
Heiliger Bimbam!
Nicole Scheyerer in FALTER 50/2005 vom 16.12.2005 (S. 69)
Wissenschaftler wie ich sind sensible Wesen", hält der Ich-Erzähler von "Mythenmacher" an einer Stelle fest. Gerade feinfühlige Menschen können nur ein geringes Maß an Demütigung ertragen. Und so hat der erfolglose Historiker beschlossen, seinen Konkurrenten Allmeyer ins Jenseits zu befördern. Er wolle bloß noch einmal die Genese seines Hasses schildern, der nun in Mordabsichten gipfelt.
"Mythenmacher" siedelt in der Nähe von Thomas Bernhards "Untergeher". Auch der Monolog von Hanno Millesi wird durch seinen Rhythmus, durch eine kreisende Insistenz mit antiquiertem Ton bestimmt, die allerdings ohne "Übertreibungskunst" auskommt. Während Bernhards Pianisten am Genie Glenn Goulds scheitern, verzweifelt Millesis Antiheld an der Aufmerksamkeit der Fachwelt für einen vermeintlichen Blender, dessen Beschäftigung mit Zwischenkriegszeit und Austrofaschismus ungleich populärer ist als die des eifersüchtigen Erzählers. In dessen ständiger Selbstbefragung liegt eine Komik, die ein bisschen an Robert Walsers sympathische Verlierer erinnert. Wo Millesi auf geschichtliche Fragen eingeht, gewinnt sein kluger Roman noch an Dichte. Schön auch die Andeutung des 1966 geborenen Wiener Autors, worum sich männliche Ehrsucht in Wahrheit dreht: um die Beachtung der Frauen.