

Helmut Gollner in FALTER 42/2009 vom 16.10.2009 (S. 20)
Gut, dass Alfred Komarek aus dem Salzkammergut noch einmal zu Polt ins Weinviertel zurückgekehrt ist, in die geschlossene und ein bisschen anachronistische Welt seines Weinbauerndorfes. Natürlich gibt es auch dort Mord und andere Grauslichkeiten, aber eben auch eine Wohlfühlhumanität, die von ein paar zentralen Figuren vertreten wird, allen voran dem inzwischen pensionierten Gendarmen Simon Polt: Hier gibt es Mitmenschlichkeit und sogar – scheu und zart – Liebe.
Polt ist langsam, eher permissiv als initiativ, sensibel und mundfaul. Die Dinge (auch falldienliche) finden den Weg zu ihm, weil er ihnen nicht nachrennt. "Mitleben statt vorladen. Dabeisitzen statt gegenüber" – so charakterisiert ihn ein wenig neidisch der neue Chefinspektor. Die Energischeren sind bei Komarek meistens die Frauen; sie sind emanzipiert und polygam, agieren im Hintergrund der Gesellschaft und sind trotzdem das stärkere Geschlecht, wohingegen die Männer ihre Dominanz vor allem vorführen – bisweilen auch mit Waffen.
Komarek lässt sich Zeit beim Erzählen, leistet sich auch Passagen außerhalb der Dramaturgie, schafft Atmosphäre und Charaktere. Er hat eine gepflegte Sprache, die unaufdringlich ans Poetische streift. Und trotzdem ist "Polt." ein wohlkalkulierter, spannender Kriminalroman.