

Alles, was vor Babykatzengate passiert ist
Sebastian Fasthuber in FALTER 29/2017 vom 21.07.2017 (S. 26)
Es musste ja so kommen. Nach zwei Büchern in der kleinen Redelsteiner Dahimène Edition hat sich Stefanie Sargnagel von einem großen deutschen Verlag kaufen lassen. Man merkt es schon an der Haptik des neuen Buches, das im Unterschied zu den Vorgängern „Binge Living“ und „Fitness“ ein Hardcover mit Lesebändchen ist. Der Sprung zu Rowohlt hat außerdem zur Folge, dass es ein Glossar gibt, in dem der geneigten Leserschaft Begriffe wie „Blunzen“, „diaf“ oder „Tschocherl“ erklärt werden.
Davon abgesehen hat sich formal nicht viel verändert. Trotz der Drohung „Mein nächstes Buch wird ein frecher Frauenroman für die selbstbewusste Singlefrau ab 30“ handelt es sich wieder um eine Sammlung von – großteils sehr klugen, oft zornigen, manchmal lustigen oder auch mal traurigen – Statusmeldungen. Sinnigerweise wurde das Buch auch entsprechend betitelt. Abgedeckt wird der Zeitraum von Juli 2015 bis Februar 2017, der sich bei der verdichteten Lektüre der Texte als enorm ereignisreich erweist. Und dabei ist Babykatzengate erst danach passiert!
Am Anfang sitzt die Autorin als Stefanie Fröhlich bei ihrem Brotjob im Callcenter, am Ende blickt sie auf ein erfolgreiches erstes Jahr als freie Schriftstellerin mit Steuernummer zurück – und beginnt prompt eine Therapie. „Statusmeldungen“ erzählt von Flüchtlingstransporten über die Grenze und verkaterten Zugfahrten auf Lesereise, von einem alkoholreichen Japantrip und einer abstinenten Phase, vom Bachmann-Preis und von Tagen im Bett. Im Grunde handelt es von Sargnagels Versuchen, sich bei all der Freizeit, die ohne fixe Arbeitsstunden mitunter bedrohlich wirken kann, so etwas wie eine Tagesstruktur zu schaffen.
Man kann es faul finden, dass sie sich nicht an längeren Texten versucht. Wahrscheinlich ist die konzentrierte Kurzform ihr perfektes Ventil, um sich mit sich selbst und der Welt auseinanderzusetzen: „Man tippt erschöpft ein paar Buchstaben, weil man sich doch ausdrücken will, weil man die Aufmerksamkeit mag, dann sackt man wieder zusammen für ein paar Stunden.“