

Schillernder Hessenthaler
Thomas Walach in FALTER 37/2024 vom 11.09.2024 (S. 19)
Julian Hessenthaler ist eine schillernde Gestalt. Für einen Detektiv ist das nicht optimal. "Ist der Ruf erst ruiniert ", wird sich Julian Hessenthaler gedacht haben und schrieb mit Hilfe von Falter-Journalistin Barbara Tóth ein Buch über Ibiza. Hessenthaler berichtet über seine Verurteilungen wegen Drogendelikten, über seinen Versuch, im Bereich privater Nachrichtendienste Karriere zu machen, vor allem aber natürlich über das Ibiza-Video. Bei all dem muss sich der Leser zumeist auf Hessenthalers Wort verlassen, denn Gewährsleute oder Beweise für viele seiner Ausführungen kann oder will er nicht nennen. Auffallend ist, wie sehr Hessenthaler sich darum bemüht, die übrigen Beteiligten -von Auftraggeber Ramin Mirfakhrai bis zum Lockvogel "Alyona Makarova" - im besten Licht darzustellen.
Wer auf neue Einsichten in die Geschehnisse um das Ibiza-Video hofft, muss sich auf eine Enttäuschung gefasst machen. Nicht jedes Detail, aber doch die wichtigen Fakten aus dem Buch sind längst bekannt. Deutlich wird Hessenthaler, als er Jan Böhmermann vorwirft, das Vertrauensverhältnis zwischen Journalist und Quelle missbraucht und die ganze Unternehmung in Gefahr gebracht zu haben. Ein großer Teil von "Nach Ibiza" ist den Ermittlungen gegen Hessenthaler gewidmet. Der Detektiv sieht sich als Opfer eines Komplotts. Das Vorgehen der Polizei sei politisch motiviert gewesen, das österreichische Justizsystem habe laut Hessenthaler ein Problem: Die Staatsanwälte hingen am Gängelband der Polizei, es gebe keine "Checks and Balances". Manche Beobachter fanden schon die Anklage gegen Hessenthaler wegen Drogenhandels dünn, die folgende Verurteilung nicht nachvollziehbar. Das betont er immer wieder. Nach der Lektüre bleibt die Frage: An wen richtet sich dieses Buch? Wer die Affäre aufmerksam verfolgt hat, findet wenig Neues. Wer sich bisher nicht dafür interessierte, wird sich von der trockenen Nacherzählung nicht in den Bann ziehen lassen. Als Thriller ist "Nach Ibiza" nämlich nicht angelegt.