

Herzl im fiktiven Gespräch
Barbaba Tóth in FALTER 9/2016 vom 04.03.2016 (S. 20)
Gleich beim Titel von Doron Rabinovicis und Natan Sznaiders Buch wird klar, hier spricht die Gegenwart. Rabinovici, Wiener Schriftsteller, und Sznaider, Tel Aviver Soziologe, versuchen, Theodor Herzls Thesen und Leben mit der israelischen Gegenwart abzugleichen. Basis dafür ist ein fiktiver, essayistischer Mailverkehr zwischen Herzl und ihnen – eine originelle, für ältere Leserinnen und Leser vielleicht gewöhnungsbedürftige, aber sicherlich schlüssige Form, sich dem Thema zu nähern. Da kann Herzl in der Ich-Form seine Lebensgeschichte oder von den Anfängen seines berühmten Buches „Das gelobte Land“ erzählen. Sznaider aus dem israelischen Alltag mit all seinen Brüchen berichten. Und Rabinovici seine essayistische Brillanz ausleben. Aktuelle Ereignisse – die Pariser Attentate, die Angst vor der Islamisierung Europas, Gedanken, nach Israel auszuwandern – treffen auf Herzls zionistische Euphorie und Sznaiders nüchternen Reality-Check. Am Ende verstummt Herzl und lässt die beiden Autoren mit vielen offenen Fragen alleine. Aber auch das ergibt Sinn.