

Macbeth und Melania Trump im Grätzl-Theater
Olja Alvir in FALTER 21/2020 vom 22.05.2020 (S. 30)
Die burgenländisch-wienerische Autorin Katharina Tiwald ist vor allem für ihre Theatertexte bekannt. Sie schreibt aber auch Lyrik, Essays und Prosa. „Die Wahrheit ist ein Heer“, ihr starkes Romandebüt „über das Irre daran, als Mädchen aufzuwachsen“, erschien 2012. Tiwalds Werk prägt ein chirurgischer Umgang mit Sprache, der beim Sezieren mit ruhiger Hand verborgene Bedeutungsschichten hervorbringt.
Ihr neuer Roman „Macbeth Melania“ erzählt von der Entstehung eines aberwitzigen Theaterprojekts in einem unscheinbaren Wiener Grätzl-Theater namens Universum. Zur Realisierung ziehen die lokalen sozialdemokratischen Granden den deutschen Kommunikationsberater Mike Knutkovsky sowie „die Tiwald“ heran. Die beiden verarbeiten die US-Wahlen 2016 und die österreichischen Nationalratswahlen kurz danach zu einem modernen Shakespeare, den man gerne wirklich auf der Bühne gesehen hätte.
Katharina Tiwald ist eine Figur in ihrem eigenen Roman, was zu ironischen Selbstbezügen und Meta-Humor führt. Das mag zunächst etwas passé erscheinen, doch die Autorin fädelt alles geschickt und sympathisch zwischen ihre kunstvollen Macbeth-Umdichtungen ein. Zudem wurde diese politisch turbulente Zeit bisher selten so unbeschwert und gleichzeitig scharfsinnig verarbeitet wie hier. Tiwald schreibt kein billiges Kabarett, das dem realen Politzirkus nacheifert. Vielmehr ist sie eine wortgewaltige Autorin, die sich ihrem Sprachmaterial mit Sorgfalt widmet.
„Macbeth Melania“ ist eine kurzweilige, frühlingshafte Prater-Geisterbahnfahrt durch ein unheimlich nahes Gestern. Aufregend und nervenkitzelnd ziehen bei der Lektüre die Bilder vorbei. Die eine oder andere Episode kommt vielleicht etwas konstruiert daher, etwa als die konvertierte Kopftuchträgerin Bernadette Mihalits gegen das Stück protestiert, in dem ausgerechnet eine syrische Muslimin (ohne Kopftuch!) Melania Trump mimt. Doch die etwas verstiegenen Teile verzeiht man diesem gelungenen Roman gern. Wie einer Partei, der man trotz allem treu bleibt.