

Wiedergänger und Wiederholungstäter
Heinz P. Wassermann in Falter 43/2023 vom 2023-10-25 (S. 19)
Wiederholungstäter 1: Standard- Redaktionsleiter Harald Fidler, der nach seiner umfassenden "Österreichs Medienwelt von A bis Z" (2008) - endlich -wieder in die Abgründe der heimischen Medienlandschaft und -"politik" blicken lässt.
Wiederholungstäter 2: Der VfGH, der als der medienpolitische Vetospieler für die heimische Medien"politik" eine echte Spaßbremse ist. Zuletzt, indem er den Bestellmodus zum allmächtigen, seit der Kanzlerschaft Wolfgang Schüssels "entpolitisierten" ORF-Stiftungsrat in Teilen aufhob.
Und schließlich die Medienpolitik (oder jene, die vorgibt, eine solche zu sein) als dritte Wiederholungstäterin, die -um den Befund von Publizistikprofessor Roman Hummel aus dem Jahre 1992 zu zitieren und fortzuschreiben -"gemeinhin nicht gemacht [wird], sie ereignet sich".
Düstere Antrittsvorlesung Der erste Teil des Buchs hat die fundiertdüstere Anmutung einer Antrittsvorlesung eines frisch bestellten Professors an einem Institut für "Irgendwas mit Medien" und vermittelt den Eindruck des "Studiert doch etwas anderes!".
Für den verbleibenden, renitenten (oder eben ambitionierten) Rest eignet sich der zweite Teil als Basislektüre der Vorlesung "Einführung in den Journalismus". Er versammelt (kurze) Beiträge von Florian Asamer bis zu Armin Wolf, von Oscar Bronner bis zu Lisa Totzauer.
Die Beiträgerinnen und Beiträger weisen zwar eine gewisse Falter-/Standard-/ORFund vor allem Wienlastigkeit auf, die Beiträge sind aber durchaus lesenswert. Nach Referierung von Ergebnissen des mittlerweile doch etwas angegrauten "Journalismus Report" des "medienhaus wien"(Fazit: Schaut gar nicht gut aus) und des aktuellen "Digital News Report"(Fazit: Der Medienkonsum hierzulande ist ein im internationalen Vergleich echtes und mehrfaches wenig digitales Unikum) liefert Fidler das, was man von einem "echten" Fidler erwartet: eine zum Teil launisch-lakonische, mit dem für ihn typischen Wortwitz versehene Rekonstruktion und Analyse des "Kuriositätenkabinetts österreichischer Eigenheiten", die vor allem "Medienpolitik als Machtpolitik"(miss)interpretiert.
Ein besonders spannendes Detail: Digitale Werbeumsätze der zumeist US-amerikanischen Internetgiganten wie Google oder Microsoft haben mit analogen Werbeumsätzen mittlerweile gleichgezogen.
Für eine mit der Thematik befasste Leserschaft liefert Fidler ein kompaktes Update zu "Österreichs Medienwelt" und zum fulminanten "Im Vorhof der Schlacht" (2004). Für an der Thematik Interessierte bietet das Buch einen im selben Maße informativen wie kompakten Überblick.
Wo bleiben die Hochschulen?
Dem Buch hätte ein sorgfältig(er)es Lektorat, das auf einige faktische Fehler und Redundanzen aufmerksam gemacht und es inhaltlich besser strukturiert hätte, keineswegs geschadet.
Fidlers Buch zeigt erneut, dass substanzielle Forschungen und Beiträge zur heimischen Medienlandschaft/Medienpolitik über weite Strecken entweder außeruniversitär ("medienhaus wien" bzw. "Institute for Comparative Media and Communication Studies" an der ÖAW) oder von einschlägig ausgewiesenen Journalisten, allen voran von Harald Fidler, geleistet werden.
Die Hochschulen haben sich ganz offensichtlich aus dieser Debatte abgemeldet.