Klartraum

Roman
288 Seiten, Hardcover
€ 23
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ISBN 9783990270967
Erscheinungsdatum 08.09.2017
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Jung u. Jung
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Kurzbeschreibung des Verlags

Es ist immer dasselbe mit der Liebe. Oder doch nicht? Ändert sie sich, weil die, die lieben, sich ändern? Und wie sähe eine Liebe heute aus? Wo wäre heute ihr Platz? Zwischen Familie und Karriere, in einer Welt, die einen drängt, seinen Vorteil zu suchen, zu erzwingen, den Nachteil des anderen in Kauf zu nehmen. Ist die Liebe in Zeiten umfassender Ökonomisierung mehr als eine Verhandlungssache, bei der der eine die andere (oder umgekehrt) immer über den Tisch zieht? So wie im Fall von P, unserer Protagonistin, und A - dem Allergeliebtesten, dem Antagonisten? -, die sich das kleine große Glück einer leidenschaftlichen Affäre gegenseitig abringen, als wäre es ein Kampf auf Leben und Tod.Olga Flor hat einen Liebesroman geschrieben, der so ganz anders klingt als das alte Lied vom Glück und Unglück zu zweit, zu dritt, zu viert usw. Haltlos im Begehren, voller Furor im Leiden, aber ohne jeden Seelenkitsch, schmerzhaft klar und nüchtern. Trost? Der Trost liegt darin, nicht aufzugeben.

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FALTER-Rezension

A – P – C – T, wer tut wem am meisten weh?

Alexandra Millner in FALTER 41/2017 vom 13.10.2017 (S. 27)

Wahlverwandtschaften revisited: Olga Flor unterzieht ein Beziehungsviereck einer bestechenden Analyse

Die österreichische Schriftstellerin Olga Flor hat sich in ihrem bisherigen Romanwerk unter anderem mit der neoliberalen Zurichtung des mitteleuropäischen Subjekts („Erlkönig“, 2002), den Abgründen der Wohlfühlgesellschaft („Talschluss“, 2005), der verzweifelten Einsamkeit des Individuums („Kollateralschaden“, 2008), mit kaltblütiger Machtgier („Die Königin ist tot“, 2012) oder der Fragwürdigkeit von Identität in den neuen sozialen Medien („Ich in Gelb“, 2015) auseinandergesetzt. Aufhänger ihrer kritischen literarischen Kommentare waren meist Großfamilien bzw. Freundeskreise, deren komplexes Beziehungsgeflecht die Autorin akribisch analysierte. In ihrem neuen Roman „Klartraum“ dreht sie die bisherige inhaltliche Ausrichtung radikal um und stellt eine Liebesgeschichte in den Mittelpunkt, während sie das Gesellschaftliche so weit in den Hintergrund rückt, dass es nichts mit den Figuren zu tun zu haben scheint.

Es fängt damit an, dass es aus ist zwischen P (wie Protagonistin) und A (wie ­Antagonist). Erzählt wird der Verlauf dieser Beziehung von ihrem Ende her und aus der ­Perspektive von P, die mit T Familie hat, und eine ­leidenschaftliche außereheliche ­Liebesbeziehung zu ihrem Jugendfreund A unterhält, der wiederum mit C Familie hat.
Das Beziehungsviereck A – P – C – T ist eine „Versuchsanordnung“, die sehr entfernt, aber nicht zufällig an Goethes Roman „Wahlverwandschaften“ (1809) erinnert. Während Goethes grundlegende und titelgebende Metapher auf die Eigenschaft chemischer Stoffe anspielt, sich bei der Annäherung anderer Elemente von bestehenden Verbindungen zu lösen und neue einzugehen, hat sich Flor eigenen Angaben zufolge an dem Coenzym ATP orientiert, eine Art biochemischer Batterie, welche durch Abspaltung der Phosphatgruppe P den intrazellulären Energielevel aufrechterhält.
Damit wäre eine mögliche Lesart dieser komplexen Geschichte gleich vorweggenommen: Denn es ist A, der auf einer Berliner Kreuzung den Schlussstrich zieht; A, dem das alles zu viel geworden ist und der durch den Ausschluss von P aus seinem Leben dieses wieder unter Kontrolle bekommen will.
P jedoch wird der Boden unter den Füßen weggezogen: Das Gedankenkarussell, das damit bei dieser in Gang gesetzt wird, kehrt immer wieder zu der Szene an der Kreuzung zurück, berührt aber auch andere Momente und Erlebnisse aus der Vergangenheit, welche von der Autorin in die Kategorien Glück, Lust, Verlust und Komik eingeteilt wurden, wobei sich die unter Lust und Verlust rubrizierten Abschnitte die Waage halten, derjenige zum Thema Glück aber der umfangreichste ist. Immerhin.
Nicht nur an der Wertschätzung dieses vergangenen Glücks ist zu erkennen, dass P eine reflektierte, gebildete, kluge und humorvolle Frau ist. Sie begibt sich mit dem Erfahrungsschatz eines halben Lebens in diese Beziehung, hält von Anfang an daran fest, die beiden Familien unangetastet zu lassen: „Bleib du nur ja bei deiner Frau“, äußert sie sich wiederholte Male gegenüber A, rückt von diesem souveränen Standpunkt jedoch umso weiter ab, je mehr sie von dieser leidenschaftlichen Liebe erfasst wird, ja spricht schließlich tatsächlich von „der großen Liebe“, über die sie in Gedanken mit As Frau C zu verhandeln beginnt.

Der Kontrast zwischen Vernunft und Leidenschaft, der bei Goethe von Eduard und Charlotte verkörpern wird, wird hier also ins Innere der Protagonistin verlegt und zu einem komplexen persönlichen Dilemma ausgearbeitet. P versucht – so erfährt man aus ihren Erinnerungen –, diese auf wenige Stunden und geheime Orte beschränkte Beziehung durch vernünftige Argumente im Zaum zu halten, hinterfragt jede Geste, jede Wahrnehmung, jede innere Regung. Sie stellt an sich selbst, etwa in Bezug auf ihre Körperlichkeit, so hohe Anforderungen, dass sie diesen niemals gerecht werden kann, und ergeht sich in Selbstzerfleischung. In anderen Phasen erinnert sie sich der Sinnlichkeit ihrer Begegnungen, des Wortwitzes, mit dem ihre Unterhaltungen gewürzt waren, und vor allem des erfüllenden Glücks, das sie im Sinne des platonischen Mythos vom Kugelmenschen als Wiedervereinigung mit ihrer anderen Hälfte denkt. Trotz rationaler Herangehensweise setzt sich immer wieder die Sehnsucht durch bzw. das Nichtbegreifenkönnen dieses intensiven Gefühlszustands.

Auch wenn die Protagonistin wie Treibholz von ihrem assoziativen Gedankenfluss mitgerissen zu werden scheint, lässt sich am Ende des Romans doch eine Entwicklung ausmachen. P versöhnt sich mit der komplexen Qualität von Liebe, zu der eben auch das Leiden zählt, oder die Erkenntnis, dass selbst die Liebe kein Mittel gegen die existenzielle Einsamkeit des Menschen ist. Sie ärgert sich über ihre unbewussten Unterwerfungsgesten und ihr genderstereotypes Leiden an der Liebe, was durch den Einschub eines Heldinnenmärchens ironisch konterkariert wird, und scheint sich allmählich zu beruhigen, weil sie einsieht, dass Gefühlen mit Vernunft ohnehin nicht beizukommen ist.
Olga Flor bringt Ps Gedankenfluss nebst Erzählerkommentaren fein ziseliert und mithilfe lustvoll arrangierter intertextueller Leihgaben zur Darstellung. Wie sie aus den Wahrnehmungen der Protagonistin Metaphern für deren inneren Zustände herausfiltert, wie sie die dominante Innenwelt allmählich durch die Außenwelt zurückdrängt; wie sie scheinbar ganz nebenbei den Sommer der akuten Flüchtlingsnot abhandelt und das Psychogramm einer Frau „in ihren besten Jahren“ zeichnet, das ist der Autorin wahrlich fabelhaft gelungen.

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Über die Autorin

Olga Flor wurde 1968 in Wien geboren und wuchs in Wien, Köln und Graz auf. Sie absolvierte ein Physik-Studium und war anschließend im Multimedia-Bereich tätig. Seit 2004 arbeitet Flor als freie Schriftstellerin. Ihr Debütroman mit dem Titel "Erlkönig" wurde 2002 veröffentlicht. Ihr Werk setzt sich neben Romanen aus Kurzprosa, Essays, Theater- und Musiktheaterarbeiten sowie Publikationen in Tageszeitungen und Zeitschriften zusammen. 2010/11 unterrichtete sie im Studiengang Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien, derzeit lehrt Flor am Institut für Germanistik der Karl-Franzens-Universität in Graz. Zu ihren neuesten Publikationen zählen "Morituri", "Politik der Emotionen", "Klartraum", "Ich in Gelb" und "Die Königin ist tot". Olga Flor erhielt bereits etliche Auszeichnungen und Stipendien, darunter der Anton-Wildgans-Preis, der Veza-Canetti-Preis und der Franz-Nabl-Preis der Stadt Graz.

Alle Bücher von Olga Flor