

Haslingers Abrechnung
Barbaba Tóth in FALTER 47/2015 vom 18.11.2015 (S. 21)
Während und nach der Waldheim-Affäre hatte die Österreich-Kritik Hochkonjunktur und die damals führenden Intellektuellen und Autoren viel zu schreiben. Als Urform der Österreich-Essays, eine Abrechnung wie Diagnose zugleich, kann Josef Haslingers „Politik der Gefühle“ gelten. Er fasste zusammen, was die Söhne und Töchter der Kriegsgeneration nach 1986 bewegte und was sie dachten. Dass das Schweigen und Herumdrucksen über die Zeit des Zweiten Weltkrieges nicht mehr auszuhalten ist. Dass man offen darüber sprechen muss, was war und wer Schuld hatte. Viel an Haslingers Kritik hat sich seitdem überholt, aber einiges sitzt, als hätte er es gestern geschrieben.