

"Bloß keine Krimis oder Kochbücher!"
Sebastian Fasthuber in FALTER 19/2013 vom 10.05.2013 (S. 29)
Zwei heimische Labelbetreiber wollen mit dem neugegründeten Verlag RDE den Literaturbetrieb aus seiner Lethargie reißen
Wenn sich zwei Labelbetreiber zum Gedankenaustausch treffen, geht es in der Regel naturgemäß um Musik. Stefan Redelsteiner, der Mann hinter Problembär Records (Der Nino aus Wien, Das Trojanische Pferd, Filou), und Ilias Dahimène von Seayou Records (I-Wolf, Anbuley, Squalloscope) hingegen stellten bei einem Plausch im Vorjahr fest, dass sie beide den Wunsch hegten, einen Verlag zu gründen. Irgendwann einmal.
Das "Irgendwann einmal" wurde allerdings sehr bald durch ein "Lieber gleich" ersetzt. Das gemeinsame Baby heißt Redelsteiner Dahimène Edition oder kurz RDE und ist im Februar mit der Taschenbuchneuauflage der Oscar-Bronner-Bio "Trotzdem" von Klaus Stimeder und Eva Weissenberger unspektakulär aus der Taufe gehoben worden. Jetzt folgt mit "Reise durch Europa" das erste Original. Und der Geschichten- und Essayband mit Beiträgen von jungen Autorinnen und Autoren wie Stefanie Sargnagel, dem in Wien lebenden Bulgaren Todor Ovtcharov oder eben Nino zeigt, wohin die Reise gehen könnte.
Bestes Beispiel dafür ist Sargnagel, die zuerst mit ihren Callcentererfahrungen auf Facebook für Furore gesorgt hat und im "Reise"-Buch mit einem großartigen Text über einem Ukraine-Urlaub per Autostopp vertreten ist. Außer dem ständigen Wechsel der Unterkunft und dem Konsum von reichlich Bier passiert zwar nicht viel, aber bei genauerer Lektüre offenbart sich, wie präzise und teilnehmend die Autorin ihre Umgebung wahrnimmt – wobei sie ihren touristischen Blick stets mitreflektiert und vorgefasste Meinungen immer wieder einer Revision unterzieht.
Auch wenn die anderen Beiträge zum Teil an ihrer krampfhaften Coolness leiden, verspricht RDE, ein wichtiges Sammelbecken für die junge Szene zu werden – etwa für Kunststudenten, Musiker oder andere Taugenichtse, die außerhalb des Literaturbetriebs schreiben und wahrscheinlich gar nicht auf die Idee kommen würden, sich an einen klassischen Literaturverlag zu wenden.
"Es gibt im Moment sehr viele junge, noch unverlegte und vor allem hochtalentierte Autoren in Wien", sagt Stefan Redelsteiner. "Das ist im Moment unser wichtigster Job: neue Autoren finden, die es wert sind, gelesen zu werden, mit denen aber noch niemand rechnet."
Redelsteiners Kollege Ilias Dahimène, als Sohn der Autorin Adelheid Dahimène (1956–2010) durchaus mit dem Literaturbetrieb vertraut, sieht RDE überhaupt ganz unbescheiden als Alternative zu den heimischen Literaturverlagen, wobei er dem Betrieb "generelle Lahmheit" attestiert: "Das geschriebene Wort wird in Österreich erdrückt von unnötigen Gattungen und Kategorisierungen." Und angesichts der Mühen, unter denen sich viele Autoren 150 Seiten abquälen, um das Label "Roman" zu erfüllen, ist das auch nicht so falsch.
Die beiden Verlagsgründer, die als programmatische Vorgabe nur ein Verbot von Krimis und Kochbüchern verhängt haben ("dann schon lieber Gebrauchsanweisungen"), sehen sich in erster Linie als Fans, die ihre Begeisterung weitergeben möchten. Und bemühen auch einen Vergleich mit Popmusik: "Die Leute sollen auf unsere Bücher so heiß sein wie Musikfans früher, die sich monatelang auf das neue Album ihrer Lieblingsband gefreut haben."
Buchpräsentation und Verlagsparty am 8.5., 20 Uhr im Phil