibung des Verlags

Endlich! "Unsere Fremden" ist die neueste, lang ersehnte Short-Story-Sammlung der US-Kultautorin. Die Einzigartigkeit und Genialität von Lydia Davis’ Literatur wird einmal mehr aufs Eindrücklichste untermauert.

Sie ist eine Virtuosin darin, die scheinbar beiläufigen, unbedeutenden Überraschungen des täglichen Lebens aufzuspüren und sie in kurze literarische Meisterwerke zu gießen. Pointiert, urkomisch, fabelhaft, melancholisch, doppelbödig, tiefgründig – es gibt kein Register, das Lydia Davis nicht perfekt ziehen kann.

In "Unsere Fremden" werden Gespräche belauscht und falsch verstanden. Ein Eilbrief wird mit einem seltenen weißen Schmetterling verwechselt. Über zig Ecken werden an den Haaren Gründe herbeigezogen, weshalb die Erzählerin Anspruch auf einen gewissen Berühmtheitsgrad besitzt. Dahingemurmeltes im Gespräch zwischen Mann und Frau erzeugt herrlichste Situationskomik à la Loriot. Fremde können zu Familienmitgliedern werden und Familienmitglieder zu Fremden.

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ISBN 9783990591659
Erscheinungsdatum 23.08.2024
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Literaturverlag Droschl
Übersetzung Jan Wilm
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FALTER-Rezension

Tote Tiere in der Tiefkühltruhe

Klaus Nüchtern in FALTER 42/2024 vom 18.10.2024 (S. 25)

Wie man seit vergangener Woche weiß, hat Margaret Atwood, 84, den Literaturnobelpreis wieder nicht gewonnen. Vielleicht hat sie sich darüber hinweggetröstet, indem sie gemeinsam mit ein paar alten Freundinnen den ein oder anderen Gin Tonic verräumt und über die Entscheidung abgelästert hat. So würde man es sich jedenfalls gerne vorstellen, und vergleichbare Szene finden sich auch in den 15 Storys, die in Atwoods jüngstem Buch „Hier kommen wir nicht lebend raus“ versammelt sind. Als Myrna Chrissys Wohnung betritt, ist Leonie schon da, ein Glas Gin Tonic in der Hand, große, orange Plastikohrringe, keine Perücke nach der zweiten Chemo. Die drei gehören irgendeinem Komitee an, das auf Spenden von Erben mit schlechtem Gewissen hofft, und Myra findet: „Menschen mit Geld sollten öfter sterben.“ Worauf Leonie einwendet: „Hör auf, ständig dieses S-Wort zu sagen […]. Ich finde, das triggert.“

Es wird ausführlich gestorben bei Atwood. In der letzten Geschichte, deren Titel, „Old Babes in the Wood“, auch jener der englischen Originalausgabe ist, sind nur noch Nell und deren um vieles jüngere Schwester am Leben. Nells Mann Tig ist nicht mehr (das S-Wort wird auch von ihr immer wieder ausgespart), was Nell das Herz gebrochen hat, bloß, dass man das in ihrer Familie nicht sagt, sondern stattdessen nach Keksen fragt. „,Gibt’s noch Kekse?‘, bringt sie heraus. ,Nein‘, sagt Lizzie. ,Aber Schokolade. […]‘ Sie weiß, dass Nells Herz gebrochen ist; ihr muss man nichts erzählen.“

Atwoods „Geschichten“ sind ein ziemlich wilder Mix. Unter ihnen findet sich etwa auch ein Monolog der grausam ermordeten spätantiken Philosophin und Mathematikerin Hypatia von Alexandria („Tod durch Muschelschalen“), eine düstere post-pandemische eugenische Dystopie („Freizone“) à la „Der Report der Magd“ oder ein „Interview mit einem Toten“, das Atwood selbst mit niemand Geringerem als George Orwell führt.

Formal konventioneller, aber um nichts weniger schräg und darüber hinaus sehr, sehr komisch sind „Meine böse Mutter“ und „Schlechte Zähne“. Besagte Mutter fusioniert schwarze Magie mit schwarzer Pädagogik, um ihre Tochter unter anderem vor dem sicheren Unfalltod im Auto ihres Freundes oder vor deren Sportlehrerin zu schützen, mit der die dominante Mama einen schon Jahrhunderte währenden Showdown unter Hexen austrägt. Und die schlechten Zähne gehören einem gewissen Newman Small, von dem Csilla unbeirrbar behauptet, ihre Freundin Lynne hätte in den späten 1960ern eine Affäre mit diesem gehabt, was diese so vehement wie folgenlos bestreitet.

Die Unverblümtheit, mit der die beiden älteren, Scones schnabulierenden Damen ihr Liebesleben von seinerzeit Revue passieren lassen, wird in der deutschen Ausgabe übrigens nicht ganz originalgetreu abgebildet, wenn Monika Baark „to be hung like a donkey“ etwas gar betulich mit „was in der Hosen haben“ übersetzt.

Die Gemeinsamkeiten zwischen Margaret Atwood und deren US-amerikanischer Kollegin Lydia Davis, 77, sind nicht zu übersehen. Beide haben soeben Storys herausgebracht, in denen sie sich ausgesprochen unzimperlich mit dem Altwerden und den damit einhergehenden Verlusten auseinandersetzen; beide verfügen über eine unglaubliche Beobachtungsgabe, Beschreibungsakribie und einen ziemlich trockenen Witz; beide warten mit grandiosen Freundinnengesprächen auf; und bei beiden spielen Tiere eine große, tote Tiere in Tiefkühltruhen eine besondere Rolle. Bei Atwood ist es eine Katze zwischen Würsten und Erbsen, bei Davis ein Wiesel neben einer Flasche Wodka.

Und nun zu den Unterschieden. Atwood kann Kurzgeschichte, aber in Sachen Kürze spielt Davis, die 2013 mit dem internationalen Man Booker Prize ausgezeichnet wurde, in ihrer eigenen Liga. Der offizielle Witz geht so: Davis’ Bücher kann man während einer roten Ampelphase lesen. Der Meta-Joke dazu: Eine Grünphase tut’s auch. Denn die „Geschichten“ in „Unsere Fremden“, dem bereits sechsten Erzählungsband, der im Grazer Droschl Verlag erschienen ist, sind oft nur wenige Zeilen lang.

Wo Atwood mit ihren sieben unsentimentalen, aber berührenden Storys über Nell und Tig ihrem Band ein starkes thematisches und narratives Rückgrat eingesetzt hat, da verzichtet Davis auf dergleichen und setzt aufs serielle Prinzip – etwa mit ihrer „Claim to Fame“-Reihe (in der Übersetzung: „Berühmtheitsgrund“, naja), die Promi-Ansprüche anmeldet, weil: „Der Schwiegervater der Tochter der Tante meiner Halbschwester war Ezra Pound.“ Sehr vergnüglich auch die „Ehemomente der Verärgerung“, wo sich der Eintrag „Gemurmel“ wie folgt liest: „[Murmel, Murmel.]“ / „Ich kann dich nicht hören.“ / „Willst du mich hören?“ / „Nein.“

Es ist nur ein Beleg dafür, wie die auch als Übersetzerin tätige Lydia Davis Störungen in der Kommunikation als Inspirationsquelle nutzt und Fehlleistungen wie Verschreiben, Versprechen und Verhören zum Ausgangspunkt ihrer verbalen Vignetten macht – zum Frust und Verdruss des Übersetzers, der am Original nur scheitern kann, wenn ein Pilot und eine Vogelfreundin aufgrund der akustischen Ähnlichkeit der Phrase „So what?“ („Na und?“) und „Saw Whet“ (Sägekauz) aufs Komischste aneinander vorbeireden.

Davis’ überbordende, nach allen Seiten offene Neugier ist ansteckend und kommt in dem Text „Jemand fragt mich nach Flechten“ aufs Schönste zum Ausdruck: „Nachdem die Person gesagt hatte, dass er vermute, ich könnte mich für Flechten interessieren, habe ich mich natürlich sofort für Flechten interessiert […], obwohl ich eigentlich kein flechteninteressierter Mensch gewesen war, bis zu dem Zeitpunkt, als er dies gesagt hatte.“ Es versteht sich wohl von selbst, dass sich der Rezensent nach Lektüre dieser Geschichte sofort das Buch „Die Flechten Mitteleuropas“ bestellt hat.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

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