Junger Mann

240 Seiten, Hardcover
€ 22.7
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ISBN 9783455003888
Erscheinungsdatum 15.09.2018
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hoffmann und Campe
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HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH
Harvestehuder Weg 42 | DE-20149 Hamburg
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Kurzbeschreibung des Verlags



Der Dreizehnjährige, der auf die Waage stieg und sich um den Verstand verliebte


"Mit vier Jahren brach ich mir zum ersten Mal das Bein. Mein großer Bruder hatte zusammen mit seinen noch größeren Freunden und deren noch größeren Brüdern eine Sprungschanze gebaut. Eine Schanze baute man, indem man eine Schaufel organisierte und Schnee auf einen Haufen schaufelte. Dann trampelte man darauf herum. Dann fuhr der Beste los und sprang am weitesten. Nach ihm der Zweitbeste am zweitweitesten. Zuletzt mein Bruder. Dann ich."


Auf diese Weise lernt der junge Mann früh den Vorteil von Unfällen schätzen: Trostschokolade. Und er lernt den Nachteil von Trostschokolade kennen: Übergewicht. 


Mit 13 beginnt er in den Sommerferien eine radikale Abmagerungskur. Weil ihn unvorbereitet dieses  zauberhafte Lächeln getroffen hat. Das Gute am Verlieben: Die Elsa. Das Problem am Verlieben: Ihr Ehemann. Der Lastwagenfahrer Tscho. 


Mit jedem Kilo, das der junge Mann abnimmt, sieht er seine Chancen bei ihr steigen. Als sie mit ihm auch noch eine Spazierfahrt in ihrem neuen Renault 5 unternimmt, heizt das seinen Kalorienverbrauch weiter an. Und der Ferienjob auf der Tankstelle hat den großen Vorteil, dass er immer genau weiß, wann Elsas Mann gerade nach Griechenland oder in ein noch ferneres Land aufgebrochen ist.


Eines Tages taucht der gefürchtete Lastwagenfahrer aber doch überraschend zwischen Diesel-Zapfsäule und Tankstellenshop auf und macht dem jungen Mann ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.


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FALTER-Rezension

„Yesterday olmeitralalala fahreweh!“

Klaus Nüchtern in FALTER 38/2018 vom 21.09.2018 (S. 35)

Ist der neue Roman von Wolf Haas überhaupt von Wolf Haas? Und wenn ja: von welchem?

You can’t judge a book by looking at the cover“, sang Bo Diddley. Das mag schon stimmen, aber die ganze Wahrheit ist es auch nicht. Den Umschlag des soeben erschienenen Romans von Wolf Haas ziert eine Personenwaage, deren Gewichtsanzeige auf 92 Kilo steht. Bei den meisten Menschen ist das zu viel – das gilt auch für den vornamenlosen Ich-Erzähler von „Junger Mann“, der entgegen den Beteuerungen seiner ziemlich anstrengenden Mutter weiß, dass er keine „schweren Knochen“, sondern ein Normalgewicht von 80 und ein Idealgewicht von 72 Kilo hat.

Die mit orangem Frottee bezogene Waage erinnert an die gelbe Luftmatratze auf dem Cover von Haas’ „Das Wetter vor 15 Jahren“ (2006). Das passt ganz gut, denn sowohl „Das Wetter“ als auch „Junger Mann“ sind Erinnerungsromane, die zurückblicken auf die Jugendzeit jener Generation, der auch der Autor angehört. Und Liebesromane sind es sowieso.

„Rückwärts durch die Knie betrachtet war die Welt schon immer am interessantesten“, lautet der Schlüsselsatz von „Junger Mann“. Er kommt ganz am Anfang und ganz am Schluss vor und gewinnt dazwischen an Gewicht, während der Protagonist mithilfe der „Wir“-Diät zügig Kilos loswird. „Wir“, so sei für jüngere Leserinnen und Leser angemerkt, war eine „werktägliche Konsumenten- und Lebenshilfeberatungssendung“ (Wikipedia), die 1974 im ORF auf Sendung ging, jenem Jahr, in dem der Roman spielt und in dem Wolf Haas und sein Ich-Erzähler beide 13 Jahre alt waren.

Es ist alles da, was da sein muss, nicht nur die frotteebezogene Personenwaage, sondern auch die Ölkrise samt dem autofreien Tag, der Renault 5,
der Adidas-Turnschuh, das Gratisschulbuch, die Limonade Sinalco, die Zigarettenmarke Austria Drei, der Turmspringer Niki Stajkovic und der Schnurrbart von Jason King.

„Junger Mann“ ist ein Retro-Roman und erinnert ein wenig an die augenzwinkernde Sentimentalität von „Wickie, Slime & Paiper“. Das ist ungewöhnlich für einen Autor, der in einem Interview einmal bekannt hat: „Gut recherchierte Sachen möchte ich in einem Roman gar nicht lesen. Das Gefühl der Authentizität muss aus der Erzählweise hervorgehen.“ Gut, für „Junger Mann“ hat Haas nicht viel recherchieren, sondern sich bloß erinnern müssen. Dennoch beschleicht einen schon auf den ersten Seiten das Gefühl, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.

Der junge Mann arbeitet auf der Tankstelle. In Sachen Tankstellennaturalismus leistet der Roman einiges. So erfährt man etwa, wie wichtig es war, „einen eleganten Betrag hinzutanken“, also einen runden, zumindest aber einen Schillingbetrag und um Gottes Willen nicht „45 Schilling und 11 Groschen“. Auch kann der Protagonist „am Zerquetschungsgrad der Wespen und Fliegen auf den Windschutzscheiben […] die Raser von den besonnenen Fahrern unterscheiden“, so dass man – gleichsam im Blick zurück durch die Knie – schlagartig gewahr wird: Genau, in den 70er-Jahren gab es ja noch Tankwarte und Insekten! Auch die Tankdeckelaufschraubmühen werden mit großem Engagement beschrieben, sie fruchten bloß nichts, sodass der Lehrling den Chef holen muss: „Schon die rasch dackelnde Maschinerie seiner Knickerbockerschritte strahlte einen unwiderstehlichen Optimismus aus.“

Das klingt nun gar nicht nach Wolf Haas. Jedenfalls nicht nach dem Wolf Haas der Brenner-Krimis, des „Wetters“ oder der „Verteidigung der Missionarsstellung“; jenem Wolf Haas, der die Kunst des Weglassens meisterlich beherrscht und die kühne Konstruktion seiner Romane selbstbewusst ausstellt, indem er auf Fassade und Verputz verzichtet. „Junger Mann“ erinnert vielmehr an das Werk eines vom Horror vacui getriebenen Innenausstatters, der kein Fleckerl leer lassen kann und auf diese Weise das produziert, was Wolf Haas, der andere Wolf Haas, einmal mit dem schönen Begriff „Toomuchheit“ umrissen hat.

Keine Frage, die Geschichte vom jungen Mann, der sich in die um zehn Jahre ältere Frau des Fernfahrers Tscho verknallt, und die sich zu einem veritablen Roadmovie mit unerwartet pathosgeladener Wendung entwickelt, liest sich nicht unspannend, und der Besuch des Sohns beim alkoholkranken und spielsüchtigen Vater, der sich im „Irrenhaus“ eigentlich ganz wohl zu befinden scheint, geht einem zu Herzen. Aber unterwegs werden schon auch einige leere Kilometer gemacht. Dass der Ich-Erzähler ständig betont, wie „lässig“ er sei – genau: „cool“ hieß damals ja „lässig“! –, ist als performativer Selbstwiderspruch schon beim ersten Mal nur mäßig lustig, beginnt aber nach der zweiten Wiederholung schlicht zu nerven.

Was soll das? Was hat sich der vielleicht lässigste Schriftsteller des Landes dabei gedacht? Wollte er vorsätzlich ein Buch ohne jeden doppelten Boden schreiben, mit einem authentisch authentischen Ich-Erzähler, der sich keine hintersinnigen Wolf-Haas-Witze einfallen lassen muss, sondern glaubhaft die Humorigkeit eines Pubertierenden vor sich herträgt? Sollte der Umstand, dass der Vater einmal als „Herr Haas“ angesprochen wird, eine meta-ironische Finte sein, um Germanisten reinzulegen und die alte Binsenweisheit auszuhebeln, der zufolge man den Autor nie mit dem Erzähler verwechseln dürfe? Liegt hier also – eckerlätsch! – ein ungekünsteltes Porträt des Künstlers als junger Mann vor?

Oder hat Wolf Haas einfach ein unveröffentlichtes Manuskript aus der Prä-Brenner-Ära aus der Schreibtischlade gezogen? Auch dafür spricht einiges. Immer wieder hat man bei der Lektüre das Gefühl, einen Autor zu lesen, der auf dem Weg ist, eines Tages Wolf Haas zu werden. Einiges von dem, was sich „später“ zu voller Blüte entfalten sollte, ist hier „schon“ angelegt: Die schafsköpfig-fiebrige Verliebtheit, mit der nicht nur der Brenner immer wieder geschlagen ist, die Faszination der Typografie (kyrillsche Buchstaben!), vor allem aber die umfassende Oralfixiertheit, die sich gleichermaßen auf Sprechwerkzeug wie Sprechakt erstreckt.

Das so ziemlich einzige Asset, mit dem der Protagonist bei Elsa, die den „wunderschönen Dialekt des übernächsten Nachbardorfes“ spricht und die Beatles in rührend unbefangenem Denglisch nachsingt, wirklich zu punkten vermag, sind seine Englischkenntnisse. Also gibt er ihr Unterricht: „,Du musst nur üben, sagte ich und sprach ihr noch ein besonders schönes ,The!‘ vor. Obwohl ich auch ein Handicap hatte wegen meines abgesplitterten Schneidezahns, durch den die Luft zischte, wenn ich nicht aufpasste. ,I shame me wis se tongue‘, sagte sie. ,With‘, korrigierte ich sie und demonstrierte ihr die perfekte Zungenstellung. ,Schau! Du musst die Zunge auf die Schneidezähne legen. Wiiiithhhhh!‘“

Die Szene zwischen dem Jungen Mann und Elsa erinnert an den Schönsprechunterricht, den Professor Higgins dem Cockney-Girl Eliza (!) erteilt. Was auch immer Wolf Haas hier vorgelegt hat, alleine wegen des sanft schweinigeligen Reenactments von „My Fair Lady“ und der Hymne auf die Erotik des Si-Äitsch wollen wir ihm das durchgehen lassen. Diesmal. In Zukunft muss er aber auch wieder ein bissl brav sein.

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Über den Autor

Wolf Haas, geboren 1960 in Maria Alm, Salzburg, studierte zunächst Psychologie, dann Germanistik und Linguistik an der Universität Salzburg. Anschließend arbeitete er als Lektor in Swansea, Wales, war als erfolgreicher Werbe- und Radiotexter tätig und nahm anschließend die Karriere als freier Schriftsteller auf. Haas erlangte an Bekanntheit vor allem durch seine Brenner-Krimis, die in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet wurden. Unter anderem erhielt er den Deutschen Krimipreis, den Burgdorfer Krimipreis, den Literaturpreis der Stadt Wien sowie den Wilhelm-Raabe-Preis. Etliche seiner Brenner-Romane wurden bereits erfolgreich verfilmt. Außerhalb der Erfolgsreihe erschienen zuletzt die Romane "Junger Mann", "Verteidigung der Missionarsstellung" und "Das Wetter vor 15 Jahren". Haas lebt in Wien. Reihenfolge der Brenner-Krimis: 1. Auferstehung der Toten 2. Der Knochenmann 3. Komm, süßer Tod 4. Silentium! 5. Wie die Tiere 6. Das ewige Leben 7. Der Brenner und der liebe Gott 8. Brennerova

Alle Bücher von Wolf Haas