Pathos

128 Seiten, Hardcover
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Reihe übermorgen
ISBN 9783218012560
Erscheinungsdatum 22.02.2021
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Verlag Kremayr & Scheriau
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HerstellerangabenAnzeigen
Verlag Kremayr & Scheriau GmbH & CO.KG
Rotenturmstrasse 27/5 | AT-1010 Wien
d.sima@kremayr-scheriau.at
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Kurzbeschreibung des Verlags


Pathos ist überall. Permanent sind wir bewegt, empört und berührt von der Welt – und wollen das auch mit allen teilen. Pathos bedeutet Macht. Wenn die eigene Bewegtheit andere bewegt, kommen erst die Dinge ins Rollen. Dann kann Pathos Veränderung bedeuten. Gleichzeitig spiegelt sein Einsatz auch die herrschenden Machtverhältnisse wider.





Scharf und pointiert seziert Solmaz Khorsand die einzelnen Tonlagen des uns stets umgebenden Pathoskonzerts. Sie misst die Lautstärke der Wortführer und hört bei den leisen Äußerungen der Ausgeschlossenen genau hin. Sie spürt, wessen aufgeregtes Geheul Gewicht hat und wem man rät, doch bitte nicht so pathetisch zu sein. Sie zeigt den fein balancierten Kipppunkt, an dem sich entscheidet, ob Pathos zu Achtsamkeit führt oder zu Radikalisierung. Und nicht zuletzt tritt sie ein für ein Innehalten, ein Dämpfen unseres eigenen Lärms und einen realistischen Blick auf uns selbst, der dazu ermutigt, im richtigen Moment einfach mal den Mund zu halten.



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FALTER-Rezension

Wir und die anderen im ermüdenden Pathoskonzert

Robert Misik in FALTER 14/2021 vom 09.04.2021 (S. 20)

Das Wir gibt es nicht. Es existiert schlichtweg nicht“, schreibt Judith Kohlenberger gleich vorne in ihrem Essayband mit dem schlichten Titel „Wir“. In Gesellschaften leben Menschen unterschiedlicher Milieus, divergierender Lebenslagen, diverser Werte, Junge, Alte, Familien mit Kindern, Singles, Leute unterschiedlicher ethnisch-kultureller Identitäten. Alle irgendwie anders.

Und doch wird genauso oft ein „Wir“ beschworen wie das Fehlen eines „Wir“-Gefühls beklagt. Dass Menschen, die gemeinsam in einem – wie auch immer umgrenzten – Raum leben, zusammengehören, wird mal mehr, mal weniger stark empfunden, gelegentlich wird auch ein kuhwarmes „Wir-Gefühl“ ersehnt.

Solidarität etwa kommt ohne „Wir“-Gefühl schwer aus, und in der Praxis sind Solidaritätsgefühle dann stärker, wenn sich die Beteiligten als „Ähnliche“ empfinden, und es ist daher immer auch umkämpft, wer zur „In-Group“ oder der Solidargemeinschaft dazuzählt, oder wieder anders gesagt: zum Wir.

Deswegen ist das „Wir“ zugleich so wichtig und auch so gefährlich, denn es kommt ohne Abgrenzung schlecht aus: Wir und die Anderen. Nicht übersehen werden dürfe, „dass das inflationäre Wir nicht nur Einheit schaffen, sondern auch Spaltung erzeugen kann“, schreibt die Kulturwissenschaftlerin Kohlenberger, die an der Wirtschaftsuniversität lehrt und als Migrations- und Arbeitsmarktforscherin das „Wir“ von den Rändern her denkt, also der Frage nachgeht, wie Diskriminierte, Neuhinzukommende, sogenannte „Andere“ in das „Wir“ der Solidargemeinschaft hineinkommen.

War früher das „Wir“ mit starker Ähnlichkeit, mit Nation, relativer ethnischer Homogenität verbunden, so bewegen „*wir*“ uns langsam zu einem postnationalen „Wir“, und das geht nicht ohne Konflikte ab, oder, wie Kohlenberger das nennt, mit „Wachstumsschmerzen“.

Hinzu kommt, dass nicht nur Migration und Diversität eine Herausforderung für das „Wir“ sind, auch eine neoliberale Ego-Gesellschaft, Individualisierung und die kulturelle Ausdifferenzierung machen „Wir“-Ideen prekär.

Nicht nur Minderheiten haben das Problem, nicht Teil des „Wir“ zu sein, auch die angeblichen Mehrheiten fragen sich, wo denn das „Wir“ geblieben ist, das sie sich ersehnen.

Über all diese Fragen lässt sich entlang des luziden Essays von Judith Kohlenberger gut nachdenken. Dafür ist die feine Reihe „übermorgen“, in der der Essay erschien, auch gemacht. Jedes der Bücher trägt nur ein Wort im Titel.

„Pathos“ lautet der Band, den die Journalistin Solmaz Khorsand vorgelegt hat, und man kann diese beiden Bücher durchaus im Dialog lesen. Letztlich umkreist Khorsand nämlich gar nicht so unähnliche Themen. Unter „Pathos“ verstehen wir in der Alltagssprache nicht selten großspuriges Gerede, einen Sprechmodus, wie ihn Staatsmänner, Kardinäle oder auch Revolutionäre anschlagen können, die von Tribünen hinunter schmettern. Womöglich denken wir an „hohles Pathos“.

Aber Pathos ist viel mehr, es ist die Emotion, mit der wir unsere Argumente versehen. Pathos ist alles, was uns gefühlsmäßig „anfasst“. Pathos „bedeutet Macht“, schreibt Khorsand. „Erst wenn die eigene Bewegtheit andere bewegt, kommen die Dinge ins Rollen.“ Pathos quillt aber auch überall raus. „Es ist ermüdend, dem Pathoskonzert auf Dauer zuzuhören.“

Es ist eine komplizierte Sache mit dem Pathos, es kann der Gerechtigkeit dienen oder zu Genoziden aufstacheln. Und, so Khorsand, nicht allen wird das gleiche Recht auf Pathos zuerkannt. Das Pathos der einen wird sofort anerkannt, das Pathos anderer als „weinerlich“ und „übertriebenes Geheule“ abgetan. Klagt ein Mann ein Unrecht pathetisch an, ist er ein guter Redner, macht es eine Frau, gilt sie leicht als „hysterisch“.

Wir alle sollten die Lautstärke manchmal runterdrehen, meint Khorsand, aber ­diejenigen, die sowieso leicht Gehör finden, sollten damit, salopp gesagt, als Erste beginnen.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

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