Unschuld

832 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783498021375
Erscheinungsdatum 04.09.2015
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Rowohlt
Übersetzung Bettina Abarbanell, Eike Schönfeld
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Rowohlt Verlag GmbH
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Kurzbeschreibung des Verlags


Die junge Pip Tyler weiß nicht, wer ihr Vater ist. Das ist keineswegs ihr einziges Problem: Sie hat Studienschulden, ihr Bürojob in Oakland ist eine Sackgasse, sie liebt einen verheirateten Mann, und ihre Mutter erdrückt sie mit Liebe und Geheimniskrämerei. Pip weiß weder, wo und wann sie geboren wurde, noch kennt sie den wirklichen Namen und Geburtstag ihrer Mutter. Als ihr eines Tages eine Deutsche beim „Sunlight Project“ des Whistleblowers Andreas Wolf ein Praktikum anbietet, hofft sie, dass der ihr mit seinem Internet-Journalismus bei der Vatersuche helfen kann. Sie stellt ihre Mutter vor die Wahl: Entweder sie lüftet das Geheimnis ihrer Herkunft, oder Pip macht sich auf nach Bolivien, wo Andreas Wolf im Schutz einer paradiesischen Bergwelt sein Enthüllungswerk vollbringt. Und wenig später bricht sie auf.

«Unschuld», eine tiefschwarze Komödie über jugendlichen Idealismus, maßlose Treue und den Kampf zwischen den Geschlechtern, handelt von Schuld in den unterschiedlichsten Facetten: Andreas Wolf, in Ost-Berlin als Sohn eines hochrangigen DDR-Politfunktionärs geboren, hat aus Liebe zu einer Frau vor Jahren ein Verbrechen begangen; ein Amerikaner, dem er in den Wirren des Berliner Mauerfalls begegnet, hat den Kinderwunsch seiner Frau nicht erfüllt und sie dann verlassen; dessen neue Lebensgefährtin kann ihrem Ehemann, der im Rollstuhl sitzt, nicht den Rücken kehren und pflegt ihn weiter ... In diesem fulminanten amerikanisch-deutschen Gesellschaftsroman eines der größten, sprachmächtigsten Autoren unserer Zeit überschlagen sich die Ereignisse. Und bannen den Leser bis zum Schluss.


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FALTER-Rezension

Die Schwarten der Saison

Klaus Nüchtern in FALTER 37/2015 vom 11.09.2015 (S. 32)

Lesemarathonis haben diesen Herbst die Auswahl: 1021 Seiten Clemens Setz oder 832 Seiten Jonathan Franzen. Muss man da durch? Am Ende gar beide Romane lesen? Und wie stehen die Chancen auf ein „Reader’s High“?

Seit den „Korrekturen“ („The Corrections“, 2001), die selbst Verächtern des inflationierten Genres Familienroman Hochachtung abrangen, gilt Jonathan Franzen als einer der wesentlichen literarischen Stimmen der US-Literatur in der Generation nach Philip Roth und John Updike. Mit „Freiheit“ (2010), einem Gesellschaftsroman, der die Ära von Ronald Reagan bis Barack Obama durchmisst, hat er diese Position praktisch zur Markführerschaft ausgebaut: Franzen, das ist die Ein-Mann-Manufaktur für die Verfertigung der jeweils aktuellen „Great American Novel“.
„Unschuld“ setzt den eingeschlagenen Weg fort und verknüpft zahllose Handlungsfäden und Motive zu einem Netz, das von den einst leidenschaftlichen Sitzpinkeldebatten bis zur veganen Ernährung reicht und auch noch die angesagtesten Themen der unmittelbaren Gegenwart einfängt – Stichwort: „Social Media“, „Wikileaks“, „Big Data“ et cetera. Und weil der Autor um seinen Status als Klassenbester weiß, kann er es sich leisten, kokett zu sein: „So viele Jonathans. Eine wahre Plage von Literatur-Jonathans. Liest man nur die New York Times Book Review, möchte man meinen, Jonathan sei der häufigste Männername in Amerika. Gleichbedeutend mit Talent, Größe, Ehrgeiz, Vitalität.“

Ziemlich zäh: Franzens Schmäh
Der Sarkasmus des mäßig erfolgreichen Schriftstellers, dem diese Worte in den Mund gelegt werden, geht allerdings nach hinten los. Sein jüngstes Opus erfüllt zwar die Forderung, dass „große Romane“ auch dick zu sein hätten, wird aber von der Chefkritikerin der New York Times, Michiko Kakutani, als „aufgebläht und äußerst unangenehm“ verrissen; ein Schicksal, das dem 1st Jonathan of US-Literature erspart geblieben ist: Kakutanis Rezension von „Unschuld“ fiel ausgesprochen wohlwollend aus.
Dabei kann „Purity“, wie der zeitgleich mit seiner deutschen Übersetzung erschienene Roman im Original heißt, durchaus als „aufgebläht“ gelten. Schon der Titel ist doppelt und dreifach sinnreich: „Purity“ bedeutet zum einen Reinheit, ist zum anderen der Vorname der jungen Protagonistin Purity Tyler, die darauf besteht „Pip“ genannt zu werden – was wiederum a) als Widerstand gegen den moralischen Rigorismus ihrer Mutter gedeutet werden kann und b) auf den juvenilen Helden gleichen Namens aus Charles Dickens’ Meisterwerk „Große Erwartungen“ anspielt.
Übergroße Erwartungen an die eigene Integrität oder die Loyalität der anderen bestimmen denn auch die Psychodynamik des Romans. Kaum jemand entgeht dem Strudel an Schuldvorwürfen und Selbstbezichtigungen, wobei Pips Mutter fraglos über die größte Saugkraft verfügt. Sie, die ihrer Tochter die Auskunft über die Identität des leiblichen Vaters verweigert, erweist sich als Nervensäge mit dem destruktiven Potenzial einer Neutronenbombe, was sich in schier endlosen hyperrealistischen Dialogen manifestiert, die eins zu eins dem Negativ-Manual eines Paartherapeuten entnommen zu sein scheinen: „Wie fahre ich meine Beziehung an die Wand?“
Pips Vatersuche ist der Handlungsfaden, der alles irgendwie zusammenhält und unter anderem die Whistle­blower/Wikileaks-Story mit ausführlichen Ausflügen in die jüngere Vergangenheit des geteilten und wiedervereinigten Deutschland verbindet. Als Relais fungiert hier die mit Abstand unglaubwürdigste Figur des ganzen Romans, Andreas Wolf: Als Sohn eines hohen Parteifunktionärs und einer ebenso ego- wie exzentrischen Anglistikprofessorin sowie Neffe des berühmten Spions Markus Wolf in der DDR aufgewachsen, avanciert er vom kirchlichen Jugendhelfer zum Medienstar des Mauerfalls.
Von den Archiven der Stasi, den dieser Heiland der Transparenz aus ganz egoistischen Gründen durchkämmt, ist es nicht mehr allzu weit zu der Enthüllungsplattform des Sunlight­ Project, der Wolf als ein charismatischer und von seinen Mitarbeiter-Groupies eifersüchtig beobachteter Über-As­sange vorsteht. Parallel dazu entwickelt sich seine sexuelle Karriere zeit- und mediengeschichtlich durchaus­ stimmig vom manischen Mösenlecker über den nicht minder fleißigen Internetonanisten hin zur seriellen Monogamie, sodass gefühlte 75 Prozent der Erek- und Ejakulationen des an solchen nicht ganz armen Romans auf das, äh, Konto von Andreas gehen.
Kaleidoskopartig entwirft Franzen ein Zeitpanorama, das Elemente des Politthrillers und der Gesellschaftssatire enthält, die Vorgaben des jeweiligen Genres aber klar verfehlt. Denn sowohl Spannung als auch Komik sind auf Ökonomie angewiesen, auf ein Verständnis für die Dosierung von Tempo und Information, an dem es diesem Roman indes vollständig gebricht. Der wird als eine Abfolge ineinandergeschachtelter Rückblenden erzählt. Zu dem stark retardierenden Moment gesellt sich ein gerüttelt Maß an Redundanz, wenn Dinge, über die der Leser längst Bescheid weiß, aufgrund der wechselnden Figurenpers­pektive wiederholt werden müssen. Jede neue Figur wird mit umfassendem Lebenslauf vorgestellt, sodass die Lektüre an den Umgang mit der berühmten russischen Matroschka gemahnt, bloß dass die nächste Puppe hier mitunter größer ist als die vorangegangene.

Ein Hammer: Lob der Ammer
Es geht um Mord und Spionage, aber der mit missglückten Bildern („Ihr Darm zog die Fäden in ihrem Gesicht, wie der Magen es bei ihrer Mutter getan hatte“) und verhatschten Zeugmata („Sie trug einen schwarz gesäumten karmesinroten Kaschmirmantel und einen Panzer aus starken Meinungen“) schwer bepackte Roman hat die Rasanz einer Schildkröte in einer frisch geteerten Begegnungszone und ist dort am lustigsten, wo die Komik unfreiwillig ist: „Es war mir bitterernst, aber mein Schwanz hatte in meiner Cordhose gelauscht und erwachte zum Leben.“
Immerhin, auf Franzen als passionierten Birdwatcher ist Verlass. Er, der in „Freiheit“ dem „Pappelwaldsänger“ ein Denkmal errichtet hat, singt in „Unschuld“ das Lob der Braunrücken-Grundammern: „Sie waren von idealer mittlerer Größe, kräftiger als Junkos, bescheidener als Häher. Sie waren weder zu schüchtern noch zu forsch. Sie hielten sich gern in der Nähe von Häusern auf, zogen sich aber ins Gebüsch zurück, wenn man sie störte. Sie machten niemandem Angst, nur kleinen Käfern und Pips Mutter.“
Im Ammernpreisen bleibt Franzen fraglos Klassenbester.

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Über den Autor

Der US-amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen, geboren 1959, erschuf mit seinem dritten Roman "Die Korrekturen" einen Weltbestseller, der auch mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde. Zu seinen weiteren Werken zählen die Romane "Die 27ste Stadt", "Schweres Beben", "Freiheit" und "Unschuld" sowie fünf Sachbücher und Übersetzungen, darunter "Weiter weg", "Das Kraus-Projekt" und "Wann hören wir auf, uns etwas vorzumachen?". Franzen ist Mitglied der amerikanischen Academy of Arts and Letters, der Berliner Akademie der Künste und des französischen Ordre des Arts et des Lettres. Für sein Lebenswerk wurde der Schriftsteller 2013 mit dem WELT-Literaturpreis ausgezeichnet. Jonathan Franzen lebt in der Nähe von Santa Cruz, Kalifornien.

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