Unten leben

Roman
600 Seiten, Hardcover
€ 34
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ISBN 9783990591918
Erscheinungsdatum 22.08.2025
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Literaturverlag Droschl
Übersetzung Manfred Gmeiner
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HerstellerangabenAnzeigen
Literaturverlag Droschl
Stenggstraße 33 | AT-8043 Graz
office@droschl.com
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Kurzbeschreibung des Verlags

"Unten leben" ist ein Meisterwerk und Meilenstein der lateinamerikanischen Literatur des 21. Jahrhunderts – ein Buch voller Abenteuer, eine Horrorgeschichte, ein Kriminalroman, eine Geschichte, die aus tausend Geschichten besteht, und ein Reisebericht durch Länder, in denen der Wahnsinn und das Grauen herrschen. Es ist auch ein Roman mit einem quichotesken Humor, in dem verrückte Künstler, gelehrte Spione und geisterhafte Dichter ihr Unwesen treiben.

Es beginnt in Peru, als der amerikanische Filmemacher George Bennett an dem Tag, an dem der Anführer der Guerillagruppe Sendero Luminoso gefangen genommen wird, im Keller eines Hauses einen finsteren Mord begeht. Die Vorgeschichte dieses Verbrechens reicht fünfundzwanzig Jahre zurück, und es wird weitere fünfundzwanzig Jahre dauern, bis es aufgeklärt wird.

Erstaunlich, wie die Teile des Rätsels aus Katakomben, Irrenanstalten und unterirdischen Gefängnissen sich zusammenfügen, während man sich auf eine unendliche Reise durch die dunklen Verliese der Geschichte Lateinamerikas, Europas und der Vereinigten Staaten begibt.

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ISBN 9783990591918
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Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Literaturverlag Droschl
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FALTER-Rezension

Ein Horrortrip ins Herz der Finsternis

Thomas Leitner in FALTER 42/2025 vom 15.10.2025 (S. 18)

ustavo Faverón Patriau, 1966 in Lima geboren, studierte unter anderem an der ehrwürdigen Cornell-University in Ithaka. Die Virtuosität, mit der er den Leser narrt, mag auf einen großen Lehrer dort zurückgehen: Vladimir Nabokov. Er selbst unterrichtet Literatur an einem College in Maine. Trotz zahlreicher Publikationen, darunter ein Sammelband über den chilenischen Autor Roberto Bolaño, war er im deutschen Sprachraum bislang ein Unbekannter.

Sein zweiter Roman „Vivir abajo“ war 2019 im Original erschienen. Der Droschl Verlag wagt sich nun dankenswerterweise an die Herausgabe, Manfred Gmeiner als Übersetzer meisterte die kolossale Aufgabe. Das zunächst tausendseitige und danach um ein Drittel gekürzte Romanmonstrum, das der Autor in drei Monaten Universitätsferien geschaffen hat, stellt höchste Anforderungen an Übersetzer, Leser und Interpreten. Die Dichte des Textes reicht an das Werk des chilenischen Autors Roberto Bolaño (1953–2003) heran, dessen Romane „2666“ und „Die Naziliteratur in Amerika“ ähnliche Themen aufgreifen.

Die Viten zweier George W. Bennetts, Vater und Sohn, dienen als dünner, immer wieder abreißender roter Faden durch 40 Jahre Gewaltgeschichte Südamerikas, die noch tiefer wurzeln und bis zu den Balkankriegen, ja den Verbrechen im Jugoslawien des Zweiten Weltkriegs zurückreichen. Ein US-Soldat soll in Bosnien 1944 ein Massaker angerichtet haben, wo die US-Army allerdings gar nicht war. Und so geht es weiter zwischen Wirklichkeit und Fiktion, Traum, Tod und Enthüllung, etwa der wohlbekannten Geheimdienstabenteuer von Nazigrößen wie Klaus Barbie und Adolf Eichmann und der US-Komplizenschaft mit Diktatoren wie Alfredo Stroessner und Augusto Pinochet. Aber selbst da mischt der Autor nicht überprüfbare Gerüchte hinein: So hätte sich Barbie das Pseudonym Altmann als „Andenken“ an sein prominentestes Opfer zugelegt.

Als verdienter US-Veteran hat Vater Bennett für Diktaturen in Paraguay und Chile ingeniöse unterirdische Verliese konstruiert, darüber hinaus mit Hingabe die raffiniertesten Foltermethoden unterrichtet. Der Sohn setzt, trotz aller Versuche, ihn vom väterlichen Gewalterbe abzuschirmen, die Tradition fort. Auf seiner Grand Tour durch Lateinamerika – Asunción, Buenos Aires, Santiago, Lima – macht er in langen Gefängnisaufenthalten ausführlich Bekanntschaft mit den Komplizen und Bauten des Vaters, er selbst ist gewalttätigen Racheakten nicht abgeneigt. Am Ende allerdings hält er dort Einkehr, wo der Senior Che Guevara ermordet hatte, und kultiviert dort als Reinkarnation des kubanischen Revolutionärs seinen Garten …

So weit der fasslichste Handlungsstrang. Was Faverón Patriau sonst noch alles in seinem erzählerischen Netz erspinnt, übersteigt jede Möglichkeit der Nacherzählung. Da tritt etwa ein rätselhafter jugoslawischer Buchhändler mit Drillingstöchtern auf, der einen kauzigen Vogelkundler in Brunswick mit hunderten unveröffentlichten Romanen eines verrückten Peruaners eindeckt. Zu einigen gibt es Inhaltsangaben: Ein kurzer Text etwa handelt von einer Kakerlake, die sich in einen jüdischen Schriftsteller verwandelt.

Literarische und cinematografische Anspielungen – George junior ist Undergroundfilmer – bereichern zusätzlich den überbordenden Text. Man liest berührende Erinnerungen an die fast vergessene, 1972 im Alter von 36 Jahren verstorbene argentinische Dichterin Alejandra Pizarnik oder findet die Behauptung, alle wirklich große Literatur handle von Rache, schelmischerweise nicht nur mit der „Ilias“, „Hamlet“ und „Moby Dick“, sondern auch mit „Der schwerelose Turmspringer“ belegt. Kein Roman auf der Welt trägt diesen Titel, aber das wunderbare Fresko eines Grabgewölbes in Paestum zeigt einen solchen (Auftrag des Autors: Recherchiere das einmal!).

Andere Figuren, die man der allzu lebhaften Fantasie des Autors zu verdanken meint, sind hingegen pure Realität. So existierte im Chile des 19. Jahrhunderts tatsächlich ein „großer“ Rassentheoretiker namens Nicolás Palacios. Der wollte nachweisen, dass sich die unleugbare Überlegenheit des chilenischen Menschenschlags den Massenvergewaltigungen von Mapuche-Frauen durch die Conquistadoren verdankt. So konnte das über Jahrhunderte in den Adern der Eroberer konservierte westgotische Blut die Indigenen auf eine höhere Stufe heben.

Die filmischen Referenzen reichen von den wenig bekannten Stummfilmen eines Dimitri Kirsanoff und dem thematisch passenden sowjetischen Antikriegsfilm „Komm und sieh!“ (1985) bis zu dem sich geradezu aufdrängenden Irrsinn des südamerikanischen Dschungels in Werner Herzogs Klaus-Kinski-Filmen „Aguirre“ und „Fitzcarraldo“. Die einzige Illustration des Buches, ein Bild von Hieronymus Bosch, zeigt ein vergebliches Remedium: die „Extraktion des Steins des Wahnsinns“ aus dem Kopf des Patienten.

Die Zeit ist aus den Fugen – so viel steht fest. Eine mathematische Erklärung des Phänomens mithilfe des sogenannten „Banach-Tarski-Paradoxons“ wird angedeutet. Dem nachzugehen würde aber wirklich zu weit führen.

„Immer noch Sturm“ – dieses Gefühl vermittelt Faverón Patriaus Betrachtung der südamerikanischen Kultur. Shakespeares letztes Stück gibt ihm Anlass zu ­vielfältigen Assoziationen, in denen der Windgeist Ariel ebenso eine Rolle spielt wie ein unterirdischer Caliban. Im Stimmengewirr der zeitweise träumenden, im Rausch fantasierenden, ihre Identität vertauschenden Erzähler ist noch vieles für den Heraus-Leser zu entdecken. Es braucht dazu allerdings Zeit, Geduld, und – bei den Folterszenen und anderen Derbheiten – einen starken Magen.

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