Innere Dialoge an den Rändern
Im vielfältigen Werk Peter Handkes gehören die Journale gewiss zu den Büchern, in denen uns Leserinnen und Lesern der Dichter am nächsten kommt, auch in seinem »Ideal«, in der »Souveränität eines, der von niemandem etwas will, von niemandem etwas fordert, von niemandem etwas erwartet«. Seine über die Jahre
gesammelten Aufzeichnungen sind ein Wunder der Literatur. Handke zitiert darin (auswendig) aus seinen Lektüren, aus Tolstoi, Goethe, Doderer, Simenon, aus der Apostelgeschichte u. a., blättert im bereits knisternden Griechisch-Deutsch-Schulwörterbuch, schreibt an der »Obstdiebin «, später an »Zdeněk Adamec« und an »Das zweite Schwert«, zweifelt, wundert sich, horcht, beobachtet mit zartem Blick seine nahe Umgebung und erdichtet wieder und wieder ein 11. Gebot. Wir dürfen ihn durch die Jahre bei all dem begleiten, auch durch die »Quarantänestille « der jüngsten Zeit.
Handke denkt über Einsamkeit und Schönheit nach sowie über gerade entstehende Bücher
Eine Erinnerung des Vierundsiebzigjährigen steht am Anfang: "Der Dreikönigstag, das Fest der Epiphanie heute, als der Tag der Besinnung, an die winterliche Rückkehr vom Dorf seinerzeit, vor über sechzig Jahren, in die Fremde der Fremden, des Internats; verzehrt von Heimweh?" Handke denkt über Einsamkeit und Schönheit nach sowie über gerade im Entstehen begriffene Bücher. Und liest seine Hausgötter: Tolstoi, Goethe, Stifter, Doderer oder die Apostelgeschichte. Einer der "inneren Dialoge":"Der Butz in dem Rinnstein da, bist das du?" - "Ja!"
Erich Klein in Falter 20/2022 vom 20.05.2022 (S. 20)
ISBN | 9783990272633 |
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Erscheinungsdatum | 28.04.2022 |
Umfang | 384 Seiten |
Genre | Belletristik/Briefe, Tagebücher |
Format | Taschenbuch |
Verlag | Jung u. Jung |