Vor dem Fest

Roman
320 Seiten, Hardcover
€ 20.6
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ISBN 9783630872438
Erscheinungsdatum 10.03.2014
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Luchterhand
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HerstellerangabenAnzeigen
Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Neumarkter Straße 28 | DE-81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Es ist die Nacht vor dem Fest im uckermärkischen Fürstenfelde. Das Dorf schläft. Bis auf den Fährmann – der ist tot. Und Frau Kranz, die nachtblinde Malerin, die ihr Dorf zum ersten Mal bei Nacht zeigen will. Ein Glöckner und sein Lehrling wollen die Glocken läuten, das Problem ist bloß: die Glocken sind weg. Eine Füchsin sucht nach Eiern für ihre Jungen, und Herr Schramm, ein ehemaliger Oberst der NVA, findet mehr Gründe gegen das Leben als gegen das Rauchen. Niemand will den Einbruch ins Haus der Heimat beobachtet haben. Das Dorfarchiv steht aber offen. Doch nicht das, was gestohlen wurde, sondern das, was entkommen ist, treibt die Schlaflosen um. Alte Geschichten, Sagen und Märchen ziehen mit den Menschen um die Häuser. Sie fügen sich zum Roman einer langen Nacht, zu einem Mosaik des Dorflebens, in dem Alteingesessene und Zugezogene, Verstorbene und Lebende, Handwerker, Rentner und edle Räuber in Fußballtrikots aufeinandertreffen. Sie alle möchten etwas zu Ende bringen, in der Nacht vor dem Fest.



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FALTER-Rezension

Käuze und andere seltsame Vögel

Sigrid Löffler in FALTER 11/2014 vom 14.03.2014 (S. 25)

Saša Stanišić meldet sich nach acht Jahren mit seinem zweiten Roman "Vor dem Fest" zurück

Es ist ein Riesensprung von der belagerten Stadt Višegrad an der Drina zum stillen Städtchen Fürstenwerder in der Uckermark – geografisch, biografisch und literarisch. Saša Stanišić, der 1992 als 14-Jähriger mit seinen Eltern vor den serbischen Massakern in seiner bosnischen Heimatstadt nach Deutschland flüchtete, benötigte weitere 14 Jahre, ehe er sich die Last von der Seele schreiben und den bosnischen Bürgerkrieg für sich bewältigen konnte – mit seinem Višegrad-Roman "Wie der Soldat das Grammofon repariert" (2006).
Der märchensüßtraurige Kindheitsroman, auf Deutsch geschrieben und in 30 Sprachen übersetzt, wurde ein internationaler Erfolg. Stanišić musste sein Buch jahrelang rund um die Welt vorstellen und bewerben. Weshalb es acht Jahre dauerte, ehe er nun seinen neuen Roman "Vor dem Fest" vorlegen kann, den notorisch heiklen Zweitling, der es allerdings sofort auf die Kandidatenliste für den Leipziger Buchpreis schaffte.

Eines hat das neue Buch schon auf den ersten Blick mit dem Debütroman gemein: Stanišić macht sich abermals an die Verzauberung der Wirklichkeit, indem er die Welt mit Mythen und Märchen umrankt. Doch ist der Romanschauplatz diesmal nicht das zerfallende Jugoslawien, sondern die verschwundene DDR, keine umkämpfte, sondern eine fast schon aufgegebene Stadt, genauer: ein wehrhaftes Dorf, das an zwei Seen und an zwei Grenzen hockt, mit einer mittelalterlichen Mauer samt Stadttoren rundherum. Das uckermärkische Fürstenwerder, das im Roman Fürstenfelde heißt, markiert die Grenze zwischen Mecklenburg und Brandenburg.
Es ist ein verschlafener Ort in einer Seenlandschaft, den sich Saša Stanišić für seinen Roman erträumte, ehe ihm eine Berliner Freundin versicherte, dass es ihn tatsächlich gibt. Ein Ort, dessen gute Zeit immer schon vorbei war und dessen Einwohner nach der Wende von 1989 häufig abwanderten, sodass das Dorf bis auf Idylle und Schrulligkeit scheinbar nichts zu bieten hat – außer dem Reichtum an Mythen, Märchen und alten Sagen, in die Stanišić es nun einspinnt und einzaubert, mithilfe von viel Wortmagie, Sprachgaukelei, Fantasie und lustvoll gefälschten alten Chroniken und Kirchenbüchern.
Es ist die Nacht vor dem traditionellen Annenfest, das wie alle Überlieferung in Fürstenfelde halb vergessen oder falsch erinnert ist – abgesunkenes Brauchtum, längst eingeschlafen und nun touristisch wiedererweckt: "Unser Annenfest. Was wir feiern, weiß niemand so recht. Nichts jährt sich, nichts endet oder hat an genau diesem Tag begonnen. Die Heilige Anna ist irgendwann im Sommer, und die Heiligen sind uns heilig nicht mehr. Vielleicht feiern wir einfach, dass es das gibt: Fürstenfelde. Und was wir uns davon erzählen." Die Erzählerstimme des Romans ist dieses kollektive Wir, das personifizierte raunende und staunende, spintisierende, fabulierende, schwatzhafte Dorfgesumm. Dieses Wir kann sich nur wundern, dass es Fürstenfelde überhaupt noch gibt: "Wie krass unwahrscheinlich das ist, dass seit Jahrhunderten immer welche überlebt haben, Leben gezeugt haben, und jetzt ist man selber dieses Leben."
Was dieses Wir von früher zutage fördert – und "früher" meint immer die Vorwendezeit –, verschwimmt im Ungewissen mit dem Heute. In der Nacht vor dem Fest zeigt sich das Dorf schlaflos, bevölkert von Lebenden und Toten. Die Geister der Vergangenheit treiben ihr Wesen, Heutige erscheinen als Wiedergänger verstorbener oder auch nur legendärer Gestalten von früher. Vielleicht soll das Annenfest an die Dorfhexe Anna erinnern, die einst auf dem Scheiterhaufen feierlich verbrannt worden sein soll; mehrere Anna-Wiedergängerinnen streunen durchs heutige Dorf, eine davon ist die eigenbrötlerische Joggerin Anna, doch auf dem Scheiterhaufen wird morgen wohl nur eine Puppe verbrannt werden.
Das Dorf wacht und träumt zugleich, ist im Hier und Jetzt und im Früher befangen, und die meisten Erzähl- und Erinnerungsfäden laufen bei Frau Schwermuth zusammen, der übergewichtigen und depressiven Dorfchronistin und Kräuterfrau, die das Haus der Heimat des Geschichtsvereins Fürstenfelde e. V. leitet, ein seltsam geheimnistuerisches Museum für Lokalgeschichte und noch seltsameres Archiv für Lokalgeschichten, ob die Archivarin die Urkunden nun selbst gefälscht hat oder nicht.
Niemand hat es beobachtet, doch ein Fenster ist eingeschlagen, das Archiv ist aufgebrochen worden. Gestohlen wurde nichts, doch offenbar sind die Geschichten aus dem Archiv ausgeschwirrt – oder aus Frau Schwermuths Geist? Nun nachtwandeln die Geister der Geschichten durchs Dorf und gehen den wachenden Dörflern durch den Kopf. Auch ein mythisches Tier schnürt durch die Nacht, durch die alten Geschichten und durch die Jahrhunderte: die Fähe, eine Füchsin auf der Jagd nach Nahrung für ihre Jungen. Genau diese wachtraumhafte nächtige Stimmung hatte Saša Stanišić für seinen Roman im Sinn: "Ich wollte eine Geschichte erzählen, in der die Geschichten sich der Menschen annehmen und im Laufe einer Nacht von ihnen Besitz ergreifen, sodass sie in eine Art Dauererzählzustand verfallen, angesteckt von einem Dauererzählvirus."

Bei allem Vergnügen an der barocken Sprachtümelei seiner Erfindungen oder Fundstücke aus der Dorfchronik mit all ihren Teufelssagen, Räubergeschichten und Kesselflickermärchen achtet Stanišić sehr genau auf die plausible Verankerung seines fiktiven Fürstenfelde in der Wirklichkeit. Monatelang hat er wie ein Journalist im realen Fürstenwerder Material gesammelt. Den Kindernachwuchs, die Tankstelle, den Friseur, den Stundentakt für den Bus hat der Ort verloren; manches alte Gewerbe und Handwerk stirbt aus; mangels Wirtshaus treffen sich die Trinker in Ullis Garage.
Und doch verfügt das Dorf über eine reiche Fauna von Käuzen und seltsamen Vögeln, manche zugeflogen wie Frau Kranz, die Malerin aus Schlesien, manche arbeitslose Grünschnäbel wie die kleinen Gauner Lada und Suzi, manche aus DDR-Altbestand, wie etwa Herr Schramm, ehemaliger Oberstleutnant der Nationalen Volksarmee, dann Förster, jetzt Rentner und, weil es nicht reicht, schwarz arbeitender Traktorfahrer bei Von Blankenburg Landmaschinen. Der Stadtherr Poppo von Blankenburg figuriert hier als durch die Jahrhunderte flatternder Wappenvogel des Dorfes. Der greise Glöckner weiß nicht, wie er die Glocken Bonifatius und Bruno läuten soll, denn jemand muss diese gestohlen haben. Und der Fährmann, der über alles Bescheid wusste, was das Dorf betraf – der ist leider tot. Nach ihm kommt keiner mehr.
Mit 36 Jahren hat sich Saša Stanišić immer noch den Charme eines jünglingshaften Pubertätsflaums bewahrt. Das gilt auch für seinen neuen Roman, dessen Erzählstil alle Spuren kindlich verspielter Märchen- und Fabulierlust trägt. So ist "Vor dem Fest" ein Wenderoman der etwas anderen Art geworden – einer, der in die Geschichtstiefen hinuntertaucht und ganz andere Vergangenheiten zutage fördert als die paar mickrigen DDR-Jahrzehnte.

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Über den Autor

Saša Stanišić, geboren 1978 in Višegrad in Bosnien-Herzegowina, floh mit 14 Jahren, als der Bosnien-Krieg begann, nach Deutschland. Schon in der Schule wurde sein schriftstellerisches Talent gefördert. Nach dem Abitur studierte Stanišić Deutsch als Fremdsprachenphilologie und Slavistik in Heidelberg und arbeitete als Teaching Assistant in Pennsylvania. Neben seinem Studium verfasst er poetische Texte, Essays und Kurzgeschichten in deutscher Sprache, welche in Anthologien und Literaturzeitschriften erschienen sind. 2006 erschien sein Debütroman "Wie der Soldat das Grammofon repariert", welcher in mehr als 26 Sprachen übersetzt wurde und unter den Finalisten für den Deutschen Buchpreis war. Es folgten die Werke "Vor dem Fest", "Fallensteller" und "Herkunft", welches unter anderem mit dem Eichendorff-Literaturpreis und dem Hans-Fallada-Preis der Stadt Neumünster ausgezeichnet wurde. Zuletzt erschien mit "Hey, hey, hey, Taxi!" Stanišićs erstes Kinderbuch. Der Autor lebt und arbeitet in Hamburg.

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