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Kurzbeschreibung des Verlags
Günther Anders’ persönlichste Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft.
»Die Totenpost« ist der Titel eines Zyklus von 33 Elegien aus dem Wiener Nachlass von Günther Anders. Die Entstehung dieser Texte verdankt sich einem Ereignis, von dem Anders in seinem Buch »Lieben gestern« (1986) berichtet. Unter dem Datum »März 1948« wird vermerkt, dass sieben Fässer in seinem engen New Yorker Dachzimmer abgeladen worden seien. Diese Behältnisse, von deren Existenz Anders nichts wusste, enthielten den Nachlass von mehreren Generationen der jüdischen Familie Stern, der er selber entstammte. Die Eltern hatten die Fässer kurz vor ihrer Emigration in die USA im Herbst 1935 aufgegeben, ohne ihr Ziel jedoch zu erreichen.
Nach eigener Auskunft versuchte Anders, sich von der so unerwartet über ihn hereingebrochenen Vergangenheit zu befreien, indem er das meiste verbrannte. Die drei Fassungen der »Totenpost« belegen indes, dass seine ganz persönliche Auseinandersetzung mit dem Material und mit dessen Zerstörung kein Ende fand. Die letzte Fassung der Elegien datiert auf das Jahr 1952. In dem Jahr, in dem Anders` Tod sich zum dreißigsten Mal jährt, werden diese Texte nun erstmals vollständig von Alexander Knopf ediert, kommentiert und durch ein Nachwort den Lesenden zugänglich gemacht.
"Es gibt nichts Erbärmlicheres als den Wunsch, moralisch sauber zu bleiben." Ein solcher Satz aus der Feder eines so rigorosen Moralisten wie Günter Anders mag aufs Erste verwundern. Er bezieht sich freilich auf die Kuratoren einer US-amerikanischen Privatuniversität, die ihren Forschungsauftrag zur biologischen Kriegsführung während des Vietnamkriegs an eine andere Institution weitergereicht hatten, um sich selbst nicht die Finger schmutzig zu machen. Die Kant'-sche Frage "Was ist der Mensch?" führte den Philosophen Anders, der bei Martin Heidegger und Edmund Husserl studiert hatte, nicht zur Postulierung einer überzeitlichen gedachten Menschennatur, sondern zu einer "negativen Anthropologie": Was uns als Menschen ausmacht, sind die historischen und technischen Gegebenheiten, unter denen wir zu leben haben. In seinem Hauptwerk "Die Antiquiertheit des Menschen", dessen zwei Bände 1956 und 1980 erschienen, reflektiert Anders über die Folgen der Technik - gedacht als ein Universum miteinander verbundener Geräte -für die Handlungsspielräume und das Imaginationsvermögen des Menschen.
Der Befund fällt ausgesprochen pessimistisch aus: Begriffe wie "Apokalypseblindheit" oder "prometheische Scham" verweisen darauf, dass die von ihm selbst geschaffenen Dinge dem Menschen haushoch überlegen und in ihren Folgen nicht mehr zu durchschauen, geschweige denn zu kontrollieren sind. Der Sohn eines deutschjüdischen Psychologenehepaars, der eigentlich Günter Siegmund Stern hieß, ein Cousin des deutschen Philosophen Walter Benjamin und in erster Ehe mit der Polittheoretikerin Hannah Arendt verheiratet war, erlag freilich nie den Verlockungen einer apart "post-humanistischen" Endzeitphilosophie. Er, der es als größtes Bedauern seines Lebens bezeichnete, Hitler nicht getötet zu haben, war als Vordenker und Aktivist der Anti-Atom-Bewegung stets auf die Erweiterung von Handlungsspielräumen und politische Intervention bedacht, was Formen des zivilen Ungehorsams und der Gegengewalt miteinschloss. In Zeiten der Klimakatastrophe und der Künstlichen Intelligenz bleibt sein Denken, das um die "Antiquiertheit des Menschen" kreiste, beklemmend aktuell.