Tiere essen

400 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783462040449
Erscheinungsdatum 19.08.2010
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Kiepenheuer & Witsch
Übersetzung Isabel Bogdan, Ingo Herzke, Brigitte Jakobeit
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Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
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Kurzbeschreibung des Verlags

Wie viele junge Menschen schwankte Jonathan Safran Foer lange zwischen Fleischgenuss und Vegetarismus hin und her. Als er Vater wurde und er und seine Frau überlegten, wie sie ihr Kind ernähren würden, bekamen seine Fragen eine neue Dringlichkeit: Warum essen wir Tiere? Würden wir sie auch essen, wenn wir wüssten, wo sie herkommen? Foer stürzt sich mit Leib und Seele in sein Thema. Er recherchiert auf eigene Faust, bricht nachts in Tierfarmen ein, konsultiert einschlägige Studien und spricht mit zahlreichen Akteuren und Experten. Vor allem aber geht er der Frage auf den Grund, was Essen für den Menschen bedeutet. Auch Foer kennt die trostspendende Kraft einer fleischhaltigen Lieblingsmahlzeit, die seit Generationen in einer Familie gekocht wird. In einer brillanten Synthese aus Philosophie, Literatur, Wissenschaft und eigenen Undercover-Reportagen bricht Foer in »Tiere essen« eine Lanze für eine bewusste Wahl. Er hinterfragt die Geschichten, die wir uns selbst erzählen, um unser Essverhalten zu rechtfertigen, und die dazu beitragen, dass wir der Wirklichkeit der Massentierhaltung und deren Konsequenzen nicht ins Auge sehen. »Tiere essen« besticht durch eine elegante Sprache, überraschende Denkfiguren und viel Humor. Foer zeigt ein großes Herz für menschliche Schwächen, lässt sich aber in seinem leidenschaftlichen Plädoyer für die Möglichkeiten ethischen Handelns nicht bremsen. Eine unverzichtbare Lektüre für jeden Menschen, der über sich und die Welt – und seinen  Platz in ihr – nachdenkt. Mit einem eigens für die deutsche Ausgabe geschriebenen Vorwort von Jonathan Safran Foer. »Diese Geschichte begann nicht als ein Buch. Ich wollte nur wissen – für mich und für meine Familie – was Fleisch eigentlich ist. Wo kommt es her? Wie wird es produziert? Welche Folgen hat unser Fleischkonsum für die Wirtschaft, die Gesellschaft und unsere Umwelt? Gibt es Tiere, die man bedenkenlos essen kann? Gibt es Situationen, in denen der Verzicht auf Fleisch falsch ist? Warum essen wir kein Hundefleisch? Was als persönliche Untersuchung begann, wurde rasch sehr viel mehr als das …« Jonathan Safran Foer Der Titel enthält eine vom Vegetarierbund Deutschlands (VEBU) zusammengestellte Übersicht zur Sachlage der Massentierhaltung in der Bundesrepublik.

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ISBN 9783462040449
Erscheinungsdatum 19.08.2010
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Verlag Kiepenheuer & Witsch
Übersetzung Isabel Bogdan, Ingo Herzke, Brigitte Jakobeit
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FALTER-Rezension

"Ich liebe Schnitzel"

Sebastian Fasthuber in FALTER 4/2011 vom 28.01.2011 (S. 38)

… aber ich esse es nicht! Die Bestseller-Autoren Karen Duve und Jonathan Safran Foer über die Ausbeutung der Tiere, die Gewöhnung an Schlachthöfe und das Privileg, Fleisch auf dem Teller zu sehen

Laut einer Umfrage vom Mai 2010* nach Gründen für den Kauf von Bioprodukten gaben 41 Prozent der Österreicher Gesundheit und gesunde Ernährung an, während artgerechte Tierhaltung nur für vier Prozent eine Rolle spielte. Vielleicht wäre das heute schon ein wenig anders. Mit Schuld daran haben zwei erfolgreiche Romanautoren, die aus Sorge um unsere tierischen Verwandten ihr sicheres Terrain verließen – und im Sachbuchsektor Bestseller landeten. Jonathan Safran Foers "Tiere essen" löste vergangenen Sommer einen Medienhype aus, Karen Duves Selbstversuch "Anständig essen" ist gerade erschienen.
Während Foer die hässlichen Details der Massentierhaltung anschaulich macht, schildert Duve die tragikomische Achterbahnfahrt ihrer Verzichtsleistungen und schließt mit dem Thema auch die Klimakatastrophen eines Jahres kurz. Vor der Lektüre beider Bücher muss gewarnt werden: Wer sich die ganze Wahrheit über die industrielle Fleischproduktion vor Augen hat führen lassen, kann möglicherweise nicht mehr einfach so ins "Qualfleisch" beißen.

Falter: Sie sind zu Gast in Wien, der Stadt des Schnitzels. Was gab's denn zu Mittag?
Jonathan Safran Foer: Kein Schnitzel. Obwohl ich es liebe. Du wahrscheinlich auch?
Karen Duve: Ja. Mir schmeckt Fleisch generell gut. Aber wir essen es nicht, richtig?
Foer: Richtig.
Duve: Wir waren beim Vietnamesen am Naschmarkt. Ich habe den Fehler gemacht, nicht das vegetarische Gericht zu nehmen, sondern eines, das eigentlich mit Rindfleisch zubereitet wird, mit Tofu ummodeln zu lassen. Das schmeckte schrecklich.
Foer: Ich nahm das richtige Gericht.
Wie schwierig ist Ihnen die Umstellung auf den neuen Speiseplan gefallen?
Duve: Vegetarisch ist ganz leicht. Schwierig wird es, wenn man vegan leben will. Da kann man nicht mehr so einfach ins Restaurant gehen. Man muss sehr viel beachten. Generell ist es eine Gewohnheitssache. Bei allen Ernährungsweisen, die ich bei meinem Selbstversuch durchprobiert habe, waren die ersten zwei, drei Wochen anstrengend und nervig. Dann hat man es im Prinzip raus.
Foer: Bei mir hat die Umstellung 20 Jahre gedauert. Ich habe zwischendurch immer wieder Fleisch gegessen. Denn als junger Mensch wusste ich nicht viel über Ernährung. Je mehr man darüber weiß, desto weniger Lust hat man auf Fleisch.
Sie beide suchten nach einer ethisch vertretbaren und für Sie persönlich richtigen Ernährungsform. Haben Sie sie gefunden?
Duve: Ich wollte mir am Ende des Buches nur etwas vornehmen, was ich auch schaffen kann. Also nicht, Vegetarier oder Veganer zu sein, sondern Fleisch und Milchprodukte auf zehn Prozent zu reduzieren. Zehn Tage danach habe ich zum ersten Mal Fisch gegessen. Es hat sehr gut geschmeckt. Aber auf einmal hatte ich die Details des Tötens und die leergefischten Meere im Kopf. Ich kann diese Verdrängungsarbeit von früher nicht mehr leisten. Ich lasse mir zwar die Freiheit, irgendwann vielleicht wieder Fleisch zu essen. De facto lebe ich aber vegetarisch.
Foer: Ich bin Vegetarier, als Ideal schwebt mir aber eine vegane Lebensweise vor. Ich reduziere nach und nach, momentan bin ich bei der Hälfte von dem, was ich früher an Eiern und Milchprodukten konsumiert habe. Und ich kenne die Bauern, bei denen ich einkaufe. Verkompliziert wird mein Vorhaben dadurch, dass ich zwei kleine Kinder habe. Ohne sie wäre ich sicher flexibler. Man kann Kinder auch wunderbar vegan aufziehen, aber das wäre ein Riesenaufwand.
Duve: Ich befinde mich etwa auf halber Strecke zur Veganerin. Milch oder Joghurt lasse ich großteils weg. Eier esse ich, denn die kommen von meinen eigenen Hühnern.
Foer: Das ist lustig. Ich dachte, du bist schon Veganerin. Wir haben gestern in Zürich gelesen. Beim Frühstück habe ich mir gedacht: Die Schweizer haben diesen tollen Käse, da probiere ich ein Stück. In dem Moment kam Karen in den Frühstücksraum. Instinktiv habe ich meinen Teller so gedreht, dass sie den Käse nicht sehen konnte. Das ist blöd, aber es zeigt, wie kompliziert die Sache ist. Manchmal schämt man sich für das, was man isst. Ich finde es besser, ehrlich mit diesen Sünden umzugehen, als sich das Mäntelchen der Perfektion umzuhängen.
Frau Duve, Sie schreiben am Ende Ihres Buches, dass Sie sich jetzt besser ernähren und schlechter fühlen. Verstrickt einen ethisch korrekte Ernährung in einen Moralwettbewerb?
Duve: Das würde ich nicht sagen. Wenn ich mit vier Veganern an einem Tisch sitze, würde ich mich schämen, Milch zu bestellen. Wenn ich andererseits mit vier Fleischessern an einem Tisch sitze und Milch trinke, fühle ich mich schon ganz gut. Bei den Veganern habe ich das Gefühl, dass ich noch mehr tun könnte. Ich bekomme das, was ich tue, in den Gesichtern der anderen am Tisch gespiegelt.
Der Titel Ihres Buches lautet "Anständig essen". Ist vegan mit anständig gleichzusetzen?
Duve: Für mich schon. Denn ich nähere mich dem Thema von der Qual der Tiere aus. Und wenn du 100-prozentig sichergehen willst, dass wegen deines Essens kein Tier gequält wurde, musst du eigentlich vegan leben.
Foer: Ich bin mir da nicht sicher. Um umweltfreundlich zu leben, müsste man auch aufs Fliegen verzichten. Deshalb strebe ich aber keine Welt an, in der jeder das Fliegen aufgibt. Für den einen ist Veganismus richtig, deshalb muss sich jedoch nicht die ganze Welt vegan ernähren. Ich glaube auch nicht, dass es einen perfekten Esser gibt. Es ist aber wichtig, sich immer weiter in die richtige Richtung zu bewegen und dazu beizutragen, dass weniger Tiere leiden müssen und die Ressourcen des Planeten geschont werden. Begriffe wie Vegetarier oder Veganer sind da eher kontraproduktiv, denn sie erzeugen bei vielen Menschen Ablehnung.
Fühlen Sie sich nicht manchmal wie wandelnde Vorwürfe?
Duve: Manchmal reicht es schon, mit jemand am Tisch zu sitzen und kein Fleisch zu essen. In dem Moment sehen die Leute nämlich, dass sie eine Wahl haben. Dazu muss ich gar nicht mit ihnen reden.
Foer: Kein Fleisch zu essen, ist ein sehr starkes Statement.
Schreckt manche vielleicht auch ab, dass man als Vegetarier zum Außenseiter wird?
Foer: Nein. Ich glaube, die essen Fleisch, weil es gut schmeckt. Andere Erklärungen verschleiern diesen Grund. Ich selbst habe nicht das Gefühl, dadurch Verlegenheit zu erzeugen, dass ich mich vegetarisch ernähre. Ich fühle mich auch nicht als Aktivist.
Sie leben allerdings auch in New York ...
Duve: Ich hingegen lebe auf dem Land, wo jeder Fleisch isst. Die haben kein schlechtes Gefühl, weil ich kein Fleisch esse. Die denken, ich bin verrückt.
Sind Männer wirklich die schlimmeren Fleischfresser, die es einfach nicht lassen können?
Duve: Männer essen um 60 Prozent mehr Fleisch als Frauen.
Foer: Auf ihr Körpergewicht gerechnet?
Duve: Nein, in absoluten Zahlen. Für mein Gefühl haben Männer ein Anspruchsgefühl, sie denken, es würde ihnen zustehen. Fleisch war ja früher ein Privileg der Reicheren. Und Männer tun sich wohl schwerer damit, ein Privileg aufzugeben.
Jeder hat schon Bilder von Massentierhaltung gesehen. Warum blenden die meisten von uns das aus und essen weiter Fleisch?
Duve: Weil es keinen Spaß bringt, darüber nachzudenken. Wenn man darüber nachdenkt, wird man am Ende weniger Fleisch essen. Das ahnt man schon. Dieses Unbehagen trägt jeder in sich.
Foer: Wenn ich im Fernsehen einen Spot mit hungernden Kindern aus der Dritten Welt sehe, schalte ich auch um. Es ist nicht schön, mit solchen Dingen konfrontiert zu werden.
Massentierhaltung findet hinter verschlossenen Türen statt. Glauben Sie auch wie Paul McCartney, dass niemand mehr Fleisch essen würde, wenn die Schlachthöfe Wände aus Glas hätten?
Foer: Das glaube ich nicht. Selbst Leute, die in Schlachthöfen arbeiten, essen Fleisch. Ich war in Schlachthöfen. Es ist zuerst wirklich, wirklich schrecklich. Und dann gewöhnt man sich daran.
Duve: Ich glaube, dass es doch etwas ausmachen würde. Früher hatten wir generell ein Verhältnis zu Tieren, das die Ausbeutung und das Töten erlaubte. Das hat sich irgendwann geteilt. Im Bereich der Nutztiere wird die Ausbeutung immer schlimmer, während der Großteil der Bevölkerung nichts mehr damit zu tun hat und sich mit Tieren umgibt, die nicht sterben müssen, sondern einen ähnlichen Status wie ein Familienmitglied haben. Für diese Menschen wäre es ein absoluter Schock, an einem gläsernen Schlachthaus oder einer gläsernen Massentierhaltung vorbeizugehen.
Foer: Ich weiß nicht. Die meisten Leute würden nach einer Führung durch einen Schlachthof kein Fleisch zu Mittag essen. Aber vielleicht am nächsten Tag wieder.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

weiterlesen

Von einem, der auszog, das Fleisch zu finden

Nina Horaczek in FALTER 34/2010 vom 27.08.2010 (S. 16)

US-Bestsellerautor Jonathan Safran Foer möchte uns zum Vegetarismus bekehren – mit guten Argumenten

Vielleicht liegt es daran, dass dieses Buch besser geschrieben ist als andere. Vielleicht hat es die bessere PR-Strategie. Vielleicht ist auch einfach nur die richtige Zeit für ein Thema gekommen, das andere schon seit vielen Jahren ansprechen.
Wie kann man sich ansonsten erklären, dass dem amerikanischen Schriftsteller Jonathan Safran Foer mit seinem neuen Buch "Tiere essen" über die industrielle Massentierhaltung, das dieser Tage auf Deutsch erscheint, nicht nur ein Bestseller gelungen ist. Sondern auch ein Buch, das von Amerika ausgehend eine Debatte über die ethischen und ökologischen Aspekte des Fleischkonsums auslöst. "Ein US-Autor verdirbt uns den Appetit auf Fleisch", klagt die Tageszeitung Die Welt.

Ein Vater mit einer Mission
Am Anfang steht die Naivität. Foer, ein 33-jähriger New Yorker jüdischer Abstammung, hatte schon mit "Alles ist erleuchtet" und mit "Extrem laut und unheimlich nah" Bestseller geschrieben. Dann wurde er Vater eines Sohnes. Da er ein guter Vater sein wollte, beschloss er zu ergründen, was sein Sohn isst. "Mein Kind zu ernähren ist anders, als mich zu ernähren: Es ist wichtiger. Es ist wichtig, weil Essen wichtig ist (seine Gesundheit ist wichtig, die Freude am Essen ist wichtig) und weil die Geschichten, die wir mit dem Essen servieren, wichtig sind", schreibt Foer. Daraus wurde ein Buch. In Michael-Moore-Manier, jenem Dokumentarfilmer, der Amerikas Waffenfetisch in "Bowling for Columbine" thematisierte, ging Foer dorthin, wo Fleisch hergestellt wird.

Vom besten Freund zum Schnitzel
Der frischgebackene Vater geht seine Abhandlung zur Massentierhaltung, die ihn schließlich zum Vegetarismus führt, stark autobiografisch an. Es ist eine Aneinanderreihung von Geschichten aus seiner Kindheit, von seiner Familie, die von den Nazis verfolgt wurde oder der Bedeutung der Familienessen zu Thanksgiving. Er kommt vom Kleinen zum Großen, beginnt bei der Beziehung zu seinem Hund George und gelangt von dort zur grundsätzlichen Frage, nach welchen Kriterien manche Tiere als Speise deklariert werden und andere als schützenswerte Individuen.
Er beschäftigt sich mit unserem unterschiedlichen Zugang zu Haus- und Nutztieren, fragt nach, warum wir einem Hund nie wehtun würden und uns gleichzeitig ein Stück Schinkenbrot in den Mund schieben können, ohne zu reflektieren, dass auch ein Schwein Schmerz empfindet.
Foer wird aber auch investigativ tätig. Er macht das, was momentan unter anderem Tierschützern aus Österreich in einem Gerichtsprozess vorgeworfen wird: Er dringt gemeinsam mit einer Tierschützerin nachts in eine Truthahnfarm ein, um selbst zu sehen, unter welchen Bedingungen die 25.000 Tiere dort gehalten werden. Die Schuhe bleiben in der dichten Kotschicht, die den Boden bedeckt, kleben, an den Wänden hängen Gasmasken für die Arbeiter, da die intensiven Ausdünstungen in so einer Massentierhaltung auch für Menschen schädlich sind. "Weil es so viele Tiere sind, brauche ich mehrere Minuten, bis ich merke, wie viele von ihnen tot sind. Manche sind blutverkrustet, manche voller entzündeter Stellen."
Foer besucht Rinderfarmen, erlebt im Schlachthof, wie Tiere im Akkord und ohne Betäubung getötet werden, wie die Rinder in Todesangst brüllen, beschreibt, wie eine Kuh in der sogenannten Schlachtstraße noch versucht, ihr Kalb auf die Welt zu bringen. Sie stirbt, während ihr das Baby halb aus dem Leib hängt. Er reiht zahlreiche Fakten aneinander, etwa dass 450 Milliarden Landtiere weltweit in Massentierhaltung leben, dass die Nutztierhaltung Ursache Nummer eins des Klimawandels ist.

Nichts Neues, aber anders erzählt
Das ist alles nichts, was einen überraschen sollte, denn die Zustände in der industriellen Massentierhaltung wurden zuvor schon tausendfach beschrieben. 1975 veröffentlichte der Moralphilosoph und Vorreiter der Tierrechtsbewegung Peter Singer "Animal Liberation", das sich mit dem Umgang des Menschen mit "nicht-menschlichen Tieren", wie Singer Schweine, Hühner und ähnliche Lebewesen nennt, und ganz speziell mit der Massentierhaltung beschäftigte. 1993 schrieb Helmut Kaplan, ein wegen seines Vergleichs zwischen Massentierhaltung und Nationalsozialismus umstrittener Tierethiker, "Leichenschmaus – ethische Gründe für eine vegetarische Ernährung", das Fakten gegen die Massentierhaltung zusammenfasst. Zusätzlich gibt es einige Laufmeter an einschlägiger Literatur dazu.
Was Foers Plädoyer für eine vegetarische Lebensweise von anderen unter­scheidet, ist zum einen der Stil. "Tiere ­essen" ist kein trockenes Sachbuch, sondern der äußerst emotional beschriebene Kampf eines Schriftstellers, ein besserer Mensch zu werden. Und es ist ein Buch, das nicht ausgrenzt. Der Arbeiter in einem Schlachthof kommt genauso zu Wort wie die Züchter auf einer Rinderfarm oder die Tierschutzaktivistin. Und keiner wird von Foer bevorzugt.

Ein Zerrissener, kein Messias
Vielleicht liegt genau darin der Schlüssel zum Erfolg, den das Buch in den USA hatte und nun auch im deutschsprachigen Raum haben wird. Der Autor ist keiner, der belehrt, der alles besser weiß und eine Mission hat. Sondern einer, der verhindern möchte, dass Tiere leiden und die Welt an den Auswirkungen des Fleischkonsums zugrunde geht. Der weiß, dass sein Schnitzel – wie der Tierschützerslogan der 80er-Jahre so plakativ erklärte – Gefühle hatte. Der vegetarisch lebt aus der Überzeugung, dass der Mensch ein Vernunftwesen ist. Und der trotzdem nicht leugnet, wie gut ein Schnitzel schmeckt.

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Über den Autor

Jonathan Safran Foer gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Autoren unserer Gegenwart. Geboren 1977 in Washington, D.C., begann er 1955 in Princeton Philosophie und Literatur zu studieren. Schon während seiner Studienzeit entwickelte Safran Foer erste Ideen für seinen Debütroman. Unter dem Titel "Alles ist erleuchtet" wurde dieser 2002 veröffentlicht und verschaffte dem Schriftsteller unter anderem den Rolf-Heyne-Buchpreis, den Young Lions Fiction Award und den National Jewish Book Award. Zu seinen Publikationen zählen Romane, ein Sachbuch und ein Essay sowie mehrere Kurzgeschichten. Zwei seiner Werke wurden auch verfilmt, nämlich "Alles ist erleuchtet" und "Extrem laut und unglaublich nah". Zuletzt erschienen sein Roman "Hier bin ich" und das Sachbuch "Wir sind das Klima!". Safran Foer erlangte in Deutschland vor allem mit dem Werk "Tiere essen" an Bekanntheit. Der Vater von zwei Söhnen lebt und arbeitet in New York.

Alle Bücher von Jonathan Safran Foer